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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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du ja doch schon alles.«
    »Was sie für ein Mensch war. Oder kennen Sie die Familiengeschichte nicht?«
    Das ging der vornehmen Dame entschieden zu weit. »Natürlich kenne ich die ganze Familiengeschichte! Aber über die, die du da genannt hast, Ermelinde, ist nur sehr wenig bekannt. Sie ist in jungen Jahren verschwunden, ich glaube, dass sie damals einundzwanzig gewesen sein muss oder auch jünger, wenn ich es genau überlege, denn sie hatte noch keine Nachkommen, und was das betrifft, waren sie seinerzeit damit früher dran. Sie war die Tochter eines Righolt, ein sehr bedeutender Mann. Er war derjenige, der dieses Haus hat bauen lassen. Er hat hier in der Umgebung viel Land aufgekauft. Praktisch ganz Kraaienvelt und Umgebung war in seinem Besitz, und auch ein großer Teil der Ländereien hinter der Wassermühle. Ermelinde war seine einzige Tochter, und der Mann ist beinahe vor Kummer gestorben, nachdem sie verschwunden war. Was tatsächlich mit ihr passiert ist, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben, aber glücklicherweise hatte er auch noch ein paar Söhne.«
    »Warum willst du das wissen, Lenne?«, fragt Marit verwundert. »Einfach so, Neugier«, sagt Lenne knapp.
    »Gut, wenn deine Neugier ausreichend befriedigt ist, dann würde ich es jetzt gerne sehen, dass ihr alle wieder den Heimweg antretet«, sagt Frau van Have-Evinck und erhebt sich mühsam von ihrem Stuhl. Sie blickt ein wenig an Marit vorbei, als sie fragt: »Wann sehe ich Sie wieder? Morgen um dieselbe Zeit?«
    Lennes Mutter vereinbart einen neuen Termin mit der alten Dame, und Lenne geht inzwischen zurück in die Halle, ohne sich zu verabschieden. Sie wirft noch einen letzten Blick auf die Bilder oben an der Treppe. Dann stößt sie Karim mit dem Ellbogen an. »Was meinst du, wenn wir wieder auf dem Zaun an der Heide sitzen, ob sie dann noch mal mit ihrem kleinen Hund vorbeikommt?«

10
     
     

     
     
     
     
     
    »Diese Sonntagnachmittage.« Karims Vater steht am Fenster, sieht nach draußen und seufzt. »Wollen wir ein bisschen Fahrrad fahren?«
    Karim verzieht gelangweilt das Gesicht.
    »Komm schon, Junge«, feuert sein Vater ihn an und klatscht, froh über seine Idee, in die Hände.
    Karims Vater ist einer von den sportlichen Typen: Er spielt Fußball, er spielt Tennis, und jeden Abend joggt er eine Runde. Und obwohl er in einem warmen Land geboren wurde, hat er Schlittschuhlaufen gelernt. Beim Schlittschuhlaufen lässt er so manchen holländischen Käskopp hinter sich, wie er selbst gerne sagt.
    »Kommt Mama auch mit?«, fragt Karim. Seine Mutter ist eher der gemütliche Typ. Wenn sie mitkommt, bedeutet »ein bisschen Fahrrad fahren«, irgendwo zu picknicken oder zumindest irgendwo abzusteigen, um ein Butterbrot zu essen, sich auf eine Bank zu setzen oder in den Himmel zu gucken.
    Karims Vater schüttelt den Kopf. »Mama muss noch einen Artikel für die Hauszeitung schreiben, die sie monatlich in ihrem Krankenhaus herausbringen. Sie hat es versprochen, sagt sie. Der muss bis morgen fertig sein.«
    Karim zieht seine Beine auf die Bank hoch, bohrt in der Nase und guckt eine Zeit lang aus dem Fenster. »Es ist etwas bewölkt.«
    »Na und?«, ruft sein Vater. »Bist du nun ein holländischer Junge oder nicht?«
    »Nur zur Hälfte«, gibt Karim schlagfertig zurück. »Ich wäre lieber irgendwo anders zur Welt gekommen, irgendwo, wo man sich jeden Tag sonnen und im Meer schwimmen kann.«
    »T ja, wenn ich das gewusst hätte«, witzelt sein Vater. Er fasst Karim an beiden Händen und zieht ihn auf die Beine. »Du brauchst etwas mehr Bewegung, du trübe Tasse.«
    »Muss das sein?«, stöhnt Karim.
    Aber sein Vater lässt sich nicht erweichen, sie gehen Rad fahren. »Mal schön den Wind um die Ohren blasen lassen. Vielleicht kriegst du dann etwas Farbe auf deine blassen Wangen.«
     
    Den Schal bis über die Ohren gewickelt, fährt Karim hinter seinem Vater her.
    »Kriegst du so überhaupt noch Luft?«
    »Ja«, kommt Karims Stimme gedämpft durch die rote Wolle.
    »Ja? Also ich würde so ersticken. Du tust ja gerade so, als ob schon tiefster Winter wär! Schau, die Sonne!«
    Karim zieht den Schal ein kleines bisschen tiefer, jedoch nicht unter sein Kinn. »Die jetzt gerade hinter einer Wolke verschwindet«, murmelt er.
    Das Haus von Karims Familie ist eines der letzten des Dorfs, und nach einer Minute fahren sie bereits über die Felder, wo der Wind ungehindert blasen kann.
    »Einfach weitertreten«, sagt Karims Vater. »Davon wird dir von alleine

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