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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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noch gemurmelt hinzu: »Und dass es sie nicht gibt.«
    »Es gibt genauso viele verschiedenartige Hexen, wie es verschiedenartige Menschen gibt.«
    »Und wie bist du eine Hexe geworden? Hast du das selbst gewollt?«
    Erin sieht ihn nachdenklich an. »Ich bin gerufen worden«, sagt sie nach einer Weile. »Und wenn du gerufen wirst, dann willst du es auch.«
    Karim nickt. Er denkt daran, was Lenne ihm erzählt hat, wie sie von der Frau mit den Augen gerufen wurde. »Dann bist du sicher auch irgendwie hypnotisiert worden?«
    Erin nickt. »So was Ähnliches.«
    Karim hängt sich das Medaillon um den Hals und stopft es unter seinen Pullover. Auf der bloßen Haut fühlt es sich kalt an. »Erin«, sagt er, und die Kälte verschwindet. Karim lacht. »Erin, glaubst du, dass Lenne schon gerufen wurde?«
    »Ja, von Alba«, antwortet Erin bestimmt.
    »Ja, das hab ich mir schon gedacht. Alba, ist das zufällig die, die früher Alberdine hieß? Aber … warum versuchst du, Lenne vor Alba zu beschützen? Ist es nicht schön, eine Hexe zu sein?«
    Erin späht über die Heide. Sie denkt lange und gründlich nach, dann schlägt sie sich die Arme um den Oberkörper, als wäre ihr plötzlich kalt geworden, eine Bewegung, die wirkt, als wolle sich Erin gegen etwas Trauriges wappnen. »Wenn es nur stimmte, dass es nicht schön wäre«, sagt sie endlich, »dann könntest du leicht wieder damit aufhören. Na ja, du musst dich von deinen Schwestern losreißen, aber …«
    »Was meinst du denn damit, dich von den Schwestern losreißen ?«
    »Diejenigen, die dich gerufen haben, das sind deine Schwestern. Für immer. Es ist für einen selbst nicht so einfach, von ihnen Abstand zu gewinnen. Aber wenn das Hexenleben nicht schön wäre, dann würden viele Hexen ganz schnell beschließen, damit wieder aufzuhören.«
    »Also ist es schön, eine Hexe zu sein?«
    Erin blickt ihm tief in die Augen. »V ersuch mal, dir vorzustellen, dass du niemals alt wirst und mit der Zeit krumm und buckelig, sondern dass du ewig jung bleibst. Versuch mal, dir vorzustellen, dass du nie krank wirst, du nie frierst oder Hunger hast. Versuch dir mal vorzustellen, dass du dich überall hinsetzen kannst, wohin du auch willst …«
    »Fliegen?«, fragt Karim plötzlich sehr aufmerksam. »Meinst du damit, dass Hexen fliegen können?«
    Erin lacht. »Fliegen ist nicht das richtige Wort. Oh, natürlich brauchen unsere Füße den Boden nicht zu berühren, wenn wir keine Lust dazu haben. Sieh her …«
    Karim starrt auf ihre Füße und sieht, wie sie sich langsam vom Boden lösen. Erin schwebt einige Sekunden dicht über dem Asphalt, bevor sie geschmeidig wieder herabsinkt.
    »Boah!«, ruft Karim zum zweiten Mal. »Und was ist dann das andere, das Versetzen, von dem du gerade gesprochen hast?«
    Erin schaut sich um. »Wo wohnst du?«, will sie wissen.
    Karim zeigt schräg über die Straße.
    »Hast du ein eigenes Zimmer?«
    »Ja klar, warum?«
    »Kannst du mir etwas aus deinem Zimmer nennen, einen Gegenstand, den du gerne hier und jetzt in den Händen hättest?«
    Karim denkt kurz nach. Dann grinst er. »Auf meinem Bett sitzt ein hässlicher kleiner Plüschvogel, noch aus der Zeit, als ich selbst klein war. Er ist gelb und ungefähr so groß …« Er deutete die Größe mit den Händen an. Er gerät ein bisschen in Verwirrung, weil es vor seinen Augen flimmert, und er spürt einen leichten Lufthauch, nicht stärker, als wenn jemand mit einem Blatt Papier wedelt.
    »Bitteschön«, sagt Erin und hält ihm das gelbe Vögelchen hin.
    »Puh!«, stößt Karim aus. Er nimmt ihr das Plüschtierchen aus den ausgestreckten Händen. »Du hast es hergezaubert!«
    »Nein, ich bin es schnell holen gegangen.« Erin lächelt.
    »Also das ist schnell!« Karim bleibt der Mund offen stehen. »Mann, das würde ich auch gerne können! Das ist vielleicht praktisch!« Er guckt Erin mit großen Augen an. »Was könnt ihr denn noch alles?«
    Erin beißt sich auf die Lippe. »Ich darf dir diese ganzen Dinge gar nicht erzählen. Und sie dir schon gar nicht schnell mal so zeigen. Alba würde mich erwürgen, wenn sie davon wüsste.«
    »Das braucht dich doch nicht zu kümmern«, sagt Karim kichernd. »Du kannst doch nicht sterben.«
    »Oh, stimmt ja.« Lachend schüttelt sich Erin die roten Locken aus dem Gesicht. Sie gibt Karim einen Schubs. »Manchmal vergesse ich beinahe, wie lustig Menschen sind. Kinder. Jungen. So verspielt.« Ihre Wangen haben sich gerötet. »Alba sagt manchmal, dass ich auch zu

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