Hexenkessel
Ernst, was zieht Sie denn zu dieser Party? Es sieht Ihnen gar nicht ähnlich, sich freiwillig in der Öffentlichkeit zu zeigen.«
»Wie Grenville mir sagte, wird sich unter den Gästen auch ein Mann namens Tweed befinden. Ich möchte ihn gern kennenlernen.« Er lächelte sarkastisch. »Und wenn Sie mich begleiten, summt die ganze Stadt hinterher wie ein Bienenkorb. Die Vorstellung gefällt mir.«
»Ich muß mich aber vorher noch duschen und umziehen. Wann soll ich denn fertig sein?«
»Wie lange brauchen Sie denn, um sich für die Party herzurichten?«
»Eine halbe Stunde.«
»Die meisten Frauen würden mehrere Stunden benötigen. Also gut, die Party beginnt um acht Uhr. Eine Dreiviertelstunde brauchen wir bis Spanish Bay. Sie haben eine halbe Stunde, um sich fertigzumachen. Wir werden demnach Punkt Viertel nach sieben hier wegfahren.«
Vanity lächelte in sich hinein. VB achtete stets akribisch darauf, daß Zeitpläne eingehalten wurden. Vielleicht rührte sein enormer Erfolg zum Teil daher, daß er niemals auch nur eine Minute nutzlos verstreichen ließ.
»Ich komme gerne mit«, sagte sie. »Es ist ohnehin an der Zeit, daß Sie Ihr Einsiedlerdasein aufgeben. Sie schotten sich viel zu sehr von der Außenwelt ab.«
Die hellen Augen richteten sich auf ihr Gesicht. Abgesehen von ihren beruflichen Qualitäten bestand einer ihrer größten Vorzüge für Moloch darin, daß sie nie zögerte, ihm die Meinung zu sagen. Er haßte allzu unterwürfiges Personal. Ein zynisches Lächeln trat auf sein Gesicht.
»Die Außenwelt? Kalifornien ist eine Kloake. Aber ich bin sicher, wir werden einen angenehmen Abend verbringen.«
Newman hatte den Wagen gerade hinter dem Spanish Bay Hotel abgestellt, als ein rotes Licht am Armaturenbrett zu blinken begann. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß niemand ihn beobachtete, betätigte er den Knopf, der die Antenne ausfahren ließ. Er wußte, daß Washington sich mit Tweed in Verbindung setzen wollte, daher griff er rasch nach dem Mikrofon.
»Hier Newman.«
»Und hier spricht Cord. Wie ist es denn so in Kalifornien?«
»Warm und sonnig«, erwiderte Newman. Er wußte nicht, ob Tweed die Tragödie bei Big Sur geheimhalten wollte oder nicht. »Was gibt’s?«
»Ist Tweed in der Nähe? Ich muß ihn dringend sprechen.«
»Bleiben Sie dran. Er wird in ein paar Minuten hier sein …«
Er bat Paula, Tweed zu holen. Im selben Moment, wo er die Antenne ausgefahren hatte, war Marler aus seinem Wagen gesprungen und hatte Butler und Nield zu sich gewunken. Die drei Männer verteilten sich über den Parkplatz und bezogen ihre Beobachtungsposten. Der Wagen wurde durch eine hohe Mauer vor Blicken aus den Hotelfenstern geschützt und stand zudem noch in einer besonders abgelegenen Ecke des Platzes.
Schneller als erwartet sah er im Rückspiegel Tweed mit Paula im Schlepptau auf den Mercedes zurennen. Sie blieb in einiger Entfernung an einer Ecke stehen, die Marler ihr zuwies, und Newman reichte Tweed das Mikrofon, ehe auch er sich zurückzog.
»Hier Tweed.«
»Ich spreche über eine sichere Leitung«, begann Dillon. »Vermutlich haben Sie gleichfalls dafür gesorgt, daß wir nicht belauscht werden können.«
»Korrekt.«
»Was ich Ihnen zu sagen habe, ist streng vertraulich. Es ist uns gelungen, einen Agenten in VBs Waffenfabrik in Des Moines einzuschleusen. Eine ganz heikle Angelegenheit. Er befindet sich immer noch dort.«
»Verstehe«, versicherte ihm Tweed.
»Unser Mann berichtete uns, daß Moloch einen Sprengstoff entwickelt hat, der alles bisher Dagewesene übertrifft. Er hat die zehnfache Sprengkraft einer Wasserstoffbombe, wie ich Ihnen ja schon sagte. Der Agent konnte eine Probe davon herausschmuggeln.«
»Durchsuchen Sie die ganze Anlage«, erwiderte Tweed prompt.
»Das können wir nicht. VB hat mit der Regierung einen Vertrag abgeschlossen, der ihn verpflichtet, einen hochleistungsfähigen Sprengstoff herzustellen. Allerdings hat er verschwiegen, daß seine Forschungen bereits erfolgreich beendet wurden. Das Zeug nennt sich Xenobium. Er hat es dort unten in der Wüste von Nevada getestet.«
»Woher wissen Sie das?«
»Wir haben Rückstände des Nevada-Sprengstoffes mit den aus Des Moines entwendeten Proben verglichen. Sie stimmen vollkommen überein.«
»Ich begreife immer noch nicht, warum Sie Des Moines nicht durchsuchen können.«
»Weil Moloch bereits über eine zu große politische Macht verfügt. Wenn wir die Firma mit der Begründung durchsuchen würden, er
Weitere Kostenlose Bücher