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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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helfen, den zu weihen?«, fragte Eli. »Ich mache jetzt nur einen Quickie. Das ganze Brimborium erledige ich später, mit dir und Dad beim Ritual.«
    Jer schüttelte angewidert den Kopf. »Man weiht einen neuen Athame nicht im Wohnzimmer mit der magischen Version des Reader's Digest. Du hast wirklich gar keine Klasse.«
    »Nun ja, kleiner Bruder, wenn es funktioniert...« Er hielt den Dolch in beiden Händen und ratterte Sätze in mittelalterlichem Latein herunter.
    Kopfschüttelnd ließ Jer den Frevler sitzen und ging in den Kraftraum. Er bewegte Arme und Schultern und wärmte sich für eine Runde an den Gewichten auf. Alle Deveraux-Männer machten Krafttraining. Sie hielten sich fit ernährten sich gut und schliefen reichlich. Michael hatte seinen Söhnen diese guten Angewohnheiten eingeimpft. Die Ausübung ihrer Künste konnte einem Mann die Lebenskraft aussaugen, wenn er nicht aufpasste. Ein guter Hexer zu sein, bedeutete auch, dass man für den Körper sorgte, den der Gott einem gegeben hatte.
    Er wollte sich gerade auf die Bank legen, als er seinen Vater in der finsteren, verborgenen Kammer im fauligen Herzen ihres Hauses sprechen hörte. Der Rhythmus der Litanei sagte Jer, dass sein Vater einen Geist beschwor. Das war im Hause Deveraux ein fast alltäglicher Vorgang.
    Manche Jungs schauen Football, wir erwecken die Toten.
    Er schob sich unter die Halterung und packte die Hantelstange.
    Die Stimme seines Vaters wurde lauter und schriller, der Rhythmus stakkatoartig, unterbrochen von lauten Rufen. Neugierig hörte Jer genauer hin.
    Dad streitet mit jemandem.
    Wer auch immer das war, er erwiderte etwas, das ebenfalls ziemlich sauer klang. Jer neigte lauschend den Kopf. Er hatte seinen Vater noch nie mit einem Geist streiten hören. So lief das nicht. Sterbliche beschworen Geister, und die Geister taten, was ihnen befohlen wurde, meistens ohne ein Wort zu sagen.
    Die Sprache hatte einen ganz bestimmten Klang ...
    Das ist Französisch, erkannte er. Vielleicht ist doch ein Mensch da unten. Irgendein Kerl, der dahintergekommen ist, dass mein Vater was mit seiner Frau hat - dann käme ja nur noch halb Seattle in Frage -, und ihm da hinunter gefolgt ist...
    Die Stimmen wurden lauter, der Streit immer hitziger. Jer schloss die Augen und sprach einen Zauber, der sein Gehör schärfen sollte, als Eli mit dem Dolch am Gürtel in den Kraftraum platzte. Er hatte einen frischen Verband am Handgelenk.
    Zumindest besitzt mein Bruder noch genug Respekt, dem Gott sein Blut für die neue Klinge zu opfern, dachte er.
    »He, Blödmann, was ist hier los?«, fragte Eli. »Wer ist da bei Dad?«
    »Ich dachte, er brüllt dich an«, entgegnete Jer gelassen.
    Eli schnaubte. »Ja, klar. Mich brüllt Dad nie an.«
    »Dann weiß ich auch nicht. Vielleicht macht er irgendeiner Hexe einen Kosten Voranschlag für ein neues Bett der Aphrodite.«
    Es gab eine Hexe in Nairobi, die ihren Vater beauftragt hatte, ihr eine neue Villa zu entwerfen, zu der auch ein Raum gehörte, der eigens dazu geschaffen sein sollte, die Lust ihres Gefährten anzuheizen. Aber irgendetwas war schiefgegangen - der gutaussehende, tiefschwarze Zauberer, mit dem sie seit Jahren zusammengelebt hatte, hatte sie darüber informiert, dass er sich in jemand anderen verliebt hatte - einen Mann -, und so hatte er nie in ihrem nagelneuen Bett der Aphrodite geschlafen.
    Achselzuckend hob Jer die Hantel an, streckte die Ellbogen und begann zu stemmen.
    »Zum Teufel mit dir«, sagte Eli beiläufig und verließ den Kraftraum.
    Jers älterer Bruder ging in die Küche. Das schien Jer eine seltsame Idee zu sein, wenn Eli herausfinden wollte, was ihr Vater tat. Die Küche lag noch weiter von der Zauberkammer entfernt als der Kraftraum.
    Neugierig lauschte Jer einen Moment lang, aber er hörte nur die normalen Küchengeräusche - das Klappern eines Tellers, das Summen der Mikrowelle. Das Geschrei von unten war verstummt. Leise legte er die Langhantel zurück in die Halterung und stand von der Bank auf. Seine Brust war
    unter dem T-Shirt schweißnass, und er schauderte in einer plötzlichen Kühle, als er denselben Gang entlanglief, ebenfalls in Richtung Küche. Mit dem Geschick langer Übung vermied er sämtliche knarrenden Dielen. Sein Vater war nicht nur Perfektionist, sondern auch ein Architekt mit guten Verbindungen zu den besten Handwerkern der Stadt. Jer war schon vor langer Zeit zu dem Schluss gekommen, dass sein Vater diese Dielenbretter absichtlich lose verlegt hatte, damit das

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