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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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hilft kein bisschen. Warum werden denn seine Eltern davon nicht wach? Warum gehen sie denn nicht mal nachsehen, was da los ist? Wie ist es möglich, dass sie dabei schlafen können! Er überlegt, zu ihnen ins Schlafzimmer zu gehen, doch er will nicht durch den dunklen Flur laufen. Karim hält sich die Ohren zu, und jetzt ist das Geräusch etwas leiser. Er kneift die Augen zu und versucht, wieder einzuschlafen. Er will nicht wissen, was das da draußen ist. Er will damit nichts zu tun haben.

20
     
     

     
     
     
     
     
    Als Karim am Morgen nach unten kommt, steht die Haustür sperrangelweit offen. Erstaunt bleibt er unten an der Treppe kurz stehen. Dann geht er auf bloßen Füßen über die eiskalten Fliesen durch den kleinen Flur zur Tür. Doch kurz bevor er hinaustritt, schießen ihm plötzlich alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Das Gekreische heute Nacht, Hexen, der Lichtschein gestern bei Lenne, und jetzt eine einfach so offen stehende Haustür … Sind seine Eltern überhaupt noch da? Er wird doch nicht alleine im Haus sein? Wer hat die Tür aufgemacht? Was ist passiert?
    Die Kälte der Fliesen zieht über seine Füße nach oben, und plötzlich muss er ganz dringend pinkeln. Aber dann reißt er sich zusammen, überschreitet die Türschwelle und geht in den Vorgarten.
    Als Erstes sieht er seine Mutter, die vor sich hin schimpfend irgendetwas in den Mülleimer wirft. Karim sieht sich im Vorgarten um. Da liegen ein paar umgefallene Blumentöpfe, zwei davon sind kaputt. Schwarze Blumenerde ist auf dem hellen Kies des Wegs verstreut. Dazwischen liegen abgeknickte gelbe und orangebraune Chrysanthemen, die Lieblingsblumen seiner Mutter.
    »Was ist passiert?«, fragt Karim mit rauer Stimme.
    Seine Mutter blickt auf. »Hör mal, geh mit deinen nackten Füßen schnell wieder ins Haus. So fängst du dir noch eine Erkältung ein.«
    Aber um eine eventuelle Erkältung kann Karim sich jetzt nicht kümmern. »Wie ist das passiert?« Er zeigt auf die beschädigten Pflanzen.
    »Ach, diese blöden Katzen.« Seine Mutter seufzt. »Hast du sie heute Nacht nicht gehört?«
    Mit offenem Mund starrt Karim sie an. Also war seine Mutter auch wach! Er schaut auf die Scherben. Katzen, denkt er. Er erinnert sich an das kreischende Gejammer. Kämpfende Katzen? Erleichtert fängt er an zu lachen.
    »Jetzt aber los, Junge, rein mit dir.«
    Karim wirft einen Blick auf seine eiskalten Füße auf dem feuchten Gehweg. Er dreht sich um, springt und landet auf der Fußmatte. »Kann ich mir ein Brot schmieren?«
    »Mach nur. Ein Töpfchen Erdnussbutter steht auf der Anrichte.«
    Als Karim sich an der Anrichte sein Brot schmiert, erscheint das Bild einer roten Katze vor seinen Augen. Katzengejammer in der Nacht. Von ganz stinknormalen Katzen? Warum eigentlich nicht? Es muss doch nicht hinter allem etwas stecken!
    Mit dem Brot in der Hand geht er ans Fenster und schaut seiner Mutter zu, wie sie die letzten Scherben zusammenklaubt. Er weiß keinen einzigen Grund, warum die Hexen in Katzengestalt den ganzen Kram hier zu Bruch gehen lassen sollten. Lenne ist nicht da, und was haben die Hexen bei ihm im Garten zu suchen? Ganz bestimmt nichts. Sie sind jedenfalls nicht auf der Jagd nach Jungen. Solange Lenne nicht da ist, ist er wahrscheinlich in Sicherheit. Zurzeit muss er niemanden beschützen, also gibt es für die Hexen keinen Grund, ihn aus dem Weg haben zu wollen.
    Er sollte vielleicht noch mal bei der Wassermühle nachsehen, nachdem er nun die Geschichte kennt, die dazugehört.
    Als ihm seine Mutter später am Morgen vorschlägt, doch irgendetwas Schönes zusammen zu unternehmen, hat er sofort eine Idee. »Kann ich Jesse anrufen und ihn fragen, ob er mit uns auf der Heide spazieren geht?«, fragt er mit unschuldigem Gesicht.
    Seine Mutter schüttelt den Kopf und lacht. »Mensch, Karim, was fehlt dir denn? Schon wieder spazieren gehen? Aber gut, dann ruf ihn mal an.«
    Jesse klingt so, als ob er eigentlich lieber Fußball spielen würde, bis ihm Karim von der Wassermühle erzählt. »Du weißt schon, von der uns Herr Paul erzählt hat. Mann, die können wir uns doch selbst mal angucken!«
    »Gibt es denn da noch was zu sehen, davon, wie sie da früher gekämpft haben und so was?«
    »Weiß ich nicht«, antwortet Karim wahrheitsgemäß. Beim letzten Mal ist ihm nichts aufgefallen, aber er will Jesses Begeisterung nicht im Keim ersticken. An Hexen ist Jesse bestimmt nicht interessiert. »Also bis dann.«
     
    Karim geht zielstrebig voraus.

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