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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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riesige, unbewegliche Farnstauden neben sich. Kein Lüftchen rührte sich hier; der Wind vom Meer drang nicht bis in diese unwirtliche Wildnis vor. Sie hatten eine Seite Kaliforniens entdeckt, die den Touristen normalerweise verborgen blieb.
    »Sehen Sie! Dort drüben!« rief Paula.
    Sie waren gerade um eine weitere Kurve der immer noch ansteigenden Straße gebogen, als sie unter den Bäumen einen kleinen, zu einer Seite hin abgesackten Bus erblickten, dem die Räder fehlten und der über und über mit psychedelischen Zeichen bekritzelt war. Noch mehr Hütten kamen in Sicht, teils von verrotteten, mit grünlichen Flechten überzogenen Zäunen eingefriedet; auch hier schlichen einige wie die Vogelscheuchen gekleidete Figuren umher. Überall wuchsen Zwergeichen; jämmerliche, verkrüppelte Abbilder ihrer stolzen Brüder.
    Ein auf Holzstützen befestigter Propangaszylinder, der vermutlich als Quelle für Wärme und Kochstelle diente, stand zwischen weiteren am Hang gelegenen Hütten, von denen einige sogar mit teilweise abgesunkenen Terrassen umbaut waren. Newman deutete gen Himmel, wo sich Stromkabel von einem am Straßenrand aufgestellten Mast zum anderen zogen.
    »Hier leben tatsächlich Leute«, sagte er nicht ohne einen Anflug von Erstaunen.
    »Es dürfte sich um Aussteiger handeln«, kommentierte Tweed. »Überbleibsel der Hippiebewegung der sechziger Jahre. Sie leben am Rande der sogenannten Zivilisation. Hier steht die Welt seit gut dreißig Jahren still.« Seine Stimme wurde schärfer. »Schauen Sie nach rechts, Bob!«
    Am Straßenrand parkte etwas versetzt ein moderner cremefarbener Jaguar. Der uniformierte Chauffeur, der sogar eine Dienstmütze trug, war hinter dem Steuer zusammengesunken und schlief so fest, daß er die beiden vorbeifahrenden Wagen überhaupt nicht bemerkte. Wieder ergriff Tweed das Wort. Diesmal klang seine Stimme noch schneidender.
    »Halten Sie an, Bob. Stellen Sie den Motor ab und schauen Sie nach rechts.«
    Paula hatte den Kopf bereits in die angegebene Richtung gedreht. In dieser Gegend wuchsen hauptsächlich gigantische Mammutbäume, deren mächtige Stämme sich gegen den nicht mehr sichtbaren Himmel reckten. Darunter, auf einer kleinen Terrasse auf halber Höhe des Hanges, tanzte eine Tweed wohlbekannte Gestalt zur hämmernden Musik, die einem Ghettoblaster entströmte, mit einem reichlich abgerissen aussehenden Mädchen.
    Der Mann war bis zur Taille nackt, trug nur Jeans und Turnschuhe und tanzte, ohne das Mädchen zu berühren, wild hin und her, wobei er die Arme schwenkte und den Kopf so heftig schüttelte, daß ihm das strähnige Haar ins Gesicht flog. Das Mädchen hatte dunkle, fettige Haare und war mit einem schäbigen Kleid und durchlöcherten Strumpfhosen bekleidet. Keiner der beiden schien die Motorengeräusche der sich nähernden Wagen gehört zu haben.
    »Das ist Ethan Benyon«, sagte Tweed finster.
    »Auch eine Art, sich den nötigen Kick zu verschaffen«, näselte Marler.
    Während sie dem seltsamen Pärchen schweigend zuschauten, rückte Ethan näher an das Mädchen heran und streckte plötzlich die Hände aus, um nach ihr zu greifen. Sie wich zurück, packte einen schweren Ast, als sie sah, daß er ihr folgte, schwang ihn wie einen Knüppel über dem Kopf und versetzte ihm einen heftigen Schlag quer über den Brustkorb. Ethan erstarrte mitten in der Bewegung und stieß dann einen schrillen, nicht endenwollenden Schrei aus.
    »Fahren Sie los«, befahl Tweed. »Suchen Sie eine Wendemöglichkeit und sehen Sie zu, daß wir aus diesem Danteschen Inferno herauskommen.«
    Er sagte nichts mehr, bis Newman den Mercedes wieder auf den Highway One zurückgesteuert hatte. Paula holte tief Atem und sog die frische Seeluft ein, die durch das geöffnete Fenster hereinwehte. Die unheimliche Stille, die über Palo Eldorado gelegen hatte, war schlimm genug gewesen - aber der entsetzliche Schrei hatte sie noch nervöser gemacht.
    »Das war Ethan Benyon«, betonte Tweed nochmals. »Moloch bezeichnete ihn als Genie. Das mag für sein Fachgebiet zweifellos zutreffen. Aber ansonsten ist er so verrückt wie nur möglich. Kein sonderlich tröstlicher Gedanke …«
     
    Im Spanish Bay Hotel angekommen, mußten sie einen schweren Rückschlag hinnehmen. Noch auf dem Parkplatz verlangte Tweed eine Verbindung mit Cord Dillon und wies Paula, Newman und Marler an, im Wagen sitzen zu bleiben. Butler und Nield waren kurz nach ihnen in ihrem BMW eingetroffen, und Newman bedeutete ihnen per Handzeichen,

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