Hexenkessel
habe der Regierung wichtige Informationen vorenthalten, würde er einfach behaupten, der Sprengstoff sei gerade erst testreif. Und dann könnte er sich rächen, indem er alle ihm verfügbaren Mittel einsetzt, damit der amtierende Präsident die nächste Wahl verliert. Sie sehen, uns sind die Hände gebunden.«
»Xenobium, sagten Sie?«
»So heißt das Zeug. Jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken.«
»Stimmt mich auch nicht gerade fröhlich.«
»Tweed, sind Sie inzwischen irgendwie weitergekommen?«
Zum ersten Mal während ihrer langen Bekanntschaft hörte Tweed einen Anflug von Verzweiflung aus der Stimme des Amerikaners heraus. Er wählte seine Worte sehr sorgfältig.
»Täglich fallen mir neue Teile des Puzzles in den Schoß. Ich glaube, ich komme dem Gesamtbild immer näher. Jetzt sollte ich unbedingt noch Vincent Bernard Moloch treffen und mir über seine Motive Klarheit verschaffen. Wir hören dann voneinander …«
Als er den Wagen verließ, wirkte er beinahe fröhlich. Jedenfalls besser gelaunt, dachte Paula, als sie ihn während der letzten Tage gesehen hatte.
Moloch unterhielt sich angeregt mit Vanity, während er seine cremefarbene Limousine über den Highway Richtung Carmel jagte. Er trug ein elegantes Abendjackett und sprühte geradezu vor Charme.
»Welchen Eindruck hatten Sie eigentlich von Tweed, als Sie ihn trafen?« fragte er plötzlich.
»Er ist ein außergewöhnlicher Mann«, antwortete sie, ohne zu zögern.
»Das denke ich auch, sonst wäre er nicht so erfolgreich in seinem Job. Ich möchte, daß Sie mich ihm vorstellen. Aber nicht gleich nach unserer Ankunft, sondern etwas später am Abend.«
»Wird gemacht«, versprach sie.
»Ich habe nicht vor, von Tisch zu Tisch zu ziehen und mich mit den anderen Gästen zu unterhalten«, warnte er. »Ich möchte einen Einzeltisch, nur für uns beide.«
»Ich werde Grenville bitten, das zu arrangieren, sobald wir dort sind.«
»Es geht um folgendes«, erklärte er, während er den Windungen der Straße folgte: »Ich möchte die anderen Gäste in Ruhe beobachten können, da ich mich nicht darauf verlassen kann, daß jemand anderem das auffällt, wonach ich suche.«
»Verstehe«, entgegnete Vanity ruhig.
Was hat er denn nur vor? fragte sie sich. Irgend etwas geht doch in seinen verwinkelten Gehirn vor. Vielleicht finde ich es heraus, wenn wir erst einmal eine Zeitlang dort sind.
Tweeds Aufbruch zu der Party verzögerte sich etwas. Die Fotos, die der verschwundene Froschmann gemacht hatte, wurden ihm auf Alvarez’ Anordnung von einem Polizeibeamten in Zivil überbracht, der sich mit seiner Dienstmarke auswies.
Eine handschriftliche Notiz von Alvarez besagte, daß der Taucher anscheinend den Meeresboden erreicht hatte, ehe ihm etwas zugestoßen war.
»Sagen Ihnen diese Fotos irgend etwas?« fragte Tweed an Paula gewandt.
Sie studierte sie mit Hilfe eines Vergrößerungsglases gründlich, schüttelte dann den Kopf und reichte sie ihm zurück.
»Ich werde nicht recht schlau daraus. Es sieht aus, als wäre ein Loch im Meeresboden mit einer riesigen runden Platte aus einem undefinierbaren Material wieder verschlossen worden.«
»Alvarez schreibt mir, daß seine Experten den Durchmesser auf fast zwei Meter schätzen. Mehr können sie auch nicht sagen. Holen Sie bitte Newman her. Ich muß mit Cord Dillon sprechen.«
Eine Viertelstunde später hatte er Dillon mitgeteilt, daß er die Fotos so schnell wie möglich an eine Londoner Adresse schicken wolle, weil sie eventuell der Schlüssel zu dem ganzen Geheimnis sein könnten. Dillon bat ihn, am Apparat zu bleiben, also lehnte sich Tweed im Sitz des Mercedes zurück. Newman hatte sein Team an strategisch günstigen Positionen rund um den Wagen postiert. Tweed bemerkte, daß sowohl Butler als auch Nield elegante Anzüge trugen, und rief Newman zu sich.
»Warum haben sich Harry und Pete denn so stadtfein gemacht?«
»Weil sie uns zu der Party begleiten. Keine Widerrede bitte. Eine Menschenmenge ist der ideale Ort, um jemanden umzulegen.«
Er trat zurück, weil sich Dillon wieder zu Wort meldete. Was er sagte, versetzte Tweed in Erstaunen.
»Wir können diese Fotos keinem Kurierdienst anvertrauen, sie sind zu brisant. Geben Sie sie Alvarez. Er ist auf dem Weg zu Ihnen, wird in ungefähr zehn Minuten eintreffen. Händigen Sie ihm das adressierte Päckchen aus. Ein schnelles Flugzeug wartet auf dem Flughafen von Monterey, um die Bilder nach London zu bringen, wo ein Auto bereitsteht,
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