Hexenlicht
Sie mitten in den Ermittlungen einen Tag frei bekommen konnten.«
Zwar äußerte sie es in einem beiläufigen Ton, aber sie hatte eine Menge darüber nachgedacht. Sie hätte Macmillan für einen Workaholic gehalten, und sollten Mordermittler in Zeiten wie diesen nicht grundsätzlich Tag und Nacht im Dienst sein?
Er wurde ernst. »Ehrlich gesagt, war ich heute krank – aber nichts Ansteckendes.«
Sie bemerkte, dass seine Ohrspitzen rot wurden. Er verschwieg ihr etwas. »Ist alles okay?«
»Ja, mir ging es schon besser, als ich Sie anrief, also ist es wohl überstanden. Im Moment jedenfalls fühle ich mich bestens. Vielleicht hat mir das Ausruhen gutgetan.«
Er stand so nahe bei ihr, dass sein Atem über ihre Wange wehte, was Holly das Denken erschwerte. »Tja, ich hoffe, ich kann Ihnen die Hilfe bieten, die Sie sich von mir erwarten.«
Sein Lächeln war zum Dahinschmelzen. »Das hoffe ich auch.«
Okay, er sagte, er wolle über etwas Persönliches reden, aber wie persönlich war das gemeint?
In der Küche klapperte Alessandro laut mit Töpfen, was den Moment ruinierte. Holly nutzte die Gelegenheit, um sich im Zimmer umzusehen. Alles sah belebt und für einen Junggesellen sehr ordentlich aus. Alte und neue Möbel mischten sich zu einem gemütlichen Mix, und den Büchern und Magazinen nach zu urteilen, hatte Macmillan sehr breit gefächerte Interessen, angefangen bei Bergsteigen bis hin zu UFO s. Auf dem großen Fernseher standen gerahmte Photos von seiner Familie, Freunden und einem grinsenden schwarzen Labrador. Ein Bild zeigte Macmillan, der eine Polizeiauszeichnung verliehen bekam. In Uniform sah er auch gut aus.
Alessandro brachte ein Tablett mit Weingläsern herein, und mit ihm strömten köstliche Essensdüfte in das Zimmer. Holly lief das Wasser im Mund zusammen, wohingegen Alessandro ein bisschen grün um die Nase war. Vampire konnten starke Essensgerüche nicht leiden.
Macmillan wies zur Couch und den Sesseln. »Das Essen braucht noch ein paar Minuten. Wollen wir uns setzen?«
Der Detective hatte eindeutig vor, sich neben Holly zu setzen, wozu es nicht kam. Mit lässiger Eleganz machte Alessandro es sich auf der Couch bequem, die Macmillan ansteuerte, und nahm mit seinen langen Beinen Raum für drei ein. Einen Arm streckte er auf der Couchlehne aus, so dass der Seidenstoff seines Ärmels hübsch zur Geltung kam. Als er mit unschuldigem Blick zu dem Detective aufsah, umspielte ein provokantes Lächeln seine Lippen.
Macmillan und Holly setzten sich auf die beiden Sessel, zwischen denen reichlich Abstand war. Holly war amüsiert, schlug ein Bein über das andere und ließ auf diese Weise einen ihrer hochhackigen Schuhe reizvoll in der Luft baumeln. »Ihr zwei habt die Party also schon ohne mich angefangen. Dürfte ich erfahren, auf welchem Stand wir beim großen Informationsaustausch sind?«
Alessandro faltete die Hände lose auf seinem Bauch. »Ich wollte gerade über die Maus reden. Sie ist, ob ihr es glaubt oder nicht, ausschlaggebend für diese Morde. Zumindest wäre das meine Theorie.«
Macmillan sah ihn skeptisch an. »Na schön, jetzt bin ich neugierig. Eine Maus?«
Holly neigte ihren Kopf zur Seite und beobachtete die beiden Männer. Macmillan blinzelte nicht einmal. Ja, der Detective hatte offenbar starke Nerven. Die meisten Männer ließen sich von einem Vampir einschüchtern, erst recht von Alessandro.
Letzterer winkte mit einer Hand ab und sah den Detective prüfend an. »Was wissen Sie über Eingänge zur Hölle?«
Holly bemerkte, wie Macmillan sich anspannte. »Ich glaube, es gibt einen, der direkt an meinem Büroschreibtisch herauskommt.«
»Wir scherzen nicht.«
»Zur Hölle, ja?« Macmillan lachte kurz auf. »Soll ich etwa demnächst den Teufel verhaften?«
»Nein, nein, es geht nicht um die Hölle im landläufigen Sinn!«, korrigierte Holly. »Nicht die Feuer-und-Schwefel-Geschichten. Der Ort, den wir meinen, wird ›die Burg‹ genannt. Es handelt sich um ein Gefängnis, das für Dämonen gebaut wurde.«
»Wir reden also über ein Gefängnis, nicht über die Hölle?«
Holly wollte antworten, doch Alessandro kam ihr zuvor. »Ewige Gefangenschaft ohne Hoffnung oder Zukunft. Haben Sie einen besseren Namen dafür?«
Mac überlegte. »Okay, na gut. Was hat diese Hölle, ob Gefängnis oder Burg oder sonst was, mit einer Maus zu tun?«
Nachdem Holly und Alessandro sich angesehen hatten, erzählten sie ihm abwechselnd von dem Portal in Hollys Haus. Anschließend berichtete
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