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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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dem Bildschirm fällt wimmernd auf den Boden. Tot!
    »Hast du gespeichert?«, fragt Lenne.
    »Ja, gerade noch.«
    Lenne nimmt die Maus und klickt zu dem Augenblick zurück, in dem Karims Männchen noch aufrecht stand.
    Doch Karim verschränkt die Arme und lehnt sich zurück. Er traut sich nicht so recht, Lenne anzusehen, als er sagt: »Alle denken, dass Jorinde von irgend so einem gemeinen alten Kerl mitgenommen worden ist. Stimmt’s? Das denken die Leute doch immer, wenn jemand auf diese Art verschwindet.«
    Lenne rümpft die Nase und sieht ihn mit einem unangenehmen Gesichtsausdruck an.
    »Aber vielleicht … vielleicht ist sie irgendwo … ich meine, die Frau mit den weißen Haaren, die ist mir so vorgekommen, als ob sie dich auch …« Er bringt die Worte nicht raus.
    Lenne wedelt mit den Händen. »Komm schon, spiel jetzt weiter.« Es scheint, als ob sie darüber nicht weiter reden wolle.
    »Sie war so schrecklich unheimlich!«, bleibt Karim bei der Sache.
    »Aber nein, sie war überhaupt nicht unheimlich. Sie hat ein sehr freundliches Gesicht gehabt.«
    »Freundlich! Nennst du das freundlich? Sie hat geguckt, als könne sie mich erwürgen!«
    »Ja, dich vielleicht, aber mich nicht.«
    Patsch! Karim schlägt die Faust in die offene Hand. »Genau das meine ich doch!«
    Lenne schiebt ihren Stuhl zurück, und die Stuhlbeine kratzen quietschend über den Holzboden. »Na gut, dann spielen wir nicht weiter. Lass uns was anderes machen. Wollen wir rausgehen?«
     
    »Wir gehen nicht über die Heide!« Karims Stimme überschlägt sich. »Lenne! Nicht! Komm jetzt, los! Nicht hier entlang!«
    Lenne rennt lachend vor ihm her. Sie wirft einen Blick über die Schulter zurück und streckt ihm die Zunge raus.
    »Lenne! Bleib doch stehen!«
    Sie rennt auf den Holzzaun zu und klettert darüber.
    Karim stürzt sich auf den Zaun, greift zu und erwischt gerade noch Lennes Kapuze. »Bleib hier!«
    Lachend lässt sich Lenne gegen den Zaun fallen. »Mein Gott, hast du eine Angst, was? Schisser! Weichei!« Als sie sich ausgelacht hat, klettert sie auf den Zaun. Mit baumelnden Beinen bleibt sie da sitzen, und als sie Karim von der Seite ansieht, zuckt das Grinsen noch immer um ihren Mund.
    Karim klettert neben sie. Es fällt ihm schwer, mitzugrinsen, eine Art Lächeln hängt wie eine säuerliche Grimasse um seine Mundwinkel.
    Mit dem Rücken zur Straße blicken sie gemeinsam über die Heide vor ihnen.
    Es geht ein starker Wind, und alle Bäume biegen sich nach links, ihre Äste zeigen wie tastende Arme in dieselbe Richtung.
    »Da ist doch nichts Unheimliches, oder?«, fragt Lenne und deutet mit dem Kopf in Richtung Heide.
    »Aber auch nichts Gemütliches«, brummt Karim. »Selbst wenn du nicht an Hexen glaubst. Die peitschenden Äste und der graue Himmel …«
    »Da ist er rot.« Lenne zeigt dahin, wo der Himmel sich verfärbt. »Ist das schön!«
    Schweigend sitzen sie noch eine Weile nebeneinander, bis das Geräusch von näher kommenden Schritten die Stille durchbricht.
    Karim springt sofort vom Zaun und dreht sich gehetzt zur Straße um. Wer ist da? Mehr oder weniger hatte er die Frau mit den weißen Haaren erwartet.
    Doch sie ist es nicht. Es ist zwar eine Frau mit langen Haaren, jedoch von roter Farbe und lockiger Struktur. Erleichtert stößt Karim den Atem aus. Sie ist einfach eine Frau, die ihren kleinen Hund ausführt. Karim beugt sich über den Zaun, um ihn zu streicheln.
    »Sagt mal, Kinder«, fragt die Frau, »ihr hattet doch nicht etwa vor, auf der Heide zu spielen, oder?« Sie sieht sie besorgt an.
    »Aber nein«, antwortet Lenne und schneidet Karim eine Grimasse. »Das würden wir uns nicht trauen.«
    »Dann ist ja gut.« Die Frau nickt. Sie streicht sich mit einer etwas fahrigen Bewegung eine Locke weg, die vor ihren Augen hängt.
    Karim bemerkt, dass ihre Augen grün sind, aber überhaupt nicht widerwärtig, sie gleichen in keinster Weise den unheimlichen Augen, die er neulich abends von seinem Fenster aus gesehen hatte. Sie haben die Farbe von Weinflaschen, dunkel und doch auf eine merkwürdige Art hell, als ob man, wenn man sie gegen das Licht halten würde, hindurchsehen könnte.
    »Wie heißt Ihr Hund?«, fragt Lenne.
    »Kira.« Der kleine Hund spitzt die Ohren, als er seinen Namen hört.
    »Hübsch, so ein rabenschwarzes Hundemädchen«, meint Karim. »Nur kann man ihre Augen fast nicht sehen.«
    Die Frau blickt nervös zum Himmel. »Es ist schon fast dunkel. Müsst ihr nicht allmählich mal nach Hause

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