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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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Seine Mutter folgt mit ein paar Metern Abstand, und ab und zu ruft sie so was wie: »Nicht so schnell, ich komme ja kaum mit!« Jesse dagegen legt den Weg mindestens dreimal zurück. Er gehört zu den Jungen, die ständig hin und her und im Kreis rennen müssen, um ihre Energie loszuwerden. Karim wird fast schwindelig davon.
    Nach einiger Zeit streckt Karim die Hand aus. »Hier ist es. Ich bin mit Lenne hier gewesen, aber da haben wir noch nichts von der Geschichte von Alba … äh, wie heißt sie? Alberdine gewusst. Da, über das Holzbrückchen, da kannst du auf die andere Seite und von da durch ein kleines Fenster in die Mühle reinklettern.«
    »Das ist aber nicht der Sinn der Sache«, bemerkt Karims Mutter.
    »Es ist doch niemand da, der dagegen etwas sagen kann«, meint Karim. Jedenfalls hofft er das. »Seid vorsichtig«, warnt er die beiden anderen, während er über das Brückchen geht. »Das Holz ist alt.« Er geht zur Mühle. Er geht um die Mühle herum, dahin, wo früher wahrscheinlich die Vorderseite war, an die man aber nun nicht mehr so leicht herankommt, weil dort, wohl durch das Amt für Denkmalschutz, ein Zaun errichtet worden ist. »Durch das Fenster da sind Lenne und ich eingestiegen. Der Laden, der auf dem Boden liegt, war eigentlich davorgenagelt.«
    »Siehst du«, sagt seine Mutter, »du darfst hier gar nicht …«
    »Ach, Mann!«, unterbricht Karim sie ungeduldig. »Was macht das schon.«
    »Ich klettere jedenfalls nicht durch das Fenster«, sagt seine Mutter, geht zur Tür und rüttelt, nur um es einmal zu probieren, an der Klinke. Dann lacht sie. »Und warum sollten wir das auch, wenn die Tür schon offen ist.«
    »Was?«, murmelt Karim überrascht. »Ob da manchmal sonst wer …«
    »Sag mal, Karim«, sagte seine Mutter, während sie munter die alte Mühle betritt, »erzähl mir doch auch mal die Geschichte, die ihr von Herrn Paul gehört habt.«
    Karim erzählt ihr in Kurzfassung die Geschichte von Alberdine und wie grausam sie von ihrem Besitz vertrieben wurde.
    »Was für eine scheußliche Geschichte. Ist die wirklich passiert?«
    »Ja, jedenfalls nach dem, was der Paul sagt, schon.« Karim geht zur Treppe. »Hier kommt ihr nach oben.« Er geht voraus, rennt die Stufen hoch, weist noch einmal warnend auf die fehlenden Bretter hin und will ihnen, als er oben ist, gerade von den Mühlsteinen und dem Getreide erzählen, als sein Blick auf eine schlohweiße Katze fällt, die auf einer Fensterbank sitzt.
    »Mensch, wie schön!«, sagt seine Mutter. »Hier wohnt eine streunende Katze.«
    Jesse geht gleich auf die Katze zu. »Zu Hause haben wir auch Katzen«, sagt er. »Drei Stück.« Er streckt die Hand aus, um sie zu streicheln, doch die Katze faucht ihn giftig an und macht einen Buckel. Karim ist stocksteif bei den Mühlsteinen stehen geblieben und starrt die weiße Katze an.
    »Lass das mal, Jesse«, hört Karim seine Mutter sagen, »V ielleicht hat sie hier irgendwo ihr Nest, und dann sind sie ziemlich aggressiv. Nachher kratzt sie dich noch.«
    Mit langsamen, behutsamen Schritten schiebt sich Karim vorsichtig näher. Die Katze richtet ihre unergründlichen, tiefgrünen Augen auf ihn, von denen das linke von einer ausgezackten roten Linie verunstaltet ist. Karim blickt einige Sekunden an der Katze vorbei durch das staubige Fenster nach draußen. »Du musst dir vorstellen«, sagt er dann leise, »dass du hier gewohnt hast, dass dies das Haus ist, in dem du geboren worden bist und wo du mit deinem Vater gewohnt hast – und dann stirbt der Vater, und es kommt so ein reicher Scheißkerl aus dem Dorf, der dich zwingen will, ihn zu heiraten. Und wenn du das nicht willst, dann kommt er mit einer ganzen Meute von bewaffneten Schreihälsen zu dir, um dich zu verjagen. Das ist doch hundsgemein, oder?«
    »Das kann man wohl sagen«, hört er die Stimme seiner Mutter hinter sich.
    Bestärkt durch die zustimmenden Worte seiner Mutter, die so beruhigend dicht bei ihm ist, macht Karim weiter. »Sie ist einfach rausgeschmissen worden, die Alberdine.« Die Augen der Katze verengen sich zu schmalen Schlitzen. »Alberdine«, flüstert Karim den Namen noch mal. »So hat sie geheißen. Sie haben gesagt, sie wäre eine Hexe.«
    Seine Mutter lacht. »Ja, an so einen Unfug haben die Menschen damals noch geglaubt.«
    Karim sieht, wie die Katze plötzlich ärgerlich mit dem Schwanz schlägt. »Das war früher eine ganz schlimme Anschuldigung«, sagt er. »Mit Hexen durfte man alles machen: verjagen, ertränken oder

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