Hexensabbat
Eure Lust am Witz und grübelnder Untersuchung sind schon die Vorschwelle zur Zauberei und Gottesverleugnung.
Wie könnt Ihr, sagte der Dechant, meinen Umgang mit einer Frau, die Ritter und Kaufleute besuchen, so ärgerlich auslegen? Als wir die Schriften von Langres und die Bekenntnisse des hingerichteten Robert erhielten, war ich es, der Euch, selbst unerbrochen, alle jene Briefschaften und Papiere übergab. Nachher, als Ihr mir sie zur Untersuchung gabt, konnte ich die Blätter, welche die Denisel betrafen, zurückbehalten. Daß ich aber so offen verfuhr, muß Euch beweisen, wie wenig ich mir vorzuwerfen habe, und wie mein Verhältnis zu dieser Frau ein ganz untadeliges muß gewesen sein.
Ihr hättet mir die Blätter zurückhalten können? rief der Bischof erbost; Ihr irrt! Tatet Ihr es, so wart Ihr selbst verloren, armer Mensch. Ihr selbst hattet mir in vertraulichen Stunden schon zu vieles von dieser Denisel vorgeschwatzt; ich hörte Euch zu und antwortete nicht; aber ich habe mir alles gemerkt und eingeprägt. Und haben denn nicht Hunderte die gottlosen Worte dieser Denisel und des alten verruchten Labitte gehört? Alles soll bei Euresgleichen für Scherz und Witz, oder Poesie und artige Phantasiebilder gelten, worin aber das ganze Gift der Hölle verborgen liegt. Nein, Mann, noch bin ich Euer Freund; noch, ich sehe es Euch an, seid Ihr nicht ausdrücklich von Gott abgefallen. Darum wahrt, solange es noch Zeit ist, Eure Seele und Eure Ehre als Priester. Morgen werde ich ernster mit Euch sprechen. Euer Liebchen wird heut noch in Gewahrsam genommen; sie und der alte Maler, den das Volk nur den dummen Abt nennt, sollen uns wohl, sie mögen wollen oder nicht, die eigentlichen Obern ihrer Rotte verraten.
Herr Bischof, rief der Dechant, Ihr könntet so weit gehen, und diese Armen, Unschuldigen –
Noch ein solches Wort! sagte der Bischof, indem er den Bestürzten mit dem Ausdruck der tiefsten Verachtung ansah – und Ihr sitzt gefesselt im dunkeln Gefängnis. Ich muß wissen, was ich zu tun, was ich zu lassen habe. – Kommt jetzt mit mir zur alten Gertrud, um ein vorläufiges Verhör mit ihr anzustellen.
Sie verließen den Palast, um sich nach dem Gebäude der Inquisition zu begeben. Auf der Straße hatte sich das Volk zusammengerottet und sprach und erzählte von diesen neuesten Begebenheiten. Der Andrang war groß, und man bemerkte erst die kleine Figur des Bischofes nicht. Viele schalten, andre spotteten, und zwei freche, gemeine Dirnen, die sich aus einer kleinen, finstern Gasse an das Licht gewagt hatten, sagten zu einem englischen Soldaten: Freund Engelbert, habt Ihr auch schon die dummen Geschichten gehört? Die andre rief: Hexen! Hexen! das ist doch einmal etwas Neues vom Jahr; unser Bischof sorgt dafür, daß wir Spaß haben, der einfältige kleine Knirps.
Der Bischof stand hinter ihnen, winkte den Häschern und rief: Nehmt diese beiden Dirnen fest, belegt sie mit Ketten, sie sind selbst Hexen, bringt sie in den Gewahrsam, der Scheiterhaufen wartet ihrer.
Wir Hexen? schrien die Dirnen mit Entsetzen, – woher? warum?
Die Häscher ergriffen sie gewaltsam. Sie kreischten, riefen um Hülfe, und das Getümmel ward so groß, der Andrang der Neugierigen so gewaltsam, daß der Bischof verhindert wurde, seinen Weg fortzusetzen. Die Häscher waren mit ihrer Beute auch in den schreienden und fragenden Volkshaufen eingeklemmt, und immer mehr Menschen strömten aus den Gassen herbei, um zu erfahren, was sich begeben habe. Der Dechant wollte sprechen, um die tobende Menge zu beruhigen, aber seine Stimme ward in dem lauten Geschrei, selbst von den nächsten, nicht vernommen.
Jetzt näherte sich ein ehrbarer Mann, der nicht mehr jung war und in der Stadt eines großen Ansehns genoß. Er, als Schöffe, hatte das Recht, sich um die Ursach des Tumultes zu erkundigen; auch machte seine Gegenwart das Volk scheu, denn diejenigen, die ihn bemerkten, wurden jetzt still und traten auseinander. Er fragte und hörte, und da er vernahm, daß der Bischof mit dem Scheiterhaufen gedroht hatte, so machte er sich Platz bis zu dem kleinen Manne, begrüßte ihn höflich und sagte dann: Verehrter Herr, es tut mir leid, Euch hier so zwischen dem schreienden Volke zu finden, und das aus Ursach jener beiden unzüchtigen Dirnen; diese, da sie sich ungebührlich gegen Euch betragen haben, sollen alsbald aus der Stadt gewiesen werden, der sie nur Ärgernis geben. Habt daher die Güte, den Dienern und Häschern zu befehlen, sie
Weitere Kostenlose Bücher