Hexenkuss
ihn.«
In dem Raum waren zwei Stühle, der steinerne Altar der Göttin, von zwei Leibeigenen ins Turmzimmer geschleppt, die danach getötet worden waren, und eine Feuerschale, die Licht und Wärme spendete. Das Feuer in dem Messingbecken brannte heiß und hell. Schatten tanzten auf den verrußten steinernen Wänden und dem Fell von Diable, dem Hund, den Isabeau zurückgelassen hatte, als sie auf Schloss Deveraux gezogen war. Der Hund hechelte zufrieden an ihrer Seite, während sie in den schmutzigen Binsen kniete, die Beine ihrer Mutter umklammerte und am kostbaren Stoff ihres Gewandes schluchzte.
»S'il vous plait, ma mere«, flehte sie. »Wenn Ihr mich je geliebt habt, bitte, bitte verschont ihn.«
Ihre Mutter, die Königin des Circle des Cahors, saß schmallippig und kühl vor ihr, ungerührt vom Flehen ihrer Tochter. Bei jeder neuen Äußerung von Zuneigung für ihren Erzfeind kräuselte sie die Oberlippe ein wenig mehr, bis sie selbst wie eine Dämonin aussah. Sie wies auf das tote Lamm auf dem Altar, das geopfert worden war, damit sie Isabeaus Schicksal in den Eingeweiden des kleinen Geschöpfs lesen konnte. »Sie werden dich nicht verschonen«, entgegnete sie barsch.
Sie hatten sich im höchsten Turmzimmer von Schloss Cahors eingeschlossen. Der Mond war fruchtbar, feucht, klebrig und warm, reif für die Saat von Zaubern und Kindern und Flüchen. Die herbstliche Brise pfiff durch die runde steinerne Kammer, erfüllt von buntem Laub und Apfelduft. Während die Deveraux-Hexer den Gott in feuchten Verliesen anbeteten, suchten die Hexen der Cahors erhöhte Plätze, um der Mondgöttin die Arme entgegenzustrecken.
»Sie werden mich verschonen, wenn ich ein Kind gebäre.«
Catherines Fingerspitzen waren blutig. Sie hatte bereits ein Pentagramm auf Isabeaus Stirn gezeichnet, und jetzt setzte sie ihren Daumenabdruck in die Mitte. Die Juden, so hieß es, glaubten, dass an dieser Stelle das Dritte Auge säße, das Gott gehörte und nach innen auf die Sünden des Menschen blickte.
Sie sprach ruhig und mit der Gewissheit einer Hexe von adliger Geburt, die ihre Künste kennt: »Du wirst keinen Deveraux-Teufel gebären.«
»Ihr dürft mich nicht länger zwingen, unfruchtbar zu bleiben!«, schrie Isabeau. Sie griff sich ins Haar, riss sich den Schleier herunter und warf ihn zu Boden. Dann brach sie zusammen, fiel auf die Ellbogen, schlug die Hände vors Gesicht und weinte. Das lange schwarze Haar floss über ihren Rücken hinab bis auf die Binsen.
»Du kanntest unseren Plan. Du warst damit einverstanden.« Die Stimme ihrer Mutter war so kalt wie der Boden unter Isabeaus leerem Schoß.
»Aber jetzt...« ... liebe ich ihn, hätte sie beinahe gesagt, doch ihre Mutter würde ihre eigene Tochter eher erwürgen, als mit anzuhören, wie diese ihre Liebe zu einem Deveraux erklärte. »Jetzt erkenne ich nützliche Fähigkeiten in ihm«, sagte sie schwächlich, und der Ausdruck von Verachtung und Empörung auf dem Gesicht ihrer Mutter ließ sie verstummen.
»Du hast versagt«, erklärte ihre Mutter. »Du wurdest dorthin geschickt, um das Geheimnis des Schwarzen Feuers zu erlernen. Aber sie werden es niemals mit dir teilen«, stellte ihre Mutter fest und tippte mit den blutigen Fingerspitzen auf Isabeaus Ärmel, um ihre Worte zu unterstreichen.
»Du musst begreifen, dass alles ein wortloses Tauschgeschäft mit ihnen war: einen Sohn gegen das Geheimnis. Sie haben uns das Geheimnis verweigert. Jetzt planen sie, sich deiner zu entledigen, damit Jeans Samen Söhne aus dem Schoß einer anderen Frau hervorbringt.« Verächtlich blickte sie auf ihre Tochter hinab. »In unseren Geschäften mit ihnen ist kein Platz für Zuneigung oder Schwäche, Mädchen. Das solltest du von Kindesbeinen an von mir gelernt haben.«
»Es war eine Falle, schon von Anfang an«, erwiderte Isabeau bitter. »Du hast mich dorthin geschickt, wohl wissend, was geschehen würde. Der Augenblick, in dem Jean und ich miteinander verbunden wurden, Blut mit Blut, war der Augenblick, in dem ich sein Todesurteil unterzeichnet habe.«
»Das war dir bewusst.« Ihre Mutter straffte den Rücken und saß nun in königlicher Haltung vor ihr. »Du wusstest, dass wir vorhatten, sie alle abzuschlachten, wenn sie das Geheimnis nicht mit uns teilen würden. Du wirst in heiratsfähigem Zustand zu uns zurückkehren, ohne Abkömmlinge der Deveraux, die dich an sie binden.«
Isabeau richtete sich auf, und ihre Mutter lächelte leicht. »Ach, Maman, ich wollte mich nicht in ihn
Weitere Kostenlose Bücher