Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
Vom Netzwerk:
lieblichsten und blühendsten Gemälde unsers herrlichen Johannes von Eyck damit vergleichen könnte. Neben den Geheimnissen der Sage, der Zauberei, der Religion und Liebe webt sich auch noch das Wunder der Feen hinein, die Göttinnen genannt werden, und auch in Liebe mit diesem oder jenem Helden verbunden sind. Diese Artusgedichte sind die ausgeblumte Frühlingspracht der Welt und Poesie, und nichts, nichts darf sich mit ihnen vergleichen.
    Wie schön waren jene Tage, sagte Frau Catharina mit anmutiger Trauer, als Ihr mir damals die schönen Sachen vorlaset und erklärtet. Man konnte so ganz die jetzige rohe Welt vergessen, ihre Kriege und Zerstörungssucht, die Frechheit des Soldatenstandes und den Verrat der Großen.
    Ach! rief Labitte aus, in der Wirklichkeit sah es auch nicht immer artig aus, in jener Zeit, wo diese Gedichte galten; denn wo ein Ezzelin regierte, wo ein Carl von Anjou geizte und grausamte, waren vom Baume der Zeit eben keine lieblichen Früchte zu brechen. Aber was die Menschen Gedicht, Sage, Phantasie nannten, das war von Himmelsheiterkeit durchwebt. Wie listig und schalkhaft sind die vielen Zauberpossen, die selbst in den großen, würdigen Gedichten erzählt werden! Da ist so ganz die Bosheit des Teufels, das Satanische der Höllengeister vergessen, daß auch das Schlimme sich nur wie eine seltsame, wunderliche Gestalt in den bunten Reigen der edlen Tanzenden springend mitbewegt. Die Menschenart war eine edlere, das Jahrhundert ein geläutertes, es bedurfte nicht des Grausens, der Gespenster und Qualen, des Widerwärtigen und Abscheulichen, um die Phantasie in Tätigkeit zu setzen. Auch der Untergang des Artus und seiner Helden, der Tod Tristans und seiner Geliebten, der Wahnsinn Iwans, das Leid der Sigune, alles ist groß, gelinde, und die Not des Lebens noch lieblich und reizend.
    Ich glaube wohl, sagte Friedrich, daß der edle Ton und die lichte Farbe dieser Gedichte jenes Zeitalter charakterisiert; der Mensch war innerlich aufgehellt, und seine Würde zeigte sich wohl darin, daß er sich keine Scheusale hinstellte, um sich selbst davor zu entsetzen; dies Gelüste, was immer eine kranke Welt bezeichnet, war ihm auch nicht so nahegetreten, weil die Ketzergerichte der Dominikaner, die Vertilgung der Albigenser, und so manches, was jeder in der Nähe erlebte, Schrecken und Grausen genug in der Wirklichkeit darstellten.
    Ihr habt wohl recht, antwortete der Alte; wer Fische im eignen Teiche hat, braucht sie nicht auf dem Markte zu suchen. – Sollte, könnte aber nicht auf ähnliche Art, wie jene Dichtungen dazumal die Gemüter der Menschen erhellten, die vieldeutige, bildungsreiche Religion des Christentums die Sehnsucht, Hoffnung, die Trauer und Freude der Menschen beleben und in Tätigkeit setzen? Was ängstigen uns diese Priester immerdar mit Buße, den Martern der Hölle, dem Zorn ihres Gottes, wie sie ihn sich denken. Ihre Kirchenzeremonien, ihre Gebete und Kniebeugungen, alles soll nur abzielen, den furchtbaren Unbekannten guter Laune zu machen, damit er das Elend des Lebens, Armut, Krankheit, und was den dürftigen Menschen immer quält, nur nicht noch mehr anhäufe. Von den Martern und dem schmerzlichen Tode des Erlösers und seiner früheren Bekenner sprechen sie am liebsten, und so machen sie aus einer süßen Trunkenheit, aus einem Rausch der Liebe eine Gespenster- und Todesangst. Freilich liegen alle Wunder, und folglich auch die des Grausens, auch die Lust an der Verwesung, in unserm Innern; aber wir sollen uns bestreben, das Lichte, Edle, Himmlische, Liebevolle und Beseligende aus diesen unergründlichen Tiefen hervorzurufen, und von dem Bösen, Trüglichen zu entbinden, was es in seinen dunkeln Fesseln hält, um uns als Menschen, als Berufene zu erkennen, und so im Glanz der echten Religion unsern eigenen Triumph zu feiern.
    Die echte Religion! sagte Catharina; das ist eben der Streit! keiner glaubt, an der unechten sich verloren zu haben.
    So ist es, sagte Labitte; die Leidenschaft des Menschen kann keine Unterschiede machen. Nur vom Menschen geht das Böse aus, indem er seine Kräfte, die ursprünglich gut sind, willkürlich in das Nichtige wirft, die Lüge erweckt, und den Tod in das Leben ruft. Nun sind jene Gespenster, die erst nur lächerliche Phantome und nichtige Schemen waren, durch seine Bosheit und Wut gepanzert, nun ziehen sie mit fast undurchdringlichem Harnisch dahin und vernichten die Welt, und richten sich dann auch gegen ihren Lügenmeister, der ihnen erst den

Weitere Kostenlose Bücher