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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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du
sterben.«
    Klar, hätte Arved beinahe gesagt. So etwas sagen die
Bösewichte immer, wenn’s spannend werden soll. Aber
irgendwie nahm er dieser Stimme ab, dass sie Ernst machen würde,
wenn es darauf ankam.
    Die sechs schwarzen Gestalten zogen sich wieder – je zu zweit
– aus der Kirche zurück, nachdem sie ihre Utensilien samt
der Räucherpfanne und dem Brenneisen mitgenommen hatten. Kurz
bevor sich die letzten beiden durch das Turmportal entfernten, drehte
sich einer der Schatten um. Es war wieder die Frau.
    »Noch etwas«, sagte sie. »Fast hätte ich es
vergessen. Wir nehmen für die Beschwörung kein Kind, aber
auch keinen Hahn. Wir brauchen zwei andere schwarze Tiere. Ich
weiß, dass du zwei Katzen hast. Bring sie mit.«
    »Das geht nicht!«, wehrte sich Arved spontan und
streckte beschwörend die Hände aus.
    »Es muss gehen. Sonst war für dich alles
umsonst.«

 
23. Kapitel
     
     
    Die ganze Nacht hielt ihn die Brandwunde wach. Trotz der Salbe
pochte und schmerzte das Bein höllisch. Er drehte sich immer
wieder um, überlegte kurz, ob er damit ins Krankenhaus gehen
sollte, aber die unvermeidlichen Fragen wären ihm zu lästig
gewesen. Jede Stunde schlich er nach nebenan ins Badezimmer und
kühlte den Schenkel. Dabei untersuchte er das Zeichen immer
wieder. Es war tatsächlich ein Pentagramm mit einer kleinen 666
darin. Wie einfallsreich, dachte Arved. Und wie peinlich. Sein
Jackett hatte er bereits weggeworfen.
    Am frühen Morgen wäre er beinahe über Lilith und
Salomé gestolpert, als er aus dem Bad kam. Er streichelte die
beiden kurz, humpelte hinunter und gab ihnen zu fressen. Er
beobachtete sie, wie sie nebeneinander vor ihren Näpfchen
hockten, die Schweife überkreuzt, und laut knurpselnd und
schnurrend ihr Frühstück einnahmen. Ihn wunderte immer
wieder, dass sie zugleich fressen und schnurren konnten. Sollte er
sie wirklich für die Beschwörung opfern? Die ganze Nacht
hatte er darüber nachgedacht. Er wäre nicht nur sein Erbe
los, wenn er die Katzen dem Tierarzt nicht mehr vorweisen konnte, er
ertrug auch den Gedanken nicht, dass sie seinetwegen sterben mussten.
Nicht seinetwegen, berichtigte er sich. Wegen Magdalena Meisen.
    Als ob die Tiere seine Gedanken gelesen hätten, wandten sie
sich gleichzeitig zu ihm um und schauten ihn vorwurfsvoll an. Er
ließ sie in der Küche allein und ging wieder nach oben.
Als grün gefiltertes Sonnenlicht zaghaft durch das Zimmer
schlich, schlief er endlich ein.
    Kurz vor Mittag erwachte er. Das Bein schmerzte nicht mehr; die
Brandwunde verheilte bereits. Er reckte und streckte sich und rieb
sich die Augen. Sein kurzer Schlaf war erholsam gewesen.
    Den Anruf der Satanisten erwartete er nicht vor dem Abend, denn
wer hätte je von einer Teufelsbeschwörung im hellen
Tageslicht gehört? Arved musste lächeln. Diese Leute waren
so theatralisch und so einfallslos. Während er sich frische
Wäsche aus dem Schrank holte, dachte er darüber nach, ob
sie wirklich gefährlich waren. Zumindest für Katzen und
andere unglückliche Tiere, die im Ruf standen, dem Satan
anzugehören. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie
tatsächlich die Tür zur Anderswelt aufzustoßen
vermochten. Keuchend zog er frische Strümpfe an. Als er ein Bein
über das andere schlug, zog es noch einmal in der Wunde.
    Sie war für alle Zeiten gut erkennbar. Wenigstens hatte Arved
nicht die Angewohnheit, ins Schwimmbad zu gehen oder kurze Hosen zu
tragen. Er schlüpfte in ein reines, blütenweißes Hemd
und eine schwarze Hose, doch als er sein letztes schwarzes Jackett
aus dem Schrank nehmen wollte, hielt er kurz inne, überlegte es
sich anders und zog stattdessen die leichte, cremefarbene Windjacke
an. Statt der schwarzen Schuhe entschied er sich für Sandalen,
denn draußen schien es schon recht warm und frühlingshaft
zu sein. Als er an einem überladenen Rokokospiegel im Korridor
vorbeikam, erkannte er sich kaum wieder. Aber es gefiel ihm, was er
da sah. Er verließ das Haus, holte den Bentley aus der Garage
und fuhr zu Lioba Heiligmann.
    Auf dem Weg bemerkte er zum ersten Mal bewundernde Blicke.
Allmählich fügte er sich in sein neues Leben, auch wenn ein
gewisses Gefühl der Hochstapelei und Fremdheit geblieben war. Er
musste einen Bogen um die Fußgängerzone der Innenstadt
fahren, bis er endlich von der Metzelstraße aus in die
Johannisstraße einbiegen konnte, deren Verlängerung die
Krahnenstraße war. Unmittelbar gegenüber vom Haus der
Antiquarin war ein Platz frei.

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