Hexenkuss
mit seinem Vater, während sie ich im Schlaf beobachten. Ich bin eine Cahors-Hexe, und Holly ist die Mutter meines Zirkels. Holly ist die Stärkste von uns, und sie wollen uns töten, um an das Schwarze Feuer zu gelangen. Jer ist Jean, und er liebt Isabeau, liebt Holly. Eli wird mich heute Nacht töten, und ich muss -
Nicole wachte auf, als sie die Straße entlangrannte.
Was tue ich hier?, fragte sie sich, blieb stehen und taumelte in der kalten Nacht. Hatte ich einen Albtraum? Hat er mich unter Drogen gesetzt? Was zum Teufel sollte das alles?
Sie trug ein kurzes schwarzes Kleid, hohe Blockabsätze und einen Pullover. Ihr Mantel war im Haus der Deveraux, aber dahin konnte sie nicht zurück. Sie zitterte, weil es schneite, aber sie musste hier weg - Was tue ich hier?
- Hilf mir! -
Und Holly sagte zu Silvana, Tante Cecile und Amanda, die den Kreis aufrechterhalten hatten: »Nicole hat sich unserer Seite angeschlossen. Und wenn wir sie nicht sofort da wegholen, wird sie sterben.«
Sie fanden sie in Lower Queen Anne, wo sie ziellos durch Straßen irrte. Sie war halb erfroren, beinahe im Delirium, und sie torkelte wie eine Betrunkene.
Sie war hysterisch, versuchte aber, ihnen alles zu erklären.
»Ich, also, ich bin auf seinem Sofa eingeschlafen. Dachte ich jedenfalls … Und dann habe ich geträumt, dass ich sterben würde, dass er mich umbringen will. Ich bin aufgewacht, als ich die Straße entlanggerannt bin. Oh Gott, ist das irgendeine Drogengeschichte, ein schlechter Trip?«
Amanda räusperte sich und bedeutete Holly, dass sie das Reden übernehmen sollte.
Aber wo soll ich anfangen?
»Also, diese Zauber, die du ausübst? Du weißt schon, bei denen du darum bittest, dass bestimmte Dinge wahr werden?«
Nicole wirkte beunruhigt. »Woher weißt du davon?« Sie hob die Hände und strich sich das Haar glatt.
Dabei fiel Hollys Blick auf Nicoles Handfläche. Ihre Augen weiteten sich. »Woher hast du dieses Brandmal?«
Nicole zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Hab ich seit Halloween.«
»Was für ein Brandmal?«, fragte Amanda, die am Steuer saß.
Sie fuhr rechts ran.
»Schlaft gut, schönes Falkenweibchen.« Michaels Grinsen war die pure Bosheit, als er die Arme vor der Brust verschränkte. Er blickte auf die schwarze Wand vor ihm, und ohne auch nur einen Moment zu überlegen, begann er leise eine Melodie zu summen. Sie war so alt wie seine Magie, seine Magie so alt wie der Gesang. Dies war eine weitere zeitlose Verbindung, die sich nicht so bald trennen lassen würde.
Binnen weniger Augenblicke verschwamm ein Teil der Wand direkt auf der Höhe von Michaels Augen. Der Schimmer war erst violett, dann blau und schließlich silberhell. Immer noch summend, starrte Michael auf den Silberschimmer, der allmählich eine glänzende Struktur annahm. Doch anstelle seines eigenen Bildes sah er in dem provisorischen Spiegel den Hinterkopf eines jungen Mädchens, dessen dunkles, lockiges Haar in dem ansonsten schummrig beleuchteten Haus glänzte.
Michaels Armbanduhr piepste und verkündete die Mitternacht. Die Zeit war gekommen.
Die Gestalt ging auf eine Treppe zu und wollte gerade das Licht einschalten, als Michael ganz gelassen ein Mal blinzelte. Er beendete sein Summen mit einem Ton so abgrundtief wie seine Bosheit. Die junge Frau schnappte nach Luft, und ihr ausgestreckter Arm würde den Lichtschalter nie ganz erreichen. Sie brach auf dem Boden zusammen, eine Hand aufs Herz gepresst.
Michael runzelte die Stirn. Er hatte keinen Herzinfarkt zum Mitnehmen bestellt. Der Zauber hatte dafür sorgen sollen, dass sie die Treppe hinunterfiel, damit das Ganze wie ein gewöhnlicher Unfall aussah. Und stattdessen - was sollte das? Ein Herzinfarkt? Das war längst nicht so glaubhaft. Man würde sich wundern, wenn eine gesunde Achtzehnjährige plötzlich an irgendeinem seltsamen Anfall starb.
Dann drehte sie sich schwach um, und er sah, dass er heute Nacht nicht wie beabsichtigt Holly Cathers getötet hatte. Ihre Augen blieben offen und blickten verwundert in die Ewigkeit.
Die jugendlich-schöne Marie-Claire war in dieser Nacht an Hollys Stelle gestorben.
Was soll's, dachte er. Sie stand auch auf der Liste.
Marie-Claire Cathers-Anderson war tot.
Und das Seltsamste an der Trauer ist, dass deshalb nichts innehält. Tante Cecile flog nach Hause, um ihren Haushalt iin New Orleans aufzulösen, weil sie zurück nach Seattle ziehen wollte. Sie brauchte länger als erwartet, und Silvana kam derweil bei Freundinnen im
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