Hexenkuss
breitete sich ein listiges Grinsen aus. »Wir haben da unsere eigenen hübschen Tricks auf Lager.«
Holly zog die Augenbrauen hoch. »Ach ja?«
Nicole grinste noch breiter, bis ihre Zähne im blassen Schimmer der Straßenbeleuchtung hinter den Autofenstern glänzten. »Ich habe auch ein paar Kleinigkeiten gelernt«, raunte sie, während sie in ihrer Handtasche herumkramte und schließlich einen kleinen Beutel hervorholte, der mit Schnur und einem dünnen schwarzen Band verschlossen war.
»Zum Beispiel von Tante Cecile. Also, ich gehe jetzt raus. Macht ja keinen Mucks.« Sie öffnete langsam die Autotür und schlüpfte hinaus, wobei sie das Dach nicht aus den Augen ließ. Holly und Amanda folgten ihr und ließen die Autotüren vorsichtshalber offen, weil sie fürchteten, selbst das leiseste Klicken könnte die Aufmerksamkeit der Seelensauger erregen.
Sobald Holly draußen stand, fühlte sie sich lächerlich schutzlos. Plötzlich dachte sie voller Angst daran, dass die pechschwarzen Geschöpfe in etwa dreißig Metern Entfernung sie irgendwie sehen könnten, sie spüren, vielleicht sogar riechen könnten. Diese Dinger waren einfach abscheulich und grauenerregend, noch viel schlimmer als Messer, die am helllichten Tag in einem Drogeriemarkt herumflogen - da hatte sie zumindest sehen können, was auf sie zukam, und ihr war klar gewesen, was es für Schaden anrichten konnte. Aber die da... Sie konnte ein Schaudern nicht unterdrücken.
Nicoles Finger lösten geschickt den Knoten, der den kleinen Beutel oben verschloss. Als sie sprach, war ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern im Wind.
»So schwarz die Schatten in der Finsternis,
Höret, wir locken das Böse zum Biss.
Lenkt sie auf die Wesen, die wir jetzt erwecken,
Und morgens sich wieder in der Erde verstecken.«
Als das letzte Wort von Nicoles Lippen kam, schwenkte sie den Beutel in einem weiten Bogen von links nach rechts vor ihnen durch die Luft. Schwarzes Pulver flog heraus und glitzerte kurz in der Luft wie fein zermahlener Obsidian. Als es lautlos zu Boden gesunken war, nahm Nicole die beiden anderen bei den Ellbogen und schob sie zurück zum Auto. »Einsteigen«, befahl sie. »Schnell!«
»Was hast du da gemacht?«, fragte Amanda. »Was war das?«
Nicole grinste erneut und zeigte durch die Windschutzscheibe nach draußen. »Schaut!«
Holly und Amanda blickten in die angezeigte Richtung und starrten aus dem Fenster. Zunächst sahen sie im Dämmerlicht gar nichts, doch dann begann der Boden zu zucken. Nicht allzu heftig und nicht überall - nur eine Erhebung hier, ein Kreis unter den Büschen dort, ein vages Zittern direkt am Weg. Insgesamt sahen sie etwa ein Dutzend Stellen bebenden Bodens.
»Was ist das?«, fragte Holly. »Was -«
»Oh, wie eklig«, stöhnte Amanda plötzlich. »Nicole, das ist widerlich.«
»Aber nützlich«, entgegnete Nicole ungerührt.
Sie hatten am Straßenrand geparkt, und ganz in der Nähe des Autos zog sich ein halb verwestes Kaninchen aus einem Loch, das sich in der Erde am Fuß eines Baumes auftat. Sie sahen zu, wie immer mehr kleine Tiere, traurig und tot, sich aus ihren Gräbern wühlten - ein Spatz mit einem verstümmelten Flügel, ein verfaulender Frosch, ein winziges Eich- hörnchen-Baby, das seinen ersten Ausflug nicht überlebt hatte. Und binnen Sekunden wanden sich die widerwärtigen schwarzen Schatten an der Hauswand hinab und bedeckten die wiederbelebten kleinen Kadaver.
»Es steht nirgends geschrieben, dass Seelensauger einen Menschen als Träger bräuchten«, stellte Nicole gelassen fest. »Oder dass ihr Transportmittel auch nur lebendig sein müsste. Sie nehmen einfach das Erstbeste, was sich bewegt. Sie können ihren Träger nicht beherrschen, und wenn sie sich erst daraufgesetzt haben, hängen sie fest, bis ihr Träger stirbt und sich nicht mehr bewegt oder bis sie ihr Ziel finden.« Sie zuckte lässig mit den Schultern, doch es war offensichtlich, dass sie sehr zufrieden mit sich war.
»Diese kleinen Wildtiere werden wahrscheinlich nicht in Tommys Haus hineinspazieren - sogar im Tod werden sie instinktiv fliehen und sich verstecken. Und der Zauber schickt sie bei Sonnenaufgang in die Erde zurück.«
»Wow«, sagte Holly, angemessen beeindruckt. »Das ist fantastisch.«
»Danke«, entgegnete Nicole. »Los, kommt - holen wir unseren Freund.«
Sie stiegen aus dem Auto, und ihr Instinkt beharrte darauf, dass sie sich weiterhin leise und vorsichtig verhalten mussten. Winzige Gestalten, wie in dicke,
Weitere Kostenlose Bücher