Hexensabbat
denn doch einmal nicht zu leugnen sind, nach den verschiedenen Jahrhunderten und Zeitläuften nicht auf verschiedene Art äußern? Der Böse gewinnt eben die Wahnsinnigen nur durch Wahnsinn, und wie er früher in Macht triumphierte und durch Glanz blendete, so besticht er jetzt das Tierische und Verworfene im Menschen durch Abscheulichkeit und kindische Gaukelei.
Und so kann nur ein Schuft sprechen! schrie der wütende Peter Carrieux, indem seine gewaltige Faust zugleich den jungen Mann beim Halse ergriff. Der starke Mann machte Miene, den nach Hülfe Rufenden aus dem Fenster zu schleudern. Der Wirt aber widersetzte sich aller Gewalttätigkeit, und brachte mit ernsten und freundlichen Worten alles wieder zur Ruhe. Flamand war totenblaß geworden und verließ mit kurzem Abschiede das Haus.
Alle beurlaubten sich jetzt, verstimmt, erschreckt, betrübt, voll Sorge, was sich aus dieser Begebenheit entwickeln möchte. Labitte blieb zuletzt, und zu diesem sagte halb scherzhaft der wohlwollende Schakepeh: Freund Poet und Maler, Euch sollten diese wilden Bürgersmänner eigentlich ein wenig auf die Finger klopfen, denn Ihr habt durch Euer Gemälde vom Hexensabbat die Menschen vielleicht zuerst wieder auf diese Fratzen und Abenteuer gebracht.
Nun, nun, sagte Labitte; die Dummheit war schon da, schon als Spaß im Goldnen Esel. Aber freilich, ich hätte mit meinen Farben bessere Gestalten anstreichen können. Unser Verstand ist ein schwaches Werkzeug, da die alte Gertrud so hat unsinnig werden können. Wir sollen uns alle hüten.
Die Stadt Arras war nach diesen Vorfällen in großer Aufregung. Keiner hatte geahndet, daß dergleichen Unerhörtes plötzlich geschehen könne. Die Reichern, die Verständigen, die Bürger und die Jugend sahen, daß plötzlich etwas als Ernst behandelt wurde, worüber sie wohl nur als über einen Gegenstand des Lachens gesprochen hatten. Viele unter dem Pöbel, manche aus den ärmern Klassen hatten ihrer Schadenfreude keine Hehl, daß etwas geschehen war, welches die Klügeren niemals hatten glauben wollen. Viele Priester gaben sich ein geheimnisvolles Ansehn, und beantworteten die mancherlei Fragen nur mit bedenklicher Miene, die von den Zudringlichen an sie gerichtet wurden.
Die Schöffen und die Bürgerschaft, mit einigen der Adligen verbunden, sendeten einige ehrbare Männer an den Herzog, um ihre Beschwerden vorzutragen.
Der Bischof von Baruth hatte am folgenden Tage die vornehmsten Geistlichen, unter welchen sich auch der Dechant und der Kanonikus Melchior befanden, zu einer Synode berufen. Er trug ihnen vor, was sie schon wußten, und da keiner antwortete, forderte er sie auf, ihm ihre Meinung frei und unverhohlen mitzuteilen. Der Dechant schwieg, aber Melchior machte ihn auf die Unwahrscheinlichkeit und das Törichte dieser Vorfälle, Schilderungen und Anklagen aufmerksam, er wünschte, daß man diese Frauen als Kranke behandle, sie freigebe und alles unterdrücke.
Die kleine Gestalt des Bischofs erhob sich im heftigen Zorn. Er ging dem Sprechenden ganz nahe und sahe diesem scharf in die Augen. Nein, sagte er dann, aus Euch spricht nur Einfalt und Gutmütigkeit, und Ihr seid kein Mitglied dieses höllischen Ordens.
Wie meint Ihr das, Herr Bischof? fragte Melchior erstaunt.
Ihr wißt, sagte der Bischof, daß ich im Jahre 1450 in Rom war, und dort das große Jubiläum mitgefeiert und -erlebt habe. Dort hatte ich Gelegenheit, die Welt kennen zu lernen. Rom, die große Stadt, war so mit Fremden und Pilgrimen aus allen Ländern Europens überdrängt, daß sie kaum Platz fanden und sich täglich die sonderbarsten und bedenklichsten Vorfälle ereigneten. Auch fand ich Gelegenheit, mich bei den frömmsten und gelehrtesten Priestern zu unterrichten. Schon damals vernahm ich von Zaubereien und unerlaubten Künsten, die man seit Jahrhunderten, im Norden wie im Süden, getrieben hatte. Diese Schulen der Zauberei, von denen wir schon in sehr alten Chroniken lesen, sind niemals untergegangen. Und immer ist dieses Verbrechen mit der Gottlosigkeit der Ketzerei verbunden gewesen. Alle früheren Manichäer, Donatisten, Arianer, nachher die Waldenser und Albigenser, zu Zeiten die Juden, sind Zauberer gewesen, und haben durch ihr Verbündnis mit dem Satan es wie oft möglich gemacht, mit einem Schein von Tugend, Weisheit und Frömmigkeit zu glänzen, und arme Unwissende zu blenden und zu verführen. Immer wieder wird die Bosheit auf eine Zeit verschwiegen und unterdrückt, sie tritt von neuem hervor, und
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