Hexenkessel
verhaßte Stiefmutter. Er trat in den Raum und blieb stehen. Mrs. Benyon war so damit beschäftigt, ihren Sohn zusammenzustauchen, daß sie den ungebetenen Gast übersah. Wieder hatte sie ihre überflüssigen Gehstöcke in beiden Händen.
»Ethan, tu augenblicklich, was ich dir sage! Dein Zimmer ist bereits hergerichtet. Geh nach oben!«
»Mutter, ich kann nicht …«
»Wirst du mir wohl gehorchen?« fuhr sie ihn an.
Moloch hatte genug gesehen. Er ging mit raschen Schritten auf sie zu und entriß ihr die beiden Stöcke, dann wiederholte er seine frühere Vorstellung, indem er sie zerbrach und die Überreste ins Feuer warf.
Mit einem Satz sprang Mrs. Benyon auf, rannte auf ihn zu und umklammerte mit beiden Händen seinen Hals. Unwillig langte er nach ihr, um sich aus ihrem Griff zu befreien.
»Mit meinen bloßen Händen bringe ich dich um, du Bastard!«
Genau diese Reaktion hatte er provozieren wollen. Während er ihre Hände wegstieß, schielte er zu Ethan hinüber und sah die Bestürzung auf seinem Gesicht, die rasch einem Ausdruck nackter Wut wich.
»Mutter!« brüllte er außer sich. »Du hast mich die ganze Zeit zum Narren gehalten - nur um mich einzuschüchtern, um mir ein schlechtes Gewissen einzuimpfen. Dafür bringe ich dich um!«
Er drehte sich um und stürmte aus dem Raum. Seine Mutter blieb stehen, unschlüssig, was sie tun sollte, und starrte ihren Stiefsohn haßerfüllt an.
»Ich weiß, was du in Black Ridge ausheckst. Du hast das absichtlich getan. Der Teufel soll dich holen!« Sie stieß zwei Finger in Richtung seiner Augen. »Ich werde deine Pläne durchkreuzen, und wenn es das letzte ist, was ich tue. Hast du gehört? Ich werde dich ruinieren …«
Sie sprach ins Leere. Moloch hatte den Raum verlassen und Martinez bedeutet, ihm zu folgen. Im Wagen erteilte er ihm eine Reihe von Anweisungen.
»Stellen Sie ihr Haus unter Bewachung. Sorgen Sie dafür daß sie das Grundstück nicht verläßt. Lassen Sie sie aber ruhig auf der Terrasse frische Luft schnappen und achten Sie darauf, daß stets genügend Lebensmittel vorrätig sind. Ab heute kann sie sich ihre Mahlzeiten selbst zubereiten. Fangen Sie morgen früh ihr Hausmädchen ab, geben Sie ihr tausend Dollar und sagen Sie ihr, Mrs. Benyon hätte jemand anderen eingestellt.«
Ethan war nach Black Ridge vorausgefahren. Moloch fand ihn in seinem Zimmer, wo er auf der Bettkante saß und ins Leere starrte.
»Versuch zu schlafen«, riet Moloch ihm. »Morgen früh sieht alles schon viel rosiger aus.«
»Ich bringe sie um …«
»Du mußt dich morgen auf eine wichtige Arbeit konzentrieren, vergiß das nicht. Du bist ein brillanter Wissenschaftler. Das Projekt muß mit Volldampf vorangetrieben werden. Nimm ein Bad, das wird dich beruhigen.«
»Ich werde sie umbringen …«
Das waren die letzten Worte, die Moloch in dieser Nacht von ihm hörte. Er schloß die Tür hinter sich, kehrte in sein Büro zurück und ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder. Erleichterung stieg in ihm auf. Zumindest hatte er Ethan Mrs. Benyons Klauen entrissen.
Von einem Fenster hoch oben in einem unbeleuchteten Raum aus hatte ein Mann Molochs Abfahrt und spätere Rückkehr beobachtet. Der Buchhalter Byron Landis zog die Vorhänge zu und knipste das Licht in seinem Zimmer wieder an.
Um vier Uhr morgens kalifornischer Zeit herrschte dort tiefe Nacht, in Cornwall dagegen war es Mittag. Verabredungsgemäß lenkte Paula ihren Wagen auf den von Geschäften gesäumten Marktplatz von Mawnan Smith und hielt direkt neben Newmans Mercedes. Newman saß am offenen Fenster auf dem Beifahrersitz und blickte zu ihr hinüber, als sie ihr Fenster gleichfalls herunterkurbelte.
»Was halten Sie von Grenville?« fragte er sie.
»Mir ist nichts an ihm merkwürdig oder verdächtig vorgekommen«, entgegnete sie. »Zuerst hielt ich ihn für den typischen stocksteifen spießigen Exmilitär, aber als ich dann mit ihm tanzte, gab er sich äußerst charmant und geistreich. Außerdem stellte sich heraus, daß er weit intelligenter war, als ich zunächst angenommen hatte.«
»Da haben Sie vermutlich recht.«
»Höre ich da Zweifel aus Ihrer Stimme heraus, Bob?«
»Der Kricketspieler, den ich in dem Pub in der Nähe von Constantine getroffen habe, sagte mir, daß Grenville für gewöhnlich den Winter in Monterey verbringt.«
»Wahrscheinlich würden viele Leute gerne den Winter in Kalifornien verbringen, wenn sie es sich leisten könnten.«
»Genau da haben Sie den Nagel auf den
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