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Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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hatte zwei Gläser zur Hälfte mit
Schaum gefüllt. Bei seinem eigenen kleckerte er über den Rand.
    „Paß doch auf!“ murrte der Alte. Dann
sagte er: „Jetzt ist sie bald soweit, daß sie hier abhaut.“
    Obwohl kein Name fiel, wußte jeder, wer
gemeint war.
    „Als nächstes“, fuhr der Alte fort, „machen
wir ein Hexenfeuer im Wald. So gegen Mitternacht. Morgen abend — das würde
passen. Du, Harry, vermummst dich als Hexe. Natürlich bis zur Unkenntlichkeit.
Keine Widerrede! Das machst du! Erkennen wird dich kein Aas. Nicht bei Nacht!
Wo nur das Feuer lodert. Du kriegst eine Holzlarve vors Gesicht, eine rote
Perücke und ein Kopftuch und ‘ne Menge Lumpen. Du führst einen Hexentanz auf
und anderen Hokuspokus! Echt muß es aussehen. Und zum Fürchten.“
    Harry nickte, obwohl er die Rolle
beschämend fand. Doch der Gedanke, der verhaßten Nachbarin Schaden zuzufügen,
versöhnte ihn.
    „Du, Max, nimmst ein paar von deinen
Freunden mit“, verfügte der Alte. „Sagst, du hättest beobachtet, wie die Götze
im Wald verschwindet. Ihr schleicht euch an. Aber sorg dafür, daß keiner die Hexe
handgreiflich anfällt. Sonst steht Harry dumm da.“
    „Die Gefahr besteht nicht, Vater. Die
haben alle viel zuviel Schiß.“
    Jocher paffte seine Zigarre und
beobachtete, wie die Aschekrone länger wurde.
    „Die Aufführung muß alle überzeugen,
Jungs. Wie ein Lauffeuer muß es sich rumsprechen. Ich will, daß dieses Weib
verschwindet. Und wenn wir sie mit Knüppelhieben aus dem Dorf vertreiben. Das
aber nur als letztes Mittel. Vorher soll sie Gelegenheit haben, uns
ordnungsgemäß zu verlassen. Und zu verkaufen! Daß wir ihr Land kriegen, ist
unser oberstes Ziel. Klar? Zum Glück habe ich jetzt von einem Grundstücks- und
Häusermakler gehört, der wirklich jeden Dreck anfaßt — solange sein Profit (Verdienst) stimmt. Windige Burschen sind das ja alle. Und trauen sollte man keinem.
Aber dieser Arnold Lamm ist ein besonderer Strolch. Trotzdem verschwiegen.
Deshalb werde ich ihn auf die Götze ansetzen.“
    „Gute Idee!“ meinte Harry. Immerhin
benutzte er jetzt ein Streichholz als Zahnstocher.
    „Der Bursche hat sein Büro in der Stadt“,
sagte der Alte. „Mal sehen, ob er auch sonntags zu erreichen ist.“
     
    *
     
    Spannung lag in der Luft. Jeder spürte
das. Nur Kommissar Glockner hinter seinem Schreibtisch blieb äußerlich
gelassen.
    Klößchen, der neben Tarzan im
Hintergrund saß, rutschte auf seinem Sitz hin und her. Tarzan stieß ihn an,
obwohl er selber ganz hibbelig war, und ermahnte seinen Freund mit einem
rügenden Blick.
    Helga hielt ein Taschentuch zwischen
den Händen und rupfte daran, als wollte sie die Haltbarkeit prüfen.
    Draußen auf dem Flur näherten sich
Schritte.
    „Es hängt jetzt von Ihnen ab, Fräulein
Götze“, sagte Glockner. „Der Mann heißt Michalke, ist vorbestraft wegen Einbruchs
und dem Phantombild sehr ähnlich. Geleugnet hat er immer, jede Tat. Er leugnet
auch jetzt.“
    Die Schritte — offenbar von zwei
Männern — stoppten vor der Tür. Sie wurde geöffnet — und Michalke von einem
uniformierten Polizisten hereingeführt.
    Tatsächlich! dachte Tarzan. Wie auf dem
Phantombild. Nur die Augen sind irgendwie matt. Verschlagen und matt. Aber kein
bißchen stechend.
    Michalke blickte von einem zum andern.
Trotzig schob er die Unterlippe vor. Von dem Beamten wurde er vorwärts
gedrängt, bis das Licht der Lampe voll auf ihn fiel.
    Die Jungs und Glockner sahen Helga an.
    Sie hatte nur eine Sekunde gezögert,
dann schüttelte sie den Kopf.
    „Nein, das ist er nicht.“
    „Mit Sicherheit nicht?“ faßte der
Kommissar nach.
    „Auf keinen Fall.“
    Michalke atmete auf. „Sagte ich’s Ihnen
nicht, Herr Kommissar! Diesmal bin ich so unschuldig wie ein neugeborenes Baby.“
    Glockner winkte dem Polizisten. „Führen
Sie das Baby zurück, Scholz. Es wird nachher entlassen.“
    „So eilig habe ich’s gar nicht, Herr
Kommissar!“ meinte Michalke. „Das Übernachten in der Zelle ist komfortabler als
unter den Brücken.“
    „Aber wir sind kein Asyl (Heim für Obdachlose), Michalke.“
    Hinter den beiden schloß sich die Tür.
    „Naja“, sagte Glockner. „Das war der
erste Versuch. Weitere werden folgen. Wir kriegen den Kerl schon. Jedenfalls
danke ich Ihnen, Fräulein Götze, daß Sie so rasch hergekommen sind.“
    Helga lächelte. Aber das wirkte
keineswegs fröhlich.
    „Sie sorgen sich“, sagte Glockner — mit
einem Einfühlungsvermögen, das sonst bei

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