Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
wie sie in solch einem Fall zu reagieren hatten.
In der Vergangenheit hatte sich die Ablenkungsstrategie am besten bewährt. Michael Schauß, der die ganze Zeit über an den zwei Kaffeemaschinen herumhantiert hatte, forderte die Teilnehmer des kleinen Kaffeekränzchens auf, am Tisch Platz zu nehmen.
Seine Ehefrau drückte der guten Seele des K 1 einige Kuchenteller in die Hand, welche die Sekretärin sogleich auf dem Tisch verteilte. »Holst du bitte noch die Servietten aus meinem Korb?«, raunte ihr Sabrina zu.
In diesem Augenblick klopfte es kräftig an der Tür, woraufhin sich alle Köpfe reflexartig zur Geräuschquelle drehten.
Die Tür öffnete sich und Agnes Rottmüller-Klomann betrat den umfunktionierten Seminarraum. Sie war mit einem schwarzen Hosenanzug bekleidet, der ihrer mädchenhaften Figur schmeichelte. Ihre schulterlangen Haare hatte sie an den Seiten zurückgesteckt, was ihrem Gesicht einen strengen, unnahbaren Ausdruck verlieh.
Oberstaatsanwalt Willenbacher schoss förmlich in die Höhe und eilte zu seiner Kollegin. »Leider konnte ich Ihnen bislang noch nicht mein aufrichtiges Beileid aussprechen, was ich hiermit nachhole«, sagte er in feierlichem Ton.
Mit einem stummen Nicken nahm die Witwe des ermordeten Landgerichtspräsidenten die Kondolenzbekundung entgegen. Bis auf Tannenberg und Sabrina, die Agnes Rottmüller-Klomann bereits gestern Morgen ihr Mitgefühl ausgedrückt hatten, holten die anderen nun den versäumten Höflichkeitsakt nach.
»Ich hoffe sehr, Sie empfinden unsere kleine Feier nicht als pietätlos«, brachte Werner Schmelzer seine Bedenken zum Ausdruck.
»Keine Sorge, Herr Polizeipräsident«, beschwichtigte Agnes Rottmüller-Klomann. »Herr Tannenberg hat mich heute Morgen über dieses Treffen informiert und ich habe selbstverständlich sofort meine Teilnahme zugesagt.«
»Ich bin zutiefst beeindruckt von Ihrer Contenance, Frau Kollegin«, sagte der Oberstaatsanwalt.
»Das bin ich meinem verstorbenen Mann schuldig. Er hätte nicht gewollt, dass ich mich zu Hause verkrieche und vor der Arbeit drücke. Er war der Inbegriff von Disziplin und Pflichtbewusstsein«, gab die Witwe mit fester Stimme zurück.
Willenbacher seufzte. »Ja, das stimmt, Frau Kollegin. Klaus war in vielerlei Hinsicht ein Vorbild für uns alle. Umso schwerer wiegt sein Verlust.« Er machte eine entschuldigende Geste. »Pardon, für Sie ist dieser Verlust noch viel gravierender als für uns.«
Bedrücktes Schweigen.
»Darf ich Ihnen einen Kaffee einschenken, Frau Staatsanwältin?«, fragte Petra Flockerzie.
Die Witwe legte einen Finger an die Lippen und räusperte sich dezent. »Ja, gerne. Sehr freundlich von Ihnen.«
»Ich habe Klaus ziemlich gut gekannt und ihn sehr gemocht«, meldete sich der Pathologe zu Wort. »Deshalb bin auch ich mir hundertprozentig sicher, dass dieses Zusammentreffen in seinem Sinne wäre. Die Arbeit ging ihm über alles.« Dr. Schönthaler reckte einen Zeigefinger in die Höhe. »Und er wusste seine Erfolge gebührend zu feiern. Manchmal hat er es ganz schön krachen lassen.«
Ein missbilligender Blick Willenbachers, von dem sich Dr. Schönthaler allerdings nicht im Geringsten beeindrucken ließ.
»Ja, ja, der liebe alte Klaus war wirklich kein Kind von Traurigkeit«, tönte Rainer Schönthaler unverdrossen weiter. »Manchmal war der liebe Klaus sogar ein richtiger Schwerenöter.«
Der Rechtsmediziner wedelte mit den Händen, als habe er sich gerade die Finger an einer Herdplatte verbrannt. »Oha, oha. Also, Wolf und ich könnten da einige Storys erzählen.«
»Die aber keiner hören möchte«, blaffte der Polizeipräsident.
Wieder peinliches Schweigen.
Tannenbergs Sekretärin füllte eine Tasse nach der anderen und wandte sich anschließend an die Gäste der kleinen Feier. »Beim Kuchen bedient sich am besten jeder selbst«, schlug sie vor.
Agnes Rottmüller-Klomann gab zwei Zuckerwürfel sowie ein wenig Milch in ihre Tasse und rührte gedankenversunken um. »Wenn mir etwas Derartiges zugestoßen wäre, hätte sich Klaus garantiert nicht hängen lassen, sondern wäre weiterhin engagiert seiner Arbeit nachgegangen«, erklärte die Staatsanwältin. »Also tue ich das auch.«
»Bewundernswert«, bemerkte Tannenberg.
Dr. Hollerbachs Nachfolgerin schniefte und ergänzte mit belegter Stimme: »Obwohl es eine ziemliche emotionale Belastung darstellt, wenn der langjährige Ehepartner einem brutalen Verbrechen zum Opfer gefallen ist.«
»Das verstehen wir alle nur zu
Weitere Kostenlose Bücher