Hexenmacht
in einem so einsamen Ort wie Glenmore nicht mit Einbrechern zu rechnen. Ich trat hinaus in die Nacht. Die Kälte war feucht und durchdringend.
Mir fröstelte.
Ich lief in Richtung des Landungsstegs, wo ich das Boot zuletzt gesehen hatte. Furcht fühlte ich in mir aufsteigen, eine unbestimmte Angst vor dem, was mir dort begegnen konnte. Aber ich war entschlossen, mich von diesem Gefühl nicht gefangennehmen zu lassen.
Ich war ziemlich außer Atem, als ich den Hafen mit den Stegen erreichte.
Nichts zu sehen.
Zu spät!
Ich ging den Steg entlang, an dem ich das Boot zuletzt gesehen hatte.
Schließlich hatte ich das Ende des Stegs erreicht und blickte suchend in den dichter werdenden Nebel.
In einiger Entfernung glaubte ich, einen dunklen, schattenhaften Umriss erkennen zu können. Aber ich war mir nicht sicher. Auch der Lichtkegel meiner Lampe brachte keine Klarheit.
Einige Augenblicke lang blieb ich noch dort am Ende des Stegs stehen.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und fror. Welchem mysteriösen Traumgespinst war ich da nur erlegen? Ich wandte mich zum Gehen. Der Mond war sehr hell und wirkte wie das große Auge eines unbekannten dämonischen Wesens, das auf mich herabblickte.
Ich ging zurück zum Ufer und hatte dabei den Strahl meiner Taschenlampe auf den schmalen Steg gerichtet, um nicht aus Versehen daneben zu treten.
Nach wenigen Schritten blieb ich abrupt stehen und starrte wie gebannt auf die Bretter zu meinen Füßen.
Zitternd kniete ich nieder.
Wenn mich nicht alles täuschte, dann war das, was ich da sah, nichts anderes, als ein frischer Blutfleck.
*
Die durchdringende Kälte ließ mich zittern, als ich wieder das Glenmore Inn erreichte. Ich öffnete die Tür. Es knarrte.
Im Schankraum war es ziemlich dunkel.
"So spät noch da draußen?"
Die sonore Stimme ließ mich herumwirbeln.
Die Gestalt hinter dem Schanktisch hatte ich nicht gesehen. Es war niemand anderes als Mr. Walsh.
"Haben Sie mich aber erschreckt!", sagte ich.
Mr. Walshs Ton blieb kühl.
"Das tut mir leid", erwiderte er.
"Ich konnte nicht schlafen. Deswegen war ich da draußen."
Er trat hinter dem Tresen hervor und musterte mich mit einem durchdringenden Blick. Das Mondlicht erhellte sein Gesicht und ließ es bleich erscheinen. Es wirkte starr und maskenhaft. Nur in seinen Augen flackerte etwas. Ich glaubte zu erkennen, was es war.
Furcht.
"Haben Sie da draußen etwas..." Er brach ab und schien nach dem richtigen Wort zu suchen.
Ich sah Mr. Walsh an und konnte nur mit Mühe mein Erstaunen verbergen.
Er hat den Ruderer auch gesehen! wurde es mir schlagartig klar und diese Erkenntnis ließ mich schlucken. Er hat ihn gesehen und weiß vermutlich auch, wer er ist...
"Was meinen Sie?", fragte ich scheinbar ahnungslos. "Was hätte ich sehen können?"
"Nichts", murmelte Walsh. Aber ich wollte nicht, dass er sich jetzt einfach zurückzog. Er wusste etwas über diese geheimnisvolle Erscheinung und wenn ich mich geschickt verhielt, würde er mir vielleicht ein bisschen davon verraten.
"Gute Nacht, Mr. Walsh", sagte ich und wandte mich zur Treppe. Als ich den Fuß auf die erste Stufe gesetzt hatte, drehte ich mich noch einmal zu ihm herum. "Ach, sagen Sie, fahren um diese Zeit noch Boote hinaus?"
"Boote?", echote Walsh und der besondere Unterton in seiner Stimme verriet mir, dass ich genau richtig gelegen hatte.
"Ja."
"Haben Sie eines gesehen?" Walsh trat auf mich zu und fasste mich ziemlich grob bei den Schultern. "Sagen Sie schon, haben Sie ein Ruderboot gesehen?"
"Ja."
"Hat es angelegt?"
"Warum ist das so wichtig?"
Er ließ mich los und atmete tief durch. "Tut mir leid", murmelte er.
"Wer ist der Kerl, der da draußen im Nebel herumrudert? Ich glaube, dass Sie es wissen!"
"Mein Gott", flüsterte Walsh nur. "Es beginnt wieder..."
"Was beginnt?"
"Gehen Sie schlafen, junge Frau! Und im übrigen wäre es das beste für Sie, wenn Sie hier so schnell wie möglich wieder verschwinden würden..."
*
"Genau hier war es!", sagte ich am nächsten Morgen zu Jim.
Ich hatte ihn dazu überredet, noch vor dem Frühstück mit mir zu jenem Bootssteg zu gehen, auf dem ich den Fleck gesehen hatte. Ich deutete auf eine ganz bestimmte Stelle auf den Brettern. "Hier! Getrocknetes Blut! Und gestern war dieser Fleck frisch!"
Jim machte ein skeptisches Gesicht.
"Das könnte alles mögliche sein", meinte er dann zweifelnd.
"Es ist Blut!", beharrte ich.
"Genaues könnte nur eine entsprechende Analyse ergeben,
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