Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
Vom Netzwerk:
Haarzotteln. Keiner, der aus einem Angsttraum hochschreckt, sieht knackig aus, nicht mehr mit fünfunddreißig, nicht mal eine Claudia Schiffer war dann noch hübsch. »Arsch!« sagte sie. Das war auch schwach, sie fühlte sich so mies, daß ihr einfach nichts einfiel, womit sie zurückstechen konnte.
    »Der Arsch packt nur seine Sachen und verschwindet wieder.«
    »Du gehst?« Als würden ihre Fußsohlen sich krümmen und schrumpfen und weniger werden, die Füße und die Beine und der Bauch, alles wellte sich und kroch in sich zusammen, sie faßte mit beiden Händen nach der Kühlschranktür, die war am nächsten, einen Augenblick lang glaubte sie, auch die Tür würde schrumpfen.
    »Willst du die Küche kühlen?« Till schob Anna beiseite und schloß die Kühlschranktür wieder. Als er Annas Arm anfaßte, spürte sie sich wieder, auch der Ekel kam zurück, und die Panik vor dem, was passieren würde. Er ging. Eigentlich war es klar, daß er ging. Es war sogar besser, daß er ging.
    »Glaub nicht, daß du so leichtes Spiel hast«, sagte er. »Ich verreise nur übers Wochenende. Privat.«
    »Privat? Bezahlt die Alte, die du an Land gezogen hast?«
    »Paß auf!«
    »Alte sind dankbar für Kleinigkeiten. In Kleinigkeiten bist du groß.«
    »Ich könnte dich …«
    »Du könntest mich nicht, oder hat sie dich soweit aufgepäppelt?«
    »Du miese kleine Fotze!« Er kam auf sie zu, und sie riß das Knie hoch, peilte die richtige Höhe an, er peilte auch, die Höhe hätte gestimmt, im letzten Moment riß er den Oberkörper zurück und verharrte, auf einem Bein balancierend und mit ausgestreckten Armen, in der Schwebe. Er sah unglaublich lächerlich aus.
    »Probst du für den sterbenden Schwan?« Anna knallte die Tür hinter sich zu, immerhin hatte sie ihm den Appetit auf sein Käsebrot und womöglich auch auf sein heißes Weekend verdorben. Hoffentlich!
     
    Eine knappe halbe Stunde später hörte Anna seinen Wagen starten. Es war kurz vor sechs. Wohin fuhr er kurz vor sechs? Sie sah aus dem Fenster, aber im Haus gegenüber blieb alles dunkel. Es mußte die Frau aus dem Hotel sein, die ihn erwartete, eine, die älter war als sie selbst, viel älter, wenn es die von der Betriebsfeier war.
    Anna kochte sich Tee, sie hätte jetzt keinen Kaffee vertragen, es schauderte sie bei dem Gedanken an das kräftige Aroma von frisch durchgemahlenen Kaffeebohnen. Sie faßte die Bechertasse mit dem blaßgelben Kamillentee am Henkel und ging damit durch die Wohnung, das Telefon hatte er wieder auf das Aufladegerät zurückgelegt, sein Zimmer war abgeschlossen, im Wohnzimmer hatte er den Autoatlas und zwei Zeitungen liegengelassen, es war der Kölner Stadtanzeiger von gestern und vorgestern; er hing an seiner Kölner Zeitung, er mußte sie sich in Hamburg gekauft haben.
    Als wäre sein Stadtanzeiger anders als ihrer, blätterte sie darin herum. Bei »Reisen« war eine Seite herausgerissen, er hatte gesagt, er wollte übers Wochenende verreisen. Sie durchwühlte das Altpapier im Keller, sie stopfte die gelesenen Zeitungen immer blind in den großen Korb dort. Sie fand die Ausgabe, auf Seite vierunddreißig, die bei ihm herausgerissen war, fand sie einen Artikel über ein Schulmuseum und daneben einen Bericht über die erste Gourmet- und Kultur-Kreuzfahrt von Köln nach Basel, Freitag bis Montag, das mußte es sein, ein Trip für Schlemmer und dicke Geldbeutel, dreitausendsiebenhundertfünfundvierzig Mark pro Nase. Vielleicht bezahlte wirklich sie, die Blond-Weiße, aber so hatte sie nicht ausgesehen. Anna rechnete mal zwei und setzte Tills Wochenende mit achttausend Mark an. Für seine Frau hatte er lumpige eintausendsiebenhundert im Monat übrig. Die Baumkuchenterrine mit Gänsestopfleber und das Rotwein-Geleetörtchen vom Frischling – eine ganze Zeitungsspalte war mit der Menüfolge gefüllt – sollten Till im Hals steckenbleiben. Krepieren sollte er daran!
    Im Badezimmer stolperte Anna über Tills Dreckwäsche. Sie stolperte nicht wirklich darüber, weil sie im letzten Moment dieses Häufchen liegen sah. Das war die größte Frechheit, ihr auch noch seinen Dreck zurückzulassen: drei Paar Socken und drei Oberhemden und drei Unterhosen, die besseren natürlich, nicht die mit dem ausgeleierten Bund, aber bepißt waren sie auch. Anna griff nach der Nagelschere, sie überlegte nicht dabei, die Schere schlüpfte ihr quasi von selbst in die Hand und schnippelte los, akkurat hinein in den doppelt gelegten Zwickel seiner Unterhose, und das

Weitere Kostenlose Bücher