Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Stimme von Oberstaatsanwalt Dr. Sigbert Hollerbach vom Korridor aus. Sekundenbruchteile später bog er dynamisch um die Ecke. »Selbst Ihre Sekretärin wusste nicht, wo Sie sich vor uns versteckt haben«, schimpfte er gleich drauflos.
Kein Wunder, die gute alte Flocke hat ja auch strikte Anweisung von mir erhalten, dir Blödmann meinen aktuellen Aufenthaltsort nicht zu verraten, grollte sein Erzfeind im Stillen. Du hast mir gerade noch gefehlt, stöhnte Tannenberg innerlich auf.
Dr. Hollerbach war nicht allein in den Katakomben der Kriminaltechnik erschienen, sondern befand sich in Begleitung seiner potenziellen Nachfolgerin. Agnes Rottmüller-Klomann trug einen eng geschnittenen schwarzen Hosenanzug und schwarze Lederschuhe. Ihre schulterlangen blondgefärbten Haare bildeten einen interessanten Kontrast zu ihrem schicken dunklen Outfit. Sie war etwa 1,70 Meter groß und wog schätzungsweise 50 Kilogramm.
Auf Tannenbergs Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Da haben wir ja schon unsere Zweifachmörderin, lieber Karl, sagte er zu sich selbst, während er versuchte, mit Mertel Blickkontakt aufzunehmen. Doch der wich dem Blick aus und schaute hinüber zu seinen Gipsabdrücken.
»Warum grinsen Sie denn so blöd, Herr Hauptkommissar? Ich weiß nicht, ob angesichts dieser brutalen Morde Heiterkeit angebracht ist.«
Wolfram Tannenberg biss die Zähne zusammen und feuerte aus zusammengekniffenen Augen Giftpfeile auf seinen Intimfeind.
»Was verschafft uns denn die Ehre Ihres hohen Besuches, Herr Oberstaatsanwalt?«, fragte er mit spöttischem Unterton. »Gibt es einen konkreten Anlass oder üben Sie schon mal für Ihren neuen Job, wie man Kriminalbeamte provoziert?«
»Ach, meine neue Aufgabe hat sich also schon bis hinunter in die Katakomben der Kriminaltechnik herumgesprochen«, sagte Dr. Hollerbach scheinheilig. Er bedachte seine Nachfolgerin mit einem Zwinkern. »Bereits am Wochenende breche ich hier meine Zelte ab und baue sie im fernen Afrika wieder auf.«
»Das Zelt aber immer gut verschließen, da soll es nämlich giftige Schlangen geben«, bemerkte Tannenberg.
Sigbert Hollerbach winkte genervt ab. »Kommen Sie, Herr Hauptkommissar, lassen Sie es gut sein. Ich habe keine Lust, mir von Ihnen meine letzten Arbeitstage in dieser kleinkarierten Provinzstadt vermiesen zu lassen. Ich möchte mich gutgelaunt von meinen Freunden verabschieden und meiner Kollegin ein bestelltes Haus übergeben.«
»Dann stehlen Sie uns nicht die Zeit und sagen Sie endlich, was Sie von uns wollen«, ertönte postwendend Tannenbergs Retourkutsche.
Wie ein Priester faltete Dr. Hollerbach die Hände vor dem Körper und verkündete in salbungsvollem Ton: »Ach, Herr Hauptkommissar, ich möchte von Ihnen nur das, was ich immer von Ihnen möchte.«
Seine Stimme wurde noch einen Tick schärfer und lauter. »Ich möchte informiert werden.« Der Oberstaatsanwalt tippte auf das Zifferblatt seiner Armbanduhr. »In einer Stunde ist Pressekonferenz. Und da muss ich den Damen und Herren Journalisten konkrete Ermittlungsergebnisse vorlegen.« Er räusperte sich. »Ich betone: Ergebnisse! Gerade jetzt, wo sich die Medien wegen der mir von der Landesregierung übertragenen, wichtigen Berufung förmlich auf mich stürzen.«
Dr. Hollerbach rückte seine Brille zurecht. Aus seinen faltigen Gesichtszügen sprach die blanke Verzweiflung. »In der Pressekonferenz sitze ich vor einer Meute hungriger Radioreporter und Fernsehleute. Denen muss ich etwas zum Fraß vorwerfen, sonst hauen sie mich und uns alle hier in die Pfanne.« Er machte eine beschwörende Geste. »Und ich hab wieder einmal nichts Handfestes.«
»Ja, Gott, wir können eben nicht hexen!«, blaffte der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission zurück. »Wir ermitteln unter Hochdruck. Aber das braucht eben seine Zeit, verdammt noch mal.«
Während Dr. Hollerbach die Röte ins Gesicht schoss und er nach Luft schnappte, ergriff seine Begleiterin das Wort. »Lieber Herr Hauptkommissar«, schlug sie einen ganz anderen Ton an als ihr cholerischer Kollege, »wir möchten lediglich von Ihnen wissen, ob es irgendwelche Neuigkeiten gibt, die nicht in Ihrem ersten Bericht stehen.«
Die Dame hat wohl vor Kurzem eine Fortbildung in Konfliktmanagement oder in Deeskalationsstrategie gemacht. Vielleicht auch ein Anti-Aggressions-Thai-Chi-Seminar besucht, dachte Tannenberg. Eine reinhauen müsste ich dem Hollerbach mal, danach ging’s mir gleich viel besser.
»Na, Herr Hauptkommissar, ich sehe
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