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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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Zimmern, rechts gibt es nichts, nur einen Zaun und die Heide.
    Karim beschließt, so lange wie möglich dicht an den Vorgärten entlangzugehen. Ein kräftiger Wind stößt ihm in den Rücken. Graue Wolken jagen über den Himmel, als hätten sie es schrecklich eilig, irgendwo anders hinzukommen, nur weg von hier. Hohe Bäume wiegen sich im Herbststurm, und auf dem Bürgersteig liegen überall abgerissene Zweige und Blätter. Voller Scheu schaut Karim ständig in Richtung Heide, während er sich beeilt, nach Hause zu kommen. Lassen sich Hexen von Wind und Regen stören? Bei diesem Wetter werden sie doch bestimmt nicht mit ihren Lampen über die Heide geistern? Aber er weiß es nicht, und daher fängt er lieber an zu rennen. Erst als er die eigene Haustür vor Augen hat, beginnt er, sich zu entspannen. Zum Glück ist er jetzt fast zu Hause. Nur noch an Lennes Haus vorbei, dann ist er da.
    Er wirft einen Seitenblick auf das leere Haus, während er daran vorbeigeht. Lenne ist schon oft in den Ferien weg gewesen, und immer findet er, dass so ein Haus ungemütlich aussieht, wenn vorübergehend niemand da ist. Ein Haus, dessen Bewohner im Urlaub sind, sieht irgendwie viel leerer aus als ein Haus, von dem man weiß, dass die Bewohner nach rund einer Stunde wieder zurückkommen. Aber vielleicht ist das nur Einbildung. Vielleicht liegt es auch daran, dass Lennes Eltern im Hinblick auf Sturmböen und herumfliegende Äste die Fensterläden geschlossen haben. Oder es liegt daran, dass selbst das Außenlicht nicht eingeschaltet ist, was sonst eigentlich immer der Fall ist. Sie haben wohl den Strom abgestellt, denkt Karim. Oder nein, doch nicht. Ein schwacher Lichtschein hinter dem Haus fällt ihm auf. Karim läuft noch ein paar Schritte weiter und versucht, in den Garten zu schauen, doch er kann nicht viel sehen, denn hier versperren ihm dichte Sträucher die Sicht, die in dieser Jahreszeit voll mit orangen Beeren sind. Haben sie bei Lenne Lampen im Garten? Nein, als er neulich nachts hier war, um nach Lenne zu sehen, war alles dunkel gewesen. Ob sie vielleicht wegen Einbrechern ein spezielles Licht eingeschaltet haben? Aber warum dann nur auf der Rückseite des Hauses? Karim fröstelt – wegen der Kälte oder etwas anderem, das kann er selbst nicht sagen. Er schlägt den Kragen seiner Jacke hoch und zieht sich den Schal über die Ohren. Hastig läuft er weiter, den Blick unverwandt auf die eigene Haustür gerichtet. Wenn das eine Lampe ist, die sie selbst angeschaltet haben, dann ist nichts dabei, und wenn es etwas anderes ist, dann will er das nicht wissen! Mit großen Schritten stürmt er in den eigenen Vorgarten, und ehe er in seiner Hosentasche nach dem Hausschlüssel gräbt, drückt er lang und fest auf den Klingelknopf, denn dann wissen seine Eltern eindeutig, dass er kommt. Die Tür auf und schnell hinein!
    Im Haus riecht es nach Eintopf. Dann ist heute seine Mutter mit Kochen an der Reihe. Wenn sein Vater kocht, riecht es ganz anders. Der liebt den Eintopf von Karims Mutter gar nicht, er findet, der ist eine fade Pampe. Karim ist ganz wild darauf. Normalerweise hätte ihn dieser Geruch jetzt richtig glücklich gemacht. Was ist angenehmer, als aus der Kälte draußen nach Hause zu kommen und den warmen Geruch eines Lieblingsessens zu riechen, der einen willkommen heißt? Aber heute fühlt Karim sich, als könne ihn gar nichts glücklich machen. Es ist, als würde eine graue Wolke zwischen ihm und dem Rest der Welt hängen und alles verdüstern.
     
    Mitten in der Nacht wird Karim von einem schrecklichen Lärm aufgeschreckt. Er kommt von draußen. Verwirrt setzt er sich auf die Bettkante und hat die Hand schon nach dem Knopf der Nachttischlampe ausgestreckt, als er es sich noch einmal überlegt. Wo kommt der Krach her? Es scheint, aus ihrem eigenen Vorgarten, direkt unter seinem Fenster. Es ist ein Geräusch, das langsam anschwillt und dann wieder abnimmt, jammernd, plärrend. Verschlafen reibt sich Karim die Augen.
    Das Geplärre geht in ein bösartiges Gekreische über, und irgendetwas geht zu Bruch. Er traut sich nicht, ans Fenster zu gehen und hinauszusehen. Er traut sich nicht, den Vorhang zur Seite zu schieben, weil er Angst hat, dass jemand die winzige Bewegung bemerken könnte und ihn aus dem Dunkel der Nacht mit hinterlistigen grünen Augen anstarren würde. Ängstlich kriecht er wieder unter seine Bettdecke, die er sich ganz über den Kopf zieht, und hofft, damit das närrische Gekreische auszuschließen. Doch das

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