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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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wir nicht schnell genug weggegangen wären, dann hätte sie … also ich weiß nicht, was Rinnie getan hätte, aber es schien, als ob sie kurz davor war, eine Verwünschung über uns auszusprechen.«
    »Oh nein, bitte nicht, ein Kampf zwischen den beiden lag überhaupt nicht in meiner Absicht! Also hat es die verkehrte Wirkung gehabt?«
    »Nein«, sagt Karim schließlich, »das glaub ich nicht. Lenne meint, dass wir Rinnie befreien müssen.«
    »Das dürfte euch schwerfallen«, bemerkt Erin bitter.
    »Wir haben überlegt, mit ihren Eltern zu reden, aber wir hatten Angst, dass die dann mit Polizeiwagen in den Wald rasen und …«
    »Und habt ihr gedacht, dass Vita dann einfach so dastehen und warten würde?« Erin blickt Karim mit großen Augen bezwingend an.
    »Nein«, sagt Karim sofort. »Wir hatten Angst, dass sie dann was machen würde.« Er nimmt ein welkes Blatt vom Boden auf und fängt an, es mit nervösen Fingern zu zerkrümeln. »Ist Rinnie denn außer Gefahr?«
    Erin seufzt. »Lass mir noch etwas Zeit, um darüber nachzudenken. Ich verstehe, dass ihr etwas tun wollt. Natürlich muss Rune wieder zurück zu ihren Eltern, nur weiß ich noch nicht wie. Vita ist so mächtig …«
    »Rinnie ist von Vita gerufen worden, sagt sie. Rinnie zufolge ist Vita die Mächtigste von euch dreien. Stimmt das?«
    »Ich fürchte, ja. Sie ist in dem Sinne die Mächtigste, dass sie keine Skrupel hat.«
    »Was bedeutet das?«
    »Dass sie sich von nichts und niemandem zurückhalten lässt und vollkommen unempfänglich ist für Gefühle, wie normale Sterbliche sie haben, also Kummer, Schmerz, Traurigkeit. Nichts berührt sie. Und obendrein ist sie noch diejenige, die Alba damals vor langer Zeit gerufen hat.«
    »Was?«, Karim reagiert überrascht. »Ich weiß nicht warum, aber ich hab aus irgendeinem Grund gedacht, dass Alba älter sei und diejenige war, die euch beide gerufen hat. Vielleicht wegen der langen weißen Haare.«
    »Sie ist auch älter«, sagt Erin. »Nicht viel, sie sind nur ein paar Jahre auseinander, Vita und Alba.« Sie verzieht das Gesicht. »Und was sind schon ein paar Jahre bei rund vierhundert? Vita war noch eine ganz junge Hexe, als sie Alba über die Heide irren sah, sehr jung, aber doch schon Respekt einflößend. Wahrscheinlich hat sie Alba vor einem sicheren Tod gerettet. Und genau darum ist es so schwierig für Alba, gegen Vita anzugehen. Sie ist ihre Schwester, sie ist von ihr gerufen worden. Vita hat sie gerettet.«
    Eine verrückte Frage kommt Karim in den Sinn. »Warum habt ihr eigentlich nicht alle nach vierhundert Jahren schlohweiße Haare?« Er schaut auf die feuerroten Locken, die Erin bis auf die Schultern hängen.
    »Warum sollten wir? Wir haben doch auch keine Runzeln oder einen krummen Rücken oder Löcher in den Zähnen.«
    »Und warum hat Alba dann weiße Haare?«
    »Weil sie es schön findet.«
    Karim nickt. »Das ist auch sehr schön«, sagt er. »Es steht ihr gut.« Er hebt wieder ein vertrocknetes Blatt auf. »Auch als Katze ist sie sehr schön«, sagt er vorsichtig und guckt unter seinen Augenbrauen hervor. Er traut sich nicht, Erin richtig anzusehen.
    »Ja, sie hat mir erzählt, dass du heute Morgen in der Mühle warst. Ist das denn schlau, uns immer wieder aufzusuchen?«
    »Ich war mit meiner Mutter da«, sagt Karim, »und mit einem Freund.« Er beißt sich auf die Lippe. »Weißt du, dass ich sie … beinahe gestreichelt hätte? Sie war auf einmal gar nicht mehr unheimlich. Sie hat an meinem Finger gerochen.«
    »Alba ist auch nicht unheimlich.« Erin lacht. »Sie ist diejenige, vor der du keine Angst zu haben brauchst.«
    »Nein, das ist die andere«, bestätigt Karim. »Aber Alba ist die, die Lenne entführen will, oder wie, äh … nennt ihr das?«
    »Ja, und damit bin ich nicht einverstanden. Aber was Alba will, hat nichts mit dem zu tun, was Vita will.«
    »Und was will …« Karims Hals fühlt sich an wie zugeschnürt. Er kann nur mit Mühe die Worte rauspressen. Möchte er das wirklich wissen? »Was will Vita denn?«
    Erin sieht ihn lange und nachdenklich an. Dann sagt sie: »Alba und Vita haben Angst vor dem Aussterben. Aber beide verstehen darunter jeweils etwas ganz anderes.«
    »Das verstehe ich nicht.« Karim runzelt die Stirn.
    »Du kannst als Art nicht aussterben wollen, oder du kannst als Person nicht sterben wollen. Das sind zwei ganz verschiedene Sachen.«
    »Sterben Hexen denn?«
    »Irgendwann schon. Niemand lebt ewig. Wir Hexen leben alle sehr lang – mithilfe

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