Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
Vom Netzwerk:
vielleicht, was ich tun kann?«
    »Ach, Junge, du kannst so wenig …« Die Stimme der Frau stockt. Dann seufzt sie. »Bleib in ihrer Nähe, versuch ein bisschen, auf sie achtzugeben, probier, sie abzulenken. Das ist alles, was du tun kannst. Ich fürchte, dass es nicht sehr viel auszurichten gibt gegen die Macht von …« Sie schüttelt den Kopf. »T ut mir leid, ich will dir nicht noch mehr Angst einjagen.«
    »Lenne hat gestern Abend ein … Ding gekriegt«, fängt Karim an.
    »Ja, ich weiß.« Plötzlich leuchten die Augen der Frau auf. »Warte«, sagt sie und zieht an einem goldenen Kettchen, das sie um den Hals trägt. Ein zierliches Medaillon kommt unter ihrem Umhang zum Vorschein. Sie will es abnehmen, aber es verhakt sich in ihren roten Locken. Vorsichtig nestelt sie es los. »Lege es um, und achte darauf, dass du es nicht verlierst. Du kannst mich damit rufen.«
    Karim nimmt das Medaillon behutsam in die Hand und sieht es ein paar Sekunden lang an, dann erkennt er es als das von dem Gemälde wieder. Die Frau auf dem Porträt hat dasselbe Schmuckstück getragen. »Ja …«, stammelt er, »ja … das hab ich gesehen. Aber … wie kann ich Sie damit rufen? Muss ich dann auch einen Zauberspruch …?«
    Die Frau lacht mit einer silbrigen Stimme, als hätte sie im Bruchteil einer Sekunde ihre Fröhlichkeit wiedergefunden. »Nein, dafür brauche ich nichts Besonderes. Nenne einfach meinen Namen, dann weiß ich, wo ich dich finde.«
    »Ich sage einfach Ermelinde , und dann kommen Sie zum Vorschein?«, fragt Karim verwundert.
    »Nein, nicht Ermelinde«, antwortet die Frau kopfschüttelnd. »Erin. Merk dir das gut. Ich höre es nur, wenn du mich Erin nennst.«
    »Oh …« Karim macht ein leicht entschuldigendes Gesicht. »Ist das Ihr Hexenname oder so?«
    Darauf antwortet die Frau nicht. Mit dem Zeigefinger streicht sie noch einmal behutsam über die runde Form des Medaillons. »Das trag ich jetzt schon so viele Jahre um meinen Hals … ich bin damit verwachsen. Es ist zu einem Teil von mir geworden. Kleidung verschleißt auf die Dauer, doch das hier … es gehört so sehr zu mir, dass ich es immer und überall finden werde.«
    »Wenn ich also Erin sage …« Karim wiederholt sorgfältig den seltsamen Namen, den er vorher noch nie gehört hat. In dem Moment, als er den Namen ausspricht, wird das Schmuckstück in seinen Händen warm. Es glüht nicht. Es wird nicht heiß, aber angenehm warm. »Erin«, sagt Karim noch einmal, und das Medaillon strahlt leicht und sanft.
    »Ich komme, wenn du darum bittest«, sagt Erin. »Ob ich dann auch etwas machen kann, kann ich nicht versprechen. Aber ich werde alles versuchen, was in meiner Macht liegt. Ich fürchte nur, dass Alba viel stärker ist als ich.« Mit verbissenem Gesicht schüttelt sie die roten Locken. »Und von Vita ganz zu schweigen.«
    »V ita?«, wiederholt Karim.
    »Pst!«, stößt Erin drängend hervor. Dann blickt sie sich aufmerksam um. »T u mir den Gefallen und versuche, den Namen so selten wie möglich laut auszusprechen!«
    »Ist das die Frau mit dem kahlen Kopf?«
    Erin nickt. »Aber vergiss nicht, wenn sie will, kann sie sich selbst lange blonde Locken zulegen, wenn ihr das besser passt. Wenn du gut hinsiehst, wirst du allerdings immer ihre Zeichen sehen.«
    »Zeichen?«
    »Es sieht aus wie eine … wie nennt ihr das heute, Tätowierung?« Karim nickt. »Sie reicht von ihren Schläfen bis auf die Stirn. Die Tätowierung ist sehr schön, zierlich geringelt.«
    »Haben Sie auch so etwas?«, fragt Karim interessiert. Er findet Tätowierungen toll, der Vater von einem Schulfreund hat eine auf seinem stämmigen Oberarm.
    Erin hebt ihre roten Locken hoch. Von ihrem linken Ohr bis auf die Schulter hat sie ein dunkelblaues Bild von elegant verschlungenen Ranken.
    »Boah!«, stöhnt Karim. Das ist doch mal was anderes als ein Schiffchen oder so ein albernes Herz mit einem Namen drin. »Haben alle Hexen so etwas?«
    »Es gehört zu den Initiationsriten«, erklärt Erin.
    »Die was?«
    »Wenn du offiziell zur Hexe wirst, bekommst du die Zeichen.«
    »Aber bist du denn auch eine echte Hexe?«, fragt Karim leise. Er ist plötzlich vom Sie zum Du übergegangen, vielleicht, weil Erin so freundlich zu ihm ist oder weil sie ein so junges Gesicht hat und ihn ihre mandelförmigen hellgrünen Augen so glitzernd anblicken. Sie scheint seine Frage lustig zu finden. »Ich meine … ich hab immer gedacht, dass Hexen böse und hässlich sind.« Nach einigem Zögern fügt er dann

Weitere Kostenlose Bücher