Hexenkessel
Gegner verfügen über ein spezielles Team, das unter Wasser operiert und unerwünschte Eindringlinge exekutiert. Da liegt der Schluß nahe, daß sich unter dem Rumpf etwas befindet, was niemand sehen soll. Die Leichen müßten bald an die Oberfläche kommen.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach Alvarez. »Hier herrscht eine starke Unterströmung. Die Leichen könnten meilenweit abgetrieben werden. Vielleicht findet man sie nie.«
»Lassen Sie uns an Bord dieses Kahns gehen«, schlug Marler vor. »Wir sind ja bewaffnet.«
»Geht nicht«, entgegnete Alvarez. »Wir haben weder einen Durchsuchungsbefehl noch die Spur irgendeines Beweises.«
»Was ist denn mit dem Motorboot, das uns rammen wollte?« gab Paula zu bedenken.
»Was soll damit sein? Ist Ihnen aufgefallen, daß sämtliche Wrackteile verschwunden sind? Keinerlei Beweise«, wiederholte er wütend.
»Aber wir haben die Kamera«, fuhr Paula fort. »Könnte Tweed wohl Abzüge der Bilder bekommen, sofern der Film belichtet wurde?«
»Ich lasse sie ihm heute noch vorbeibringen.«
Es war eine ziemlich bedrückte Gruppe, die zu der kleinen Bucht zurückkehrte. Niemand sprach ein Wort, bis das Boot wieder vertäut worden war. Alvarez handelte sofort. Er reichte die Kamera, die er in eine reißfeste Plastiktüte gesteckt hatte, an einen Beamten weiter, der müßig neben seinem Streifenwagen stand.
»Schaffen Sie das so schnell wie möglich zum Fotolabor in Monterey. Ich brauche die Originalbilder und jeweils drei Abzüge, und zwar am liebsten vorgestern.«
Paula sah dem Streifenwagen nach, der mit quietschenden Reifen davonschoß. Die Sirene jaulte, das Blaulicht flakkerte, und der ganze Anblick erinnerte sie unwillkürlich an die alptraumhafte Fahrt vom Flughafen nach San Francisco kurz nach ihrer Ankunft.
»Der Mann, der ans Ufer geschwommen ist, war Joel Brand«, sagte sie unvermittelt, nicht gewillt, schon aufzugeben.
»Könnten Sie das vor Gericht beschwören?« fragte Alvarez. »Ließ er sich eindeutig identifizieren?«
»Nun, zugegebenermaßen nein. Er trug eine Wollmütze, die sein Haar völlig bedeckte. Ich habe ihn an seiner Art, sich zu bewegen, erkannt.«
»An seinen Bewegungen?« Alvarez schüttelte den Kopf. »Jeder halbwegs gescheite Anwalt macht im Zeugenstand Hackfleisch aus Ihnen.«
»Ja, hat ihn denn niemand aus dem Wasser steigen sehen?« fragte Paula verzweifelt und wandte sich an einen Beamten, der auf der Motorhaube seines Streifenwagens saß. »Um nach Black Ridge zu gelangen, mußte er den Highway überqueren. Er war doch triefnaß. So jemanden kann man gar nicht übersehen.«
»Tut mir leid«, entschuldigte sich der Beamte verlegen, »aber wir haben nur auf Ihr Boot geachtet und darauf gewartet, daß Sie wieder zurückkommen.«
»Keinerlei Beweise«, wiederholte Alvarez zum dritten Mal. »So ein gottverdammter …« Er brach ab. »Ich hasse es, einen meiner Männer zu verlieren. Nun sind gleich drei ums Leben gekommen. Newman, Sie sollten jetzt besser nach Spanish Bay zurückfahren. Ich sorge dafür, daß Tweed die Fotos - wenn der Film überhaupt belichtet wurde - so rasch wie möglich bekommt.«
24.
In Molochs Büro in Black Ridge hatte auch Vanity die Explosion gehört. Sie sprang auf, rannte zum Fenster und sah gerade noch, wie das Motorboot in Flammen aufging. Aufgeregt teilte sie Moloch, der hinter seinem Schreibtisch saß, ihre Beobachtung mit.
»Motorschaden vermutlich.« Moloch war völlig in seine Arbeit vertieft. »Kommen Sie her, ich muß mit Ihnen reden.«
»Worüber?« fragte sie, als sie sich ihm gegenüber niederließ.
»Ich möchte, daß Sie einige unserer Geschäftsbücher sorgfältig prüfen. Von Zahlen verstehen Sie ja wohl etwas.«
»Ehe Sie mich engagierten, habe ich in einem Londoner Büro in der Buchhaltung gearbeitet. Ich denke, Sie können mir diese Aufgabe unbesorgt übertragen. Aber was wird Byron dazu sagen?«
»Diese Geschäftsbücher wurden von Joel geführt.«
»Gilt für ihn nicht dasselbe? Ich möchte ihn mir nur ungern zum Feind machen.«
»Hier entscheide immer noch ich, wer was erledigt. Gewisse Leute neigen anscheinend dazu, zu vergessen, daß ich die AMBECO unter Einsatz all meiner Arbeitskraft ganz alleine aufgebaut habe. Ach, übrigens, ich gehe heute abend zu Grenvilles Party im Anglo-Pacific-Club und sähe es gerne, wenn Sie mich begleiten würden. Ich nehme Sie in dem Lincoln mit.«
»Dann werden wir ja standesgemäß vor diesem Club vorfahren«, neckte sie ihn. »Aber im
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