Hexensabbat
mehr zum Haß als zur Liebe neigt. Stechend und widerwärtig ist uns schon der Blick manches Menschen, verletzend sein Ton, schwache Naturen können schon durch diese der Krankheit nahe kommen. Also ist es auch nicht ganz vernunftwidrig anzunehmen, daß der feste Vorsatz verdorbener, lasterhafter Menschen auf die reine Natur verderblich wirken könne, vorzüglich wenn diese sich nicht dagegen wahrt und dem Feinde keine Vorsicht entgegensetzt. Will der Rechtgläubige diese Wirkung, die eine unsichtbare ist, durch Geister geschehen lassen, so kann der Zweifler auch gegen diesen Ausdruck, der dann für Willenskraft steht, nicht viel einzuwenden haben. Das Geheimnis ist aber, daß wir wohl beständig von Geistern und Engeln umgeben sind, die uns schützen und bewahren, die sich, wenn wir tugendhaft wandeln und heilig denken, in unsrer Nähe wohl befinden, und uns selbst durch ihre Lieblichkeit läutern und verklären. Die Schrift lehrt uns, daß Engel, und die mächtigsten, glänzendsten, gefallen sind; ihr Bestreben kann nur Gott und seinen Kräften sich entgegenrichten, ihnen kann nur wohl sein, wenn der Mensch, das Ebenbild Gottes, sich verfinstert, denn der geschaffene freie Mensch kämpft alsdann dem Licht und dem Himmel entgegen; und diese gefallenen Engel sollten sich nicht mit dem bösen, gottlosen Gemüte vereinigen können, und das schon gesättigte Herz mit Bosheit übersättigen? dem Sterblichen scheinbar zu Diensten sein, um ihn zu beherrschen? Wer das Bessere glauben kann, muß nicht mit bloßem Zweifel und eigensinniger Willkür das Schlimmere leugnen wollen. Uns ist Flöte und Schalmei Organ für unsere Melodie und Musik, und wir Menschen sind auf ähnliche Art Organ für die Geisterwelt.
Mit dem Küster entfernte sich jetzt der Dechant Marck, und beide wollten für die alte Gertrud Sorge tragen. Die Gesellschaft begab sich nun in die Kühle des Gartens, und Friedrich benutzte die Gelegenheit, um seiner Freundin Catharina in einen Seitengang zu folgen, der sie von der übrigen Gesellschaft etwas absonderte. Ihr seht nicht wohl aus, mein junger Freund, begann die Frau; Ihr warfet mir vorher so zornige Blicke zu, daß ich vor ihnen erschrecken mußte.
Ich bin Euch gefolgt, sagte Friedrich, um Abschied von Euch zu nehmen. Ihr hättet mir ja, da Ihr mir schon so viel vertrautet, auch das hauptsächlichste Geheimnis enthüllen können, und Euer Wesen, das mir so unverständlich erscheint, wäre mir dann wohl klar geworden.
Ich verstehe Euch nicht, sagte Catharina; könnt Ihr Euch nicht deutlicher machen?
Nun gut, versetzte Friedrich bitter, ich will es versuchen. Warum habt Ihr es mir verschwiegen, daß Ihr mit dem Dechanten in einer geheimen vertrauten Verbindung lebt? Meine Warnung, die ich Euch neulich so gutmütig geben wollte, erscheint mir jetzt lächerlich, und wie müßt Ihr in Eurem Herzen meine kindische Einfalt verhöhnt haben. Das also ist die kurze Lösung des Rätsels, warum Ihr mein Herz und meine Hand verschmäht. Die Ehe dünkt Euch zu fesselnd und grausam, und Ihr findet ein Glück in einer leichter zu lösenden Verbindung mit diesem gewandten und zweideutigen Geistlichen.
Catharina ließ sich ermüdet auf einen Rasensitz nieder und sagte mit matter Stimme: Friedrich, seit ich Euch neulich mein Herz ganz eröffnet habe, geht Ihr recht geflissentlich damit um, mich zu zerreißen und zu zerstören. Ich könnte fragen: wer gibt Euch das Recht, so mit mir zu sprechen? Das will ich nicht, ich frage nur: was berechtigt Euch zu diesem ganz unwürdigen Verdacht?
Friedrich blickte sie scharf an und sagte: Die auffallende Art, mit welcher Ihr Euch vorhin aus der Gesellschaft mit ihm ins Fenster zurückzoget, dort das eifrige, leidenschaftliche Gespräch, Eure brennenden Blicke, seine Röte, das Zittern Eurer Hand, welches ich wohl bemerkte, alles dieses muß ja jeden Zweifel in meiner Brust zerstören, wenn ich auch gern noch zweifeln wollte.
Catharina trocknete ihre Tränen und sagte: So müßt Ihr denn erfahren, was ich Euch verschweigen wollte, um Euer aufgeregtes Gemüt nicht noch mehr zu reizen. Euer Argwohn gegen den Dechanten Marck war nur zu gegründet, er hat mir frech, mit vielen Worten, vor kurzer Zeit eine unwürdige Leidenschaft bekannt, und wir trennten uns in Zorn. Ich war sichtlich verstimmt, daß er es heut von neuem wagte, unsre Gesellschaft zu besuchen; ich konnte meinen Widerwillen gegen diesen Mann zu wenig verhehlen. Er führte mich beiseite um mich um Mäßigung zu bitten.
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