Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
besprechen. Lasst uns dazu bitte im Aufenthaltsraum eine Erfrischung servieren und sorgt dafür, dass wir ansonsten ungestört bleiben."
"Sehr wohl, gnädige Frau."
Wie früher, alles noch wie früher, erkannte Lucia lächelnd, wie sie nun mit ihrer Mutter über den breiten, langen Korridor schritt, wo rechter Hand der Festsaal lag, linker Hand der Speiseraum und dahinter der Aufenthaltsraum mit acht größeren und kleineren Tischen sowie etlichen goldbraunen Polstermöbeln, den sie schließlich betraten.
Nachdem sie sich nebeneinander auf ein Zweiersofa niedergelassen hatten, begann Madame Rodder: "Lucia, ich hatte Alphonse im Frühjahr gebeten, dich mit dieser Nachricht zu verschonen, doch jetzt musst du sie erfahren - wir wohnen seit einem Jahr nicht mehr drüben, sondern hier in diesem Haus."
Lucia verstand nicht, weshalb sie mit dieser Tatsache hatte verschont werden sollen, schließlich hatte ihre Familie seit jeher halbwegs in diesem Haus gewohnt, sie hatten täglich hier mit ihren Großeltern gespeist und die meisten Feiertage hier gemeinsam mit ihnen verbracht, mithin hatte sich dieser Wohnwechsel doch förmlich ergeben. Jetzt betrat die neue Hausmaid Gerda den Raum, servierte ihnen eine Weinschorle mit Salzgebäck, und nachdem sie den Raum wieder verlassen hatte, schlug Madame Rodder Lucia vor: "Ich werde Madame de Lousin nachher unterrichten, dass jetzt du hier die Hausherrin bist, ich aber weiterhin die Hausfrau bleibe, und ich werde ihr deinen neuen Namen nennen. Sie soll diese Neuigkeiten dann dem Gesinde weitergeben. Ist dir das recht so?"
"Oui, Madame Maman", stimmte Lucia zu, "und merci, dass Ihr mir die Hausfrauenpflichten abnehmt." Dann erkundigte sie sich, wessen Wunsch es gewesen sei, hier einzuziehen.
"Der deines Vaters natürlich. Justus und ich wollten in unserem gemütlichen Holzhaus bleiben, Justus, weil es ihm dort besser gefiel und ich, weil ich es abgeschmackt fand, das Haus unserer als vermisst gemeldeten Tochter in Beschlag zu nehmen."
Diese Erklärung öffnete Lucia langsam die Augen, weshalb sie erfahren wollte, welche Räume sie denn hier bewohnten.
"Welche schon, Lucia, im ersten Stock die herrschaftliche Wohnung meiner verstorbenen Eltern", bestätigte sie Lucias Vermutung.
So also war das, nahm Lucia nun zur Kenntnis, ihr Vater wohnte nicht hier, vielmehr residierte er jetzt in diesem Herrschaftshaus, fühlte sich als Baron des Bellwillhügels, wie ehedem ihr Großvater. Deshalb hatte er nicht nur die Urkunden des Werkes, sondern auch die des Anwesens behalten wollen. 'Der gesamte Bellwillhügel gehört mir - m i i i r !', hatte er gestern in der Kanzlei gedröhnt, was Lucia jetzt deutlich im Ohr nachklang.
Ihre Mutter ließ ihr genügend Zeit zum Nachsinnen, bevor sie ihr zu bedenken gab: "Lucia, in deinem Vater hat sich Größenwahn breitgemacht, angefacht von seinem Advokaten, den er dafür auch noch fürstlich bezahlt. Überlege dir, ob du das unterstützen willst, denn wenn du ihm mit deinem Erbe auch nur im Geringsten entgegenkommst, dann will er mehr und mehr und immer mehr. Ist dir das jetzt aufgegangen?"
"Oui", musste Lucia zugeben. Dann fiel in sich zusammen. Das rührte ihre Mutter, sie streichelte ihr die Wange und redete ihr zu:
"Dein Vater hat nie etwas gegen dich gehabt, Lucia, nicht einen Moment. Ich habe ihm sogar Freude angemerkt, als uns Herr Schautze vorgestern mitgeteilt hat, dass du in Meran bist. Tröstet dich das etwas?" Lucia nickte, worauf ihre Mutter fortfuhr: "Siehst du, ma Chère, und deshalb wird sich eine bessere Lösung für eure Aussöhnung finden lassen."
"Oui, Madame Maman."
Nun umfasste Madame Rodder liebevoll mit ihren Händen beidseitig Lucias Gesicht: "Bin ich wieder deine Maman? Hm?"
"Oui, seid Ihr."
"Wie schön, wie wundervoll", flüsterte sie und bat Lucia dann: "Verzeih mir, dass ich als Mutter versagt hatte, ich habe das so bereut. Ich muss dir nicht sagen, woran das gelegen hat, und du sollst wissen, dass ich dieses Teufelszeug seit deinem Abschiedsbrief nie mehr genommen habe." Sie sah Lucia mit jetzt wieder goldschimmernden Augen an und beteuerte ihr: "Ich bin ganz für dich da, ma Chère, und das wird sich nie mehr ändern."
Nun ließ sie ihre Hände wieder sinken und bot Lucia an: "Ich hätte gern, das du mich nunmehr mit du ansprichst, Lucia. Schließlich bist du jetzt erwachsen und darüber hinaus die Herrin dieses Anwesens. Wirst du das tun?"
Darauf Lucia, etwas verwirrt: "Wenn Ihr . , wenn du das wünschst."
"Oui, das ist mein
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