Hexenmacht
angesetzt.
"Haben Sie herausgefunden, was Sie wollten?", fragte sie dann.
"Nun, wenigstens hat mein Kollege einen schönen Sonnenuntergang fotografiert!", erwiderte ich und ließ sie damit auf Granit beißen.
Schließlich ließ sie uns in Ruhe.
In dieser Nacht ging ich früh schlafen. Die frische Luft schien ein übriges dazu beigetragen zu haben, dass ich mich ziemlich müde fühlte.
Ich schlief rasch ein.
In jener Nacht hatte ich einen seltsamen Traum.
Ich stand am Strand und blickte hinaus auf des Meer. Das Boot, das mir bereits am Vortag weit draußen am Horizont aufgefallen war, schien sich jetzt langsam aber sicher auf die Küste zuzubewegen.
Das Meer war spiegelglatt.
Der Wind hatte sich vollständig gelegt.
Ich versuchte zu erkennen, wer sich auf dem Boot befand, konnte es aber nicht.
Eine furchtbare Unruhe erfasste mich, denn im Grunde meine Herzens hatte ich das Gefühl, die Gestalt auf dem Boot zu kennen. Ich sah diese Gestalt nur als dunklen Umriss. Das Boot kam näher. In regelmäßigen Abständen wurden die Ruderblätter ins Wasser getaucht.
Im Traum lief ich so nahe wie möglich ans Wasser heran.
Aber den Ruderer sah ich nur von hinten. Ich zermarterte mir das Hirn. Du kennst ihn!, hämmerte es in mir. Du weißt, wer er ist...
Ein Kloß saß mir im Hals und ich fühlte mein Herz wie wild schlagen. Ich hatte auf einmal das Gefühl zu frieren.
Dann drehte der Ruderer den Kopf.
Ich blickte in ein bleiches, ungeheuer faltenreiches Gesicht mit aufgesprungenen, dünnen Lippen.
Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag vor den Kopf.
Natürlich hatte ich dieses Gesicht schon gesehen, und zwar in jenem Augenblick, als ich das Zugabteil betreten hatte, in dem Sir Gilbert verstorben war...
Schweißgebadet erwachte ich und saß schon in der nächsten Sekunde kerzengerade in meinem Bett.
Eine Gänsehaut hatte meinen gesamten Körper überzogen und ich zitterte.
Der Traum war von unglaublicher Intensität gewesen und ich war mir eigentlich sicher, dass es einer jener Träume war, in denen sich das zeigte, was Tante Lizzy meine Gabe zu nennen pflegte.
Ich versuchte tief durchzuatmen und mich einigermaßen zu beruhigen. Ich begann mich zu fragen, was dieser Traum wohl zu bedeuten hatte, denn dass er etwas zu bedeuten hatte, stand für mich in diesem Moment außer Frage.
Aber es war alles noch so verworren.
Was hatte dieser geheimnisvolle Ruderer mit dem Tod von Sir Gilbert zu tun?
Ich stand auf, tapste barfuß und im Nachthemd zu dem klobigen Kleiderschrank, in dem ich meine Sachen verstaut hatte und holte einen langen Pullover hervor, den ich überzog. Ich brauchte dabei kein Licht zu machen. Die Helligkeit, die von draußen hereinkam genügte völlig, um sich zu orientieren.
Auf dem Rückweg zum Bett blieb ich am Fenster stehen.
Der Mond stand hinter wabernden Nebelschwaden, die sein Licht auf eigentümliche Weise streuten. Auf diese Weise lagen der Glenmore und der Hafen in einem gespenstisch wirkenden fahlen Licht, das die ganze Szenerie aussehen ließ, als sei sie aus einem Alptraum entliehen.
Der Nebel wird dichter!, ging es mir durch den Kopf. Man konnte bereits nicht mehr besonders weit auf das Meer hinausblicken.
Und dann glaubte ich für einen Moment, meinen Augen nicht zu trauen!
In den Nebelschwaden, die über die glatte Oberfläche des Meeres waberten, glaubte ich den Umriss eines Ruderbootes zu sehen, in dem sich eine düstere, nur als Schattenriss sichtbare Gestalt befand...
Ich hielt den Atem an.
Das Boot schien sich im Nebel zu verlieren. Einen Moment später konnte ich es nicht mehr erkennen. Ich öffnete das Fenster, um besser hinausblicken zu können.
Ein kalter Hauch schlug mir entgegen. Mein Blick versuchte, den Nebel zu durchdringen. Und dann sah ich das Boot in der Nähe eines der Landungsstege wieder auftauchen.
Ich schluckte.
Handelte sich vielleicht doch nur um einen Fischer, der die Stunden nach Mitternacht für einen guten Fang nutzen wollte?
Aber weshalb hatte ich dann von ihm geträumt und weswegen hatte ich im Traum sein Gesicht gesehen...
Ein Gesicht, das mir wohlbekannt war!
Ich musste sichergehen.
Ich zog mir ein paar Turnschuhe über die nackten Füße un suchte nach meiner Taschenlampe, die ich noch in meiner Reisetasche verstaut hatte. Dann nahm ich meinen Zimmerschlüssel und lief hinaus, erst den Flur entlang, dann die Treppe hinunter und quer durch den Schankraum.
Die Tür, die ins Freie führte, war nicht verschlossen.
Offenbar schien man
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