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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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rannte auf Lucia zu, "dein Onkel ist da!"
Lucia und Alphonse begrüßten sich freudig, und im nächsten Moment fragte Salai die beiden: "Fahrt ihr jetzt mit der Kutsche spazieren? Wo fahrt ihr hin, nehmt ihr mich mit?"
"Das finde ich aber jetzt gar nicht nett von dir", tadelte ihn der Maestro, "du hast mir versprochen, im Hof mit mir Maronen zu sammeln."
Darauf gab Salai betreten zurück: "Hab ich nur kurz vergessen, Maestro, und die beiden fahren bestimmt auch lieber ohne mich."
Der Maestro zwinkerte ihm versöhnlich zu und wandte sich dann zu Lucia und Alphonse: "Das soll jetzt kein Rauswurf sein, aber Lukas hat die nächsten Tage frei, solange er will."
Dafür bedankten sich die beiden, und gleich darauf verließen sie glücklich das Atelier.

    Fast jeden Tag verbrachten Lucia und Alphonse miteinander, obschon Alphonses Geliebte darüber schmollte. "Sie muss einsehen, dass du mir vorgehst", erklärte er Lucia im mürrischen Ton, dem sie entnahm, dass seine Gefühle zu Donna Angelina abkühlten.
Umso besser verstand er sich mit Lucia. Sie berichtete ihm, was sie in den zurückliegenden Monden hier erlebt hatte, beschrieb ihm auch den gutmütigen Bernardino, den jungen, humorvollen Giovanni, dessen Gemälde im italienischen Adel bereits ein Begriff waren, doch am meisten sprach sie von Carlo. Nein, noch mehr von ihrem Maestro, den sie nicht nur in fast jedem Satz erwähnte, sie konnte auch oft nicht aufhören, sich über sein vielseitiges Können und Schaffen auszulassen. So erzählte sie, dass sich der Maestro auch mit Naturforschung, Anatomie, Alchimie und mit mechanischen Erfindungen beschäftigte, weshalb ihn öfter Experten aufsuchten, um von seinen neuesten Erkenntnissen und Erfindungen zu erfahren. Aber das reichte ihm nicht, er dichtete und komponierte auch, keine großen Werke, sondern lyrische Sinnsprüche, Fabeln und auch Prophezeiungen, die er, wie früher die Minnesänger, in Melodien umsetzte und dann zur Leier mit schöner Baritonstimme bei Festveranstaltungen im Sforzapalast vortrug. Wegen dieser gehaltvollen Gesänge, aber auch, weil er ein ebenso charmanter wie humorvoller Unterhalter war, war er im Schloss ein beliebter Gast. Letzteres wusste Lucia von Carlo, den der Maestro bereits mehrmals mitgenommen hatte.
Als sich Lucia plötzlich ihrer Schwärmerei bewusst wurde, erklärte sie Alphonse: "Auch wenn du vielleicht meinst, ich rede schon wie Carlo, ich kann nicht anders, als über unseren Maestro zu staunen, er kommt mir vor wie ein Übermensch."
Zu ihrer Erleichterung äußerte Alphonse dazu: "Mit dieser Meinung stehst du nicht alleine da, er wird von einigen als Universalgenie bezeichnet. Umso mehr können wir uns freuen, dass ausgerechnet er dich in seine Kunstschule aufgenommen hat."
Erst als Lucias Erzähleifer nachließ, kam Alphonse auf ihren Vater zu sprechen. Er berichtete ihr, der letzte Brief ihres Vaters sei deutlich milder ausgefallen, nicht alles, dass er ihn, Alphonse, angefleht habe, ihm Lucias Aufenthalt preiszugeben, den er doch sicher kenne.
"Damit er mich zurückholen und erneut tyrannisieren kann", begehrte Lucia auf, und Alphonse ergänzte:
"Mehr noch, damit er dich, solange du noch minderjährig bist, wegen des Erbes mundtot machen kann."
"Wenn Vater mich als verschollen meldet, fließt das gesamte Erbe sicher von allein in seine Hände, wonach ich hoffentlich endgültig uninteressant für ihn bin."
Darüber dachte Alphonse anders: "So einfach machen wir ihm das nicht. Ich werde, wie bisher jedes Jahr, auch im kommenden Frühjahr nach Meran reiten, und diesmal werde ich dort nachforschen, inwieweit dein Vater und sein Advokat bereits gegen dich vorgegangen sind. Immerhin bist du von zu Hause ausgerissen, und das kann fatale Konsequenzen nach sich ziehen. Du weißt selbst, Väter haben über ihre ledigen Töchter Allmacht, unterstützt vom Gesetz - teils sogar noch, wenn die Töchter volljährig sind."
"Ein Grund mehr, dass er mich baldmöglichst für verschollen erklärt", gab sie trotzig zurück, worauf Alphonse nur leise bemerkte:
"Wir werden sehen."
Nach diesem Gespräch beschlossen sie, sich die letzten Tage seines hiesigen Aufenthalts mit diesem Thema nicht zu vergraulen. Das gelang ihnen auch mit Leichtigkeit. Sie spazierten oder kutschierten durch die bunte Herbstlandschaft, kehrten hier und da ein, Alphonse wählte wieder vorzugsweise Weinlokale, und bald berichtete Lucia Alphonse von ihrem Problem bei den Malstudien. Darauf erläuterte er ihr mit wenigen Worten

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