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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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wie jeden Samstag pünktlich um zwei schlossen. Den Salat, den sie dienstags auf dem Markt gekauft hatte, mußte sie wegschmeißen, und außer zwei Scheiben Brot und einer Ecke Käse war buchstäblich nichts im Haus. Sie war erst gegen Morgen eingeschlafen, sie hatte geträumt, sie müsse eine Rolle auswendig lernen, aber sie wußte nicht, welche, und die anderen hatten gelacht.
    »Du kennst ihn«, sagte Marie. »Der mit dem Zopf von meinem Stammtisch. Wir fahren übers Wochenende weg.«
    »Den kennst du doch schon hundert Jahre.«
    »Aber nicht so.«
    »Und Franzose ist er auch nicht.«
    »Er ist Sauerländer.« Marie lachte und legte auf. Anna behielt das Telefon in der Hand. Und was war mit ihrer Mutter? Die Einladung zum Abendessen bei Marie hatte genausogut ihrer Mutter gegolten, vor allem ihr, es war eines von den regelmäßigen Treffen, auf denen Lisbeth Welter bestand, um die Familie zusammenzuhalten. Anna tippte die Nummer.
    »Hallo, Mutter! Marie hat mich eben angerufen.«
    »Ich weiß Bescheid. Marie muß verreisen.«
    »Soll ich zu dir kommen?«
    »Nicht nötig, ich habe mich schon mit Frau Meisen verabredet.« Frau Meisen war die Nachbarin.
    »Dann ist es ja gut.« Anna hätte erleichtert sein sollen. Abende mit ihrer Mutter, erst recht solche zu zweit, konnten sehr zäh sein. Aber es war, als ob sogar ihre Mutter sie wegschöbe. Anna hatte keine Freundin, Till hatte immer über solche Busenfreundschaften gelästert, und Anna hatte ihm recht gegeben, sie war kein Typ dafür, das hatte kurz nach der Tanzstunde aufgehört. Sie hatte schon mit siebzehn ihren ersten festen Freund gehabt und später Till. Natürlich kannte Anna eine Menge Leute, Kommilitoninnen und Nachbarn und gemeinsame Bekannte von Till und ihr, sie hatte sich auch nie einsam gefühlt. Aber jetzt wußte sie keinen, den sie an einem Samstag hätte anrufen können, »hast du nicht Lust …?« Jeder hätte gefragt »und Till?«. Davor fürchtete sie sich.
    Nach dem Einkaufen schaltete Anna den Fernseher ein. Als sie sich dabei erwischte, daß sie genau wie Till pausenlos zwischen den Kanälen hin und her schaltete, drückte sie wieder auf »aus«. Sie beschloß, die Abstellkammer aufzuräumen. Vielleicht fand sie dann endlich die Heizdecke wieder, sie hatte nachts oft kalte Füße. Letzte Nacht hatte sie ihre Füße einfach nicht warmbekommen. Als Tills Mutter ihnen die Decke vor ein paar Jahren geschenkt hatte, hatte Anna die gleich in der Verpackung gelassen und beiseite geräumt. Typisch Juliane, hatte sie gedacht. Sie war wütend gewesen, weil ihre Schwiegermutter damals jede Gelegenheit nutzte, um sich einzumischen. »Du begehst einen großen Fehler, Anna, wenn du Till zumutest, auf ein Kind zu verzichten!« Sie schenkte ihrem Sohn diese Heizdecke, als müsse der bei Anna notwendigerweise auch kalte Füße bekommen.
    Blechdosen, alte Türklinken und Schlüssel, längst vergessener Christbaumschmuck, eine Stollenform, angekatschte Vasen und sogar Einmachgläser, das Sammelsurium um Anna wuchs. Wieso hatte Regina hier eigentlich nie saubergemacht? Jedesmal, wenn sie ihr Putzzeug aus dem Regal nahm, mußten ihr die Staubflocken um die Ohren gewirbelt sein, sie war eine Schlampe und nur auf eine schnell verdiente Mark aus; kein Wunder, daß sie jetzt mit Till paktierte.
    Anna füllte einen Eimer mit Lauge und begann zu putzen. Es machte sie wütend und befriedigte sie zugleich, diesen alten Dreck aufzuweichen und wegzuwischen. Alles, was von Till war, türmte sie so, wie es war, vor seiner Zimmertür auf. An der Tapete bildete sich ein schmutziggrauer Strich, der kam von seinem Zelt. Irgendwann hatte er einmal ein Zelt gekauft, natürlich hatten sie es nie gebraucht, und Anna stellte es in den Flur zu dem anderen Krempel, seine Sachen sollte er selbst saubermachen.
    Anna war fast fertig, als sie den Karton mit den Rollschuhen entdeckte. Es waren diese modernen Dinger mit poppig bunten Leinenschuhen und dicken Gummistoppern vorn; sie hatte sie auf irgendeinem Basar gekauft und völlig vergessen. Als Mädchen war sie gern Rollschuh gelaufen, und gut, sie hatte sogar Kunstfiguren gelernt, das war bald zwanzig Jahre her.
    Sie schlüpfte aus ihren Clogs und zog die Rollschuhe über, vorsichtig stakste sie damit über den Teppich, ließ sich gleiten, die Dinger waren verteufelt schnell, aber sie behielt die Balance, sie hatte es nicht verlernt. Es müßte Spaß machen, noch einmal in vollem Tempo über eine glatte Bahn zu sausen. So wie

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