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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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runzelt die Stirn. Wir sind doch schon drinnen? Doch die Frau zeigt auf eine offen stehende Tür.
    »Aber wirklich nur ganz kurz!« Sie schaut in Lennes tränenüberströmtes Gesicht. »Ich habe gesagt, dass du einen kleinen Unfall gehabt hast.«
    Ohne diesen kleinen Unfall wären wir also nie im Leben reingekommen, begreift Karim. Er betrachtet die ältere Frau noch einmal genau, und ihm wird nun klar, dass sie nicht die vornehme Eigentümerin des Hauses ist, sondern wahrscheinlich eine Angestellte oder vielleicht die Putzfrau. Karim und Lenne werden in ein Zimmer geführt oder – wahrscheinlich hat so eine vornehme Familie ja ein anderes Wort dafür – in einen Salon .
    Lenne hat nur für ihre Mutter Augen. Doch Karim lässt seinen Blick schnell durch den Raum schweifen, schließlich war er noch nie in seinem Leben in so einem feinem Haus! Da gibt es hohe Fenster mit breiten Fensterbänken und Gartentüren, durch die man nicht nach draußen sehen kann, weil hauchdünne weiße Gardinen davorhängen. Da steht ein altmodischer schwarzer Ofen vor einem Kamin, und Karim sieht eine Dame mit grauem Haarknoten und hochmütigem Gesicht auf einem Stuhl sitzen, der eher teuer als bequem aussieht. Mit kerzengeradem Rücken sitzt sie da in einer Haltung, die ausstrahlt, dass sie gewohnt ist, Befehle zu erteilen, die ausgeführt werden.
    »Lenne, also doch«, stöhnt Marit. Sie wendet sich an die alte Dame, um etwas Entschuldigendes zu sagen, doch die ergreift unmittelbar selbst das Wort.
    »Also Mädchen, ich habe gehört, dass du gefallen bist. Ich sehe keine ernsthafte Verwundung. Es ist natürlich nicht Sinn der Sache, dass ihr hierherkommt und stört. Geht jetzt mal in die Küche, da kümmert sich Gertrud um euch und hat sicher – was trinken Kinder eigentlich? – einen Becher Milch oder etwas Ähnliches für euch. Dann wartet ihr dort, bis Marit fertig ist. Noch eine Stunde, schätze ich.«
    »Ja, eine Stunde ungefähr.« Marit nickt Lenne schnell zu. »Dann habe ich den ersten Entwurf fertig. Machst du das, Lenne? Wartest du auf mich?« Sie sieht ihre Tochter durchdringend an, als wolle sie sagen: Verdirb mir jetzt bloß nicht diesen Auftrag!
    Lenne beißt sich auf die Lippen, und ihre Augenbrauen bilden zwei böse Striche. Schon macht sie den Mund auf, um etwas zu erwidern, da nimmt Karim sie am Arm.
    »Komm, Lenne, klingt doch gut, so ein Becher Milch.« Er will sich auch die Küche mal anschauen.
    Lenne sträubt sich ein bisschen, geht aber doch mit ihm. Sobald sie wieder in der Halle stehen, zischt sie ihm ins Ohr: »Was für ein Scheißweib!« Karim muss lachen und versucht, das Geräusch mit seinem Ärmel zu ersticken. »Wo ist denn nun die Küche?«
    »Ich denk mal da.« Lenne streckt den Arm aus.
    Sie gehen durch einen langen Flur.
    »Na bitte, hier riecht es eindeutig nach Kaffee.« Lenne schnuppert.
    Und wirklich, in der Küche sitzt Gertrud mit einer Tasse Kaffee vor der Nase. Erschrocken springt sie auf, als die Tür aufgeht, doch als sie sieht, dass es die beiden Kinder sind, lässt sie sich mit einem Seufzen wieder auf den Stuhl zurückfallen. »Oh!«, stöhnt sie nur, mit der Hand auf dem Herzen.
    »Dürfen Sie keinen Kaffee trinken?«, fragt Lenne sofort. »Würde mich nicht wundern, ich finde sie richtig ekelig, diese Madam Rumpelpumpel Nochwas.«
    »V an Have-Evinck«, sagt Gertrud automatisch. Aber dann lacht sie verschmitzt hinter vorgehaltener Hand.
    »Sind Sie die Putzfrau?«, will Karim wissen.
    »Nein, die Putzfrau kommt jeden Dienstag und Donnerstag. Ich bin die …« Sie macht einen spitzen Mund. »Ich bin die Dienstmädchen-Sekretärin-Gesellschaftsdame, und wenn man das alles zusammennimmt, so eine Art Mädchen für alles. Unangenehme Kleinigkeiten, ein paar Haushaltssachen, Essen kochen, Kaffee aufsetzen, Telefonanrufe entgegennehmen. Alles, wofür sich die gnädige Frau viel zu vornehm fühlt, das mache ich.«
    »Ich hab gar nicht gewusst, dass es so was noch gibt«, murmelt Lenne.
    »Immer mal wieder. Wollt ihr was trinken?«
    »Die Dame hat gesagt, dass wir hier einen Becher Milch kriegen könnten«, sagte Karim.
    »Natürlich könnt ihr das. Wollt ihr auch ein Butterbrot dazu?«
    Da sagen Karim und Lenne nicht Nein, und ein paar Minuten später haben beide einen weißen Teller mit blauem Blumenrand vor sich stehen. Darauf befinden sich zwei hauchdünne Butterbrote, belegt mit so wenig Käse, dass man es kaum noch als Belag bezeichnen kann.
    »Ja, tut mir wirklich leid, dass ich so

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