Hexensabbat
– Sie erzählte dem Freunde alles und schloß mit den Worten: So hängt alles zusammen, und das war die Ursache meiner Verlegenheit, meiner Leidenschaft und meines Zitterns. Euer unwürdiger Argwohn hat alles falsch ausgelegt.
Friedrich neigte sich auf die weiße schöne Hand, drückte einen heftigen Kuß darauf und sagte: Es ist nun einmal Euer Schicksal, mir immerdar zu vergeben, und meine rohe Ungeduld wird sich noch oft an Euch versündigen. Aber wohl und leicht ist mir wieder nach Eurer Erklärung, und daß ich jenen Pharisäer und Gleisner nicht so zu hassen brauche, wie ich ihm schon ergrimmt war, da Ihr nicht seine Beute geworden seid. Laßt uns nun wieder fröhlich sein und des schönen Tages genießen.
Kommt zur Gesellschaft, antwortete sie, damit wir nicht ein zweites Aufsehen erregen, das mißgedeutet werden könnte. Ich will versuchen, ob ich fröhlich sein kann; aber eine düstre Ahndung liegt auf meiner Seele und drückt alle meine Kräfte zu Boden. Ich kann, so sehr ich mich bestrebe, alle meine früheren Gefühle nicht wiederfinden.
Sie gingen, und ein lautes Gelächter schallte ihnen aus dem Baumgange entgegen: Der alte Maler Labitte war zur Gesellschaft gekommen, und die Mädchen und jungen Männer ergötzten sich an seinen Erzählungen und Scherzen.
Ihr kommt gerade recht, rief er Friedrich entgegen, um an unsern Späßen und Anordnungen teilzunehmen. Ihr, Frau Denisel, seid eine schöne, mächtige Zauberin, wir alle stehn in Euren Diensten und müssen Euren Hof ausmachen, so poetisch, scherzend, herrlich, wie uns die Dichter von der herrlichen Göttin der Liebe und dem wundersamen Venusberge vorgesungen haben. Setzt Euch, Frau Catharina, auf diesen Hügel, und wir alle teilen uns in die Geschäfte des Hofdienstes. Ich will den Zeremonienmeister machen, der Euch die verschiedenen Gestalten vorführt. So alt, bleich, mager und gebrechlich ich sein mag, so will ich doch vor Euch, Großmächtige und Leuchtende, meinem Amte Genüge leisten. Ich könnte mich auch, meiner moralischen Schwächlichkeit wegen, für den getreuen Eckart ausgeben; da es dieses alten Helden Art aber ist, alle Fremdlinge warnend vom Venushofhalt zurückzuweisen, so bleibe ich lieber meiner ersten Bestimmung getreu. –
Catharina saß auf dem Hügel, und Labitte faßte Friedrichs Hand und sagte: Seht hier, Königin, der getreue, liebeschmachtende Tristan, der sich, in Sehnsucht aufgelöst, Eurem Schutze empfehlen will. – Friedrich mußte sein Knie beugen und wurde dann zum Handkusse gelassen. – Der alte Beaufort, der auch erst kürzlich in den Garten getreten war, mußte als König Artus figurieren, Sophie ward als Isalde vorgeführt, ein junger Mann als Parzifal, ein andrer als Gawein, und Wundrich, der mit Günther, einem Befreundeten, zurückgekehrt war, mußten als Marschall Kay und Iwan sich vorstellen lassen. – Hierauf wurden von den jungen Leuten Tänze im Garten angeordnet, denen sich aber Catharina entzog. Labitte und Friedrich folgten ihr in den Saal, und nachdem Beaufort der Musik und dem Springen einige Zeit zugesehen hatte, entfernte er sich wieder. Günther und Wundrich gingen durch den Garten, um sich verschiedene Dinge mitzuteilen.
War es nicht eine schöne Zeit, sagte Labitte, nachdem man sich im Saale niedergelassen hatte, in jenem dreizehnten Jahrhundert, als der Kaiser Friedrich selber sich mit Freuden Dichter nannte, als in jener bewegten Welt die süßen und tiefsinnigen Gedichte von Lancelot, Tristan, Parcifal, Titurell, Iwan und Erick allgemein gekannt, gelesen und gesungen wurden? Liebe, Frühling und Wunder war der Inhalt alter Lieder und die Freude der Welt, so wild sich auch Helden, Städte und Kirche gegeneinander feindlich bewegen mochten. Unser Zeitalter, wie verfinstert ist es gegen jenes! Die Welt war heiter und freundlich, denn die Phantasie jener Menschen war wie in Frühlingswärme ausgelichtet. Der Zauber, welcher Chateau Merveil band, war nicht finster und grausig; selbst das, was die Menschen die bösen Kräfte nannten, war nicht in wilden, verzerrten Figuren vorgestellt. Im Titurell und der schönen Sage vom heiligen Gral ist selbst kein Widerwille gegen die Heidenschaft ausgesprochen, und die Gestalten der Sarazenen treten in Heldengröße auf. Die Religion und ihre Geheimnisse, die Kirche, das Zeremoniell, die Heiligkeit des Priesters, der Glaube an den Heiland, alles ist so süß und freundlich gemalt, so aus dem Schatten alles Hasses herausgerückt, daß ich nur die
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