Hexenhatz im Monsterland
erklären. Eine Überreaktion, hervorgerufen durch diesen massiven Angriff wildgewordener Schuhe von vorhin. Wie sonst ließe sich in dieser Welt der Vernunft denn sonst die Existenz eines solchen Riesenschuhs erklären? Der Wolf entschloß sich, nicht mehr darüber nachzudenken.
Aber der kleine Kerl war entkommen. Und nun, da Gottfried darüber nachdachte, fiel ihm auf, wie hungrig er eigentlich war. Welches Haus sollte er als nächstes umblasen? Mit einem solchen Riesenhunger im Leib war die Wahl nicht schwer.
»Es war einmal«, flüsterte der Wolf und machte sich an die Arbeit.
Gottfried Wolf, noch hungriger als zuvor – obwohl dies kaum möglich schien –, war in seinem gesunden Wolfsverstand arg beeinträchtigt. Er hatte ein Einhorn aufgeschreckt, direkt hinter dem Haus, welches er suchte, und der Wolf hatte noch nicht einmal daran gedacht, das Einhorn zu jagen. Aber besagtes Einhorn war nicht länger von Interesse, denn Gottfried hatte endlich das Objekt seiner Begierden gefunden, ein Wahl, groß genug, um selbst seinen Wolfshunger zu befriedigen.
»Verdammnis, Verdammnis«, summte Hendrek ohne erkennbare Melodie vor sich hin, während er an etwas baute, das wie eine Ansammlung zufälliger Objekte aussah. Einige von diesen schienen lang zu sein und glitzerten in der Sonne. »Verdamm-didam-didam-nis.«
Und dann fiel dem Wolf auf, daß Hendrek nicht alleine war. Nun dachte sich unser Gottfried, schön und gut, jede Diät braucht ab und zu ein wenig Abwechslung. Zumindest war er dieser Meinung, bis er sich den Gehilfen von Hendrek näher besah, der emsig damit beschäftigt war, Baumaterialien anzureichen. Er war klein und untersetzt, von einer unappetitlich anzusehenden graugrünen Körperfarbe und hatte wohl den scheußlichsten nur vorstellbaren Geschmack, was Kleidung betraf: Er trug wahrhaftig einen orange und purpurn karierten Mantel. Wahrscheinlich reichte der große Kerl fürs Abendessen, entschied der ausgehungerte Wolf. Man hat ja schließlich seinen Stolz.
Der Wolf verließ seine Deckung und näherte sich seinem nichtsahnenden Abendessen.
»Verdammnis«, bemerkte Hendrek. »Wir haben einen Besucher.«
Sein Gehilfe sah auf. »Oh, meinst du den Kerl, der dort drüben herumschleicht?«
Gottfried entschloß sich, die letzte Bemerkung zu überhören. Statt dessen richtete er sich auf und zog seine Kappe.
»Und auch euch einen schönen Tag, liebe Nachbarn«, grüßte er sie freundlich. »Was für ein wundervolles Haus hier entsteht!«
»Verdammnis«, stimmte Hendrek ihm zu.
»Es ist aus den besten, kaum gebrauchten Gegenständen erbaut, die man auf der großen weiten Welt erwerben kann«, fügte der unbeschreiblich häßliche Gehilfe hinzu. »Meine kaum gebrauchten Gegenstände.«
»Verdammnis«, bemerkte Hendrek und hob eine imposant wirkende Kriegskeule empor.
»Natürlich nur die meisten!« beeilte sich Brax zu sagen. »Wir haben eine Vereinbarung.«
»Verdammnis.« Hendrek nickte. »Die Vereinbarung besagt, daß du mir deine kaum gebrauchten Gegenstände leihst – oder ich benutze Schädelbrecher.«
Der Wolf nickte wohlwollend, obwohl er eigentlich gar nicht zugehört hatte. Statt dessen überlegte er, was wohl die beste Methode sei, mit einem schnellen Angriff den hünenhaften und zweifelsfrei aufgrund des hohen Fett- und Muskelanteils überaus wohlschmeckenden Hendrek zu überwältigen. Vielleicht, dachte er bei sich, schlendere ich ein wenig herum, bis ich in seinem Rücken bin. Vor Gottfrieds geistigem Auge überzog er Hendrek gerade mit einer leichten Honigglasur.
»Es geht wieder los«, bemerkte der Gehilfe. »Er schleicht schon wieder rum.«
»Verdammnis«, stimmte Hendrek ihm zu, »außerdem sieht er aus wie ein Wolf.«
»Glaubst du ernsthaft, mit so einer winzigen Keule etwas gegen mich ausrichten zu können?« fragte Gottfried honigsüß nach.
»Weißt du, Hendybaby«, meinte der Gehilfe nach einem prüfenden Blick auf Gottfrieds lange, spitze Zähne, »ich glaube, es ist an der Zeit, die Inneneinrichtung zu vervollständigen. Und währen wir drinnen arbeiten, könnten wir das neue Schloß an der Vordertür ausprobieren!«
»Verdammnis!« antwortete Hendrek und rannte los.
Die beiden schlossen sich im Hause ein. Aber das Lächeln des Wolfes wurde breiter und breiter, denn die Geschichte war wieder an seiner liebsten Stelle angelangt. Und so holte er also tief Luft und rief:
»Laß mich ein, laß mich ein, mir ist so kalt!«
Hendrek erwiderte indes:
»Nicht bei
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