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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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und sah Arved scharf an.
    »Ich muss jetzt gehen«, meinte Arved. »Ich denke
über dein Angebot nach und vielleicht komme ich ja auf dich
zurück.«
    »Das will ich hoffen.«
    Arved ließ Ulrich bei den Computern zurück und ging in
Richtung Rolltreppe. Er spürte die Blicke des Priesters in
seinem Rücken. Rasch verließ er die Buchhandlung und lief
nach Hause. Bestimmt würde es nicht lange dauern, bis der Anruf
kam.
    Er kam nach einer Stunde. Die Stimme am Telefon war seltsam
unkörperlich, zugleich rauchig – und weiblich und
unglaublich verführerisch. »Wir bedanken uns für Ihre
Mail und freuen uns, dass Sie uns etwas verkaufen möchten«,
sagte sie. »Worum handelt es sich?«
    Arved hatte sich vorgenommen, so weit wie möglich mit offenen
Karten zu spielen. »Um das Grimorium Nigrum. Es hat einen
Besitzvermerk von Ludwiga Bohnum und dazu ihre handschriftlichen
Anmerkungen zu einigen der beschriebenen Rituale.«
    »Woher haben Sie unsere E-Mail-Adresse?«
    »Von einem gemeinsamen Freund. Mehr kann ich hier und jetzt
nicht sagen.« Arved kam sich sehr professionell vor. Hoffentlich
hörte die Frau nicht das Zittern in seiner Stimme.
    »Was soll das Buch kosten?«
    »Viertausendeinhundert Euro.«
    Kurzes Schweigen am anderen Ende. Arved hörte, wie eine der
Katzen im Streu ihrer Toilette scharrte. Es war ein beharrliches,
unangenehmes Geräusch, das ihn in seiner Konzentration
störte. Das Scharren ekelte ihn.
    Er hörte nur undeutlich, wie die Frau sagte: »In
Ordnung. Soll ich das Buch abholen kommen?«
    »Nein, nein«, beeilte sich Arved zu sagen. Er wollte
keinen dieser Teufelsanbeter in seinem Haus haben, auch nicht, wenn
er beziehungsweise sie eine so verführerische Stimme hatte.
»Schlagen Sie einen Treffpunkt vor.«
    Wieder kurzes Schweigen. Dann: »Kennen Sie das Weinfelder
Maar bei Daun?«
    Wieder scharrte es unüberhörbar. Arved erinnerte sich,
einmal dort gewesen zu sein. Nicht weit von der Straße nach
Gillenfeld und Manderscheid entfernt lag eine einsame Kapelle
oberhalb eines wunderbaren Maares. Ein noch immer benutzter Friedhof
umgab das winzige Gotteshaus; Arved hatte diesen Ort wie aus der
wirklichen Welt herausgehoben empfunden. »Ja.«
    »Morgen Abend um acht Uhr.« Am anderen Ende wurde
aufgelegt.
    Arved atmete tief durch. Er spürte, wie seine Knie zitterten.
Lilith und Salomé kamen zu ihm und strichen ihm um die Beine,
als wollten sie ihm Mut zusprechen. Er bückte sich und
streichelte beide. Sie schnurrten und ließen es gern geschehen,
bevor sie wie auf Kommando beide umdrehten und wieder verschwanden
– wohin, wussten nur sie. Manchmal sah Arved sie stundenlang
nicht. Er verstand diese Tiere nicht.
    Er ging zurück ins Wohnzimmer und holte das Grimorium
Nigrum aus dem Vitrinenaufsatz des Sekretärs. Er war froh,
das Buch loszuwerden, doch er wollte es gegen etwas viel
Schrecklicheres eintauschen.
    Wirklich?
    Magdalena hatte sich nicht mehr gezeigt. Vielleicht hatte Thomas
Recht und es war alles psychologisch zu erklären. Vielleicht
befand er sich auf dem Weg der Besserung. Sollte er wirklich dieses
Risiko eingehen und sich Teufelsanbetern anvertrauen?
    »Ja.«
    Er fuhr zusammen. Wer hatte da gesprochen?
    Eine der Katzen kam aus den Schatten wie aus dem Nichts. An den
winzigen silbernen Härchen sah er, dass es Lilith war. Sie hob
den Kopf und sagte mit Magdalenas Stimme: »Geh den Weg weiter.
Er ist noch lang. Ich vertraue auf dich. Du musst mir helfen.«
Während Lilith das Maul bewegte, quoll etwas daraus hervor. Es
war ein fetter, glänzender Wurm. Er fiel mit einem schmatzenden
Geräusch zu Boden und schlängelte sich unter den
Sekretär.
    Arved stand wie angewurzelt da. Er wagte kaum mehr zu atmen. Er
hatte gehört, dass man im Delirium solche Dinge sah. Sich solche
Dinge einbildete. Er fühlte sich, als stehe er nicht mehr in der
Welt, die er gekannt hatte. Als sei er – verrückt geworden.
Verrückt…
    Er atmete tief durch, machte einen Schritt nach vorn, dann zwei,
erreichte die Kommode, hielt sich an ihr fest, bückte sich und
schaute im ungewissen Licht der Deckenlampe unter dem
Möbelstück nach.
    Nichts außer Schatten – und Lilith. Sie fraß
etwas. Jetzt hörte er sie schmatzen. Vielleicht war es nur eine
Riege.
    Er hob wieder das Buch auf und dachte nach. Wenn er es mitnahm und
überwältigt wurde, hatte er kein Druckmittel mehr. Aber er
musste beweisen, dass es in seinem Besitz war. Da halfen nur ein paar
Fotokopien.
    Er steckte das Buch ein und ging wieder

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