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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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anrief, nicht wahr?«
    Statt einer Antwort blickte sie sich aufmerksam nach allen Seiten um, dann rollte sie den Kragen ihres Pullovers hinunter, wartete, bis Tweed sie betrachtet hatte, und streifte ihn dann wieder hoch.
    »In Ordnung«, sagte Tweed. »Bestimmt ist Ihnen gestern abend Joel Brand aufgefallen? Er stand die ganze Zeit an der Bar.«
    »Ja. Er sah in seinem Frack aus wie ein aufgeplusterter Enterich.«
    »Quack, quack«, machte Tweed. »Die bedauernswerte Schwester von Linda Standish, die in Cornwall an Land geschwemmt wurde, wußte schon, wovon sie sprach.«
    »Ich nicht. Das letztemal haben Sie diese Worte gebraucht, als wir bemerkten, daß Byron Landis einen entenähnlichen Watschelgang hat.«
    »Richtig. Nun sehen Sie sich das an! Ist das nicht herrlich?«
    Ein neuer Tag brach an. Noch war die Sonne zwar nicht hinter den Bergen aufgestiegen, aber sie tauchte den Ozean bereits in ein fahles Licht und malte in allen Regenbogenfarben schillernde Kringel auf die Wasseroberfläche. Tweed und Paula standen still da und sahen zu, wie sich die Farben langsam veränderten und den Pazifik zum Leuchten brachten.
    »Ich kann verstehen, warum so viele Menschen hier leben möchten«, seufzte Paula schließlich. »Aber warum beschränken sie sich nicht lieber auf einen Urlaub, statt sich auf Dauer hier niederzulassen? Dann sitzen sie nämlich in der Falle. Ich finde, Kalifornien ist ein recht zwielichtiges Paradies.«
    »Hier gibt es eine Menge vorhersehbares Unheil«, entgegnete Tweed. »Zumindest vermute ich das.«
    »Vorhersehbar?«
    »Nur so ein Gedanke.«
     
    Es war acht Uhr morgens, als Joel Brand in Molochs Büro in Black Ridge stürmte. Moloch bedeutete ihm zu warten, während er einen Stoß Papiere durchsah und die Bögen abheftete. Erst als er damit fertig war, sah er auf.
    »Was gibt es, Joel?«
    »Wir müssen zu drastischen Mitteln greifen, wenn wir Tweed eine Lektion erteilen wollen. Er weiß zuviel.«
    »Das bezweifle ich. Was schlägst du also vor?«
    »Hab’ noch nicht darüber nachgedacht. Irgendwas, was ihm seine verdammte Brille von der Nase fegt.«
    »Solltest du nicht heute morgen zur AMBECO hinüberfliegen? Zeit, daß du dich auf den Weg machst und mit der Arbeit anfängst.«
    Wortlos verließ Brand den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.
    Moloch stieß einen erleichterten Seufzer aus. Er hatte Brand mit Absicht verschwiegen, daß Tweed ihn später am Morgen aufsuchen würde. Joel geriet allmählich außer Kontrolle.
    Nachdem er sämtliche anfallende Arbeit bewältigt hatte, trat er ans Fenster und blickte hinaus. Punkt elf Uhr passierte ein BMW die geöffneten Tore und fuhr die steile Auffahrt empor. Moloch schätzte Pünktlichkeit. Er ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder und wartete, bis Tweed in sein Büro geführt wurde. Zu seiner Überraschung kam sein Besucher alleine.
    »Mr. Tweed, willkommen in Black Ridge. Nehmen Sie doch bitte Platz. Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?«
    »Im Augenblick nichts, danke. Worüber wollten Sie mit mir sprechen?«
    »Vermutlich sind Ihnen einige schlimme Gerüchte bezüglich meiner Person zu Ohren gekommen. Ich dachte, ich sollte gewisse Dinge richtigstellen. Tatsächlich bin ich mit großen Hoffnungen aus dem belgischen Gent in die Staaten gekommen. Hier lernte ich einen Mann kennen, der einen neuartigen Mikrochip erfunden hatte - kleiner und leistungsfähiger als alles, was bislang auf dem Markt war. Ich unterstützte ihn finanziell, indem ich einen Bankkredit aufnahm, baute eine Fabrik und nahm die Produktion auf. Dieser Mikrochip war wirklich revolutionär; er fand reißenden Absatz. Schon bald konnte ich den Kredit zurückzahlen, und mein Unternehmen florierte - weil ich Tag und Nacht schuftete, um aus den roten Zahlen herauszukommen. Dann schlug die Gegenseite zu.«
    »Die Gegenseite?« fragte Tweed.
    »Fünf meiner schärfsten Konkurrenten in Silicon Valley schlossen sich zusammen, um mich zu ruinieren. Als erstes brachten sie einen Mikrochip auf den Markt, der meinem sehr ähnlich war - aber keine so detailgetreue Kopie, daß ich sie deswegen vor Gericht hätte bringen können. Sie unterboten mich um fünfzig Prozent, da konnte ich natürlich nicht mithalten. Zwar machten sie riesige Verluste, verfügten jedoch über genug Kapital, um das aufzufangen. Das, Mr. Tweed, war jedoch erst der Anfang.«
    Moloch nippte an dem Tee, den Vanity Richmond ihm serviert hatte. Auch Tweed hatte diesmal die Einladung zu einer Tasse nicht

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