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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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sich goldene Kreolenringe angesteckt, die zwischen den bauschigen Haaren baumelten. Sie hatte sich die Haare von hinten nach vorn über den Kopf gefönt, gleich würde sie die noch einmal durchschütteln, richtig schön wild. Sie malte sich aus, wie sie später ihre Jacke ausziehen würde.
    Sie ließ sich Zeit damit. Zuerst kam der Champagner, dann eine Rede, danach der Wachtelsalat, »köstlich!«. Die Messer fuhren in die Kräuterbutter und bestrichen Brotscheibchen, der Kellner mußte die Brotkörbe mehrmals auffüllen. Tills Oberboß, der links neben Anna saß – sie hatte zum ersten Mal die Ehre, seine Tischdame zu sein –, beugte sich zu ihr hin: »Der Küchendirektor ist ein Zauberer, er hat in Peking schon gegrillten Hund zubereitet, und Bärentatzen, Hühnerfüße, und Pythonschlangen sowieso.« Anna schauderte es, sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was so zauberhaft an scharf marinierten Hühnerfüßen oder Hund al forno sein sollte. Bei dem Fleischgang piddelte sie die Teighülle ab, das Gericht trug irgendeinen asiatischen Namen, es mochte supergesund und superköstlich sein, mit ihr nicht. Sie aß die Gemüsebeilagen und die Kartoffel-Loempia, dabei konnte ihr wenig passieren. Das zerfiddelte Fleisch versteckte sie am Schluß unter der Dekoration, die trotz Fernostambiente aus einem stinknormalen Blatt Kopfsalat mit einer Mangoscheibe obenauf bestand.
    »Ich hoffe, Sie waren zufrieden.« Tills Oberboß hieß Dr.
    Nüssli. Dafür, daß er Prokura hatte und zum Vorstand gehörte, war er noch ziemlich jung, höchstens fünf Jahre älter als Till, was für diesen ungünstig war, weil der Mann seinen Posten so schnell nicht verlassen würde. Zwischen den beiden kam es gelegentlich zu Reibereien, die Dr. Nüssli für sich entscheiden konnte. »Der Alte sitzt eben am Drücker«, erklärte Till wütend, er zog gern gegen seinen Chef vom Leder. »Im Grunde ist er ein Scharlatan und ein Protege.« Warum das so war, führte Till nicht weiter aus.
    »Mögen Sie Bauchtanz?« fragte Dr. Nüssli.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Anna.
    »Es ist ein sehr anregender Tanz.«
    »Mag sein.«
    »Sie werden sehen.« Der Mann klickte mit dem Dessertlöffel gegen sein Weinglas und kündigte den ersten Programmteil an. Alle klatschten, als die verschleierte Frau, von einem Trommelwirbel begleitet, auf der Bühne erschien. Die Schleier waren hauchdünn und wurden durchsichtig, sobald die Scheinwerfer die hin und her wiegende Gestalt einfingen. Die Brüste und der Bauch und die Hüften bebten und zuckten und schleuderten das Fleisch aus dem paillettenbestickten Mieder. Zuletzt sprang die Tänzerin über die Rampe und ließ ihre Schleier über den Gästen flattern, besonders über den männlichen. Die klatschten begeistert, wenn ein Zipfel Chiffon sie berührte. Anna sah und roch den Schweiß, sie fand es nicht anregend.
    »Sie kommt aus Amsterdam«, flüsterte Dr. Nüssli Anna zu. Offenbar sollte sie das genauso bemerkenswert finden wie die Vorliebe des Kochs für Bärentatzen und Pythonschlangen.
    »Ich bin kein Fan von so etwas.« Anna überlegte, ob es den ganzen Abend so weitergehen würde.
    »Sie dürfen nicht glauben, ich stünde auf diese Proportionen.« Ihr Tischherr formte die üppige Figur der Bauchtänzerin mit den Händen nach. »Mir geht es lediglich um den Tanz. Als Mann bevorzuge ich den leptosomen Typ«, er sah sie an, »groß und schlank, ich wette, Sie wiegen keine sechzig Kilo.«
    »Ziehen Sie noch sechs Kilo ab.« Es wurde Zeit, daß sie ihre Jacke auszog, anscheinend ließ die sie pummelig aussehen.
    »Na sehen Sie.«
    Anna sah ihn an. Er war drahtig und für einen Mann eher klein. Sie wußte wirklich nicht, was er mit einer großen Frau anstellen wollte, er hatte etwas von einem Foxterrier, soweit sie sich erinnern konnte, waren seine Beine kurz und ziemlich o-beinig. Rechthaberisch war er obendrein und borniert. Sie griff nach ihrem Glas, sie hatte keine Ahnung, wieviel sie schon intus hatte, weil der Ober in einem fort nachschenkte. Und sie würde den Teufel tun und zu Till hin schielen, ob der mahnend herübersah. Gewöhnlich zählte er mit und signalisierte »stop!«, wenn er fand, daß sie genug hatte.
    »Ein langsamer Walzer. Ich liebe klassische Tänze. Darf ich bitten?« Die Band, die extra für diesen Abend engagiert worden war, hatte zu spielen begonnen. Tills Chef war aufgestanden und knöpfte sich das Jackett zu.
    Jetzt, dachte Anna und stand auch auf. »Einen Moment«, sagte

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