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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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An der Wand entlang huschte sie durch die Gänge, suchte den Ausgang in diesem staubigen Labyrinth und fand ihn nach einer Weile. Die frische Luft vertrieb den Geruch von Conrads Blut aus ihrer Nase, sie hastete durch Gestrüpp, stürmte einen Hang hinunter, bis sie unter ihren Pfoten Gehwegplatten fühlte. Auf der Fahrbahn rasten ab und zu Autos an ihr vorbei. Sie war an eine Straße gekommen. Gut. Welche Straße?
    Irgendwo links von ihr ratterte eine Bahn, und die hell erleuchteten Waggons rasten durch die Nacht. Aus der Richtung kam auch ein Grüppchen Menschen, die laut lachten. Die U-Bahn, die Lichter, die Menschen - ihr Körper spannte sich an, bis der primitive, tief wurzelnde Schreck sich in einer Flucht entlud.

    Halt an, beschwor sie sich. Halt an. Doch sie rannte und rannte.
    Unter ihrem Pelz begann es zu kribbeln. Ein leichtes Prickeln breitete sich über ihren ganzen Körper bis hin zum Schwanz aus. Nein, nicht jetzt, noch nicht! Sie hüpfte weiter, so schnell, wie sie konnte, wie ihre kurzen Beinchen es zuließen. Das Kribbeln verstärkte sich. Sie ignorierte die Anzeichen, konzentrierte sich nur auf die Bewegungen. Ihre Augen sahen kaum etwas, fast hätte sie den Pfahl verpasst, an dem das Straßenschild prangte. Vom Boden aus konnte sie nichts auf ihm erkennen. Sie kletterte hoch. Das Prickeln ging in ein Zittern über, es fiel ihr schwer, sich festzuhalten. Mehrfach rutschten ihre Krallen ab, sie wäre beinahe hinuntergestürzt. Endlich erreichte Ylva das Schild, stierte auf die weißen Buchstaben, die sich von dem dunklen Hintergrund abhoben. Sie musste diese entziffern, sie sich einprägen, jeden einzelnen davon. Das Alphabet … plötzlich wusste sie nichts mehr von dem, was Conrad ihr beigebracht hatte. Verflucht. Streng dich an! Das alles kann doch nicht umsonst gewesen sein! Du musst dich verdammt nochmal anstrengen! … So ist es gut. Nach und nach ergaben die Zeichen auf dem Schild einen Sinn.
    Ihr Körper krampfte. Sie konnte sich nicht mehr halten und stürzte. Bevor ihr Leib auf dem Boden aufschlug, riss etwas sie aus ihrer pelzigen Hülle.
     
    Sie schwebte. In einem Meer aus sanften Wogen. Trieb hin und her, sorglos und gedankenlos. Endlich war sie
dem Alptraum entkommen. Sie konnte sich ausruhen, träumen … nichts denken, nichts müssen, einfach nur …
     
    Ylva rieb sich die Lider und gähnte. »Wie spät ist es?«, murmelte sie, gähnte erneut und reckte sich. Wozu die Augen aufmachen? Sie könnte sich in die Decke einkuscheln und noch ein bisschen schlafen. Ihr Körper und ihr Geist brauchten das, nein, sie verlangten regelrecht danach.
    »Irgendwas am Nachmittag. Du hast fast siebzehn Stunden geschlafen.«
    »Was?« Ylva richtete sich so ruckartig auf, dass ihr schwindelig wurde. Wie konnte das sein? Sie war doch nur kurz eingenickt, sie durfte überhaupt keine Zeit vergeuden, weil Conrad … Der Alptraum fiel ihr wieder ein. »Conrad! Meine Ratte!«
    Schon stand Roland neben ihr und legte beruhigend die Hände auf ihre Schultern. »Mach dir keine Vorwürfe. Jeder wusste, dass es vielleicht nicht klappen würde. Maria …«
    »Nein, du verstehst das nicht! Ich muss …«
    »Ylva.« Roland deutete mit dem Kinn an ihr vorbei. »Es tut mir leid. Sie ist vor kurzem hier aufgetaucht.«
    Sie schaute in die Richtung, in die er wies. Auf dem Nachttisch neben dem Bett saß ihre Ratte und putzte sich. Zumindest war dem kleinen Rabauken bei dem Sturz nichts zugestoßen! Wie gut, dass Ratten so etwas leicht wegstecken konnten.
    Das Straßenschild … die Buchstaben!
    »Ich brauche einen Stift und Papier. Schnell! Solange ich mich noch erinnern kann.«

    »Was?« Roland runzelte die Stirn. »Ich habe aber keinen Stift und …«
    »Wir müssen uns beeilen. Ich weiß, wo Conrad festgehalten wird. Ich kenne den Namen der Straße. Zumindest noch.«
    Roland kramte aus der Jeanstasche sein Handy hervor und schob es auf. Sein Daumen verharrte über der Tastatur. »Schieß los.«
    Sie holte tief Luft. Die Buchstaben, an die sie sich zu erinnern glaubte, tanzten vor ihrem inneren Auge wie kleine, fiese Kobolde und lachten sie aus. »H. E. I. Nein. L. Oder doch I? Verdammt. G. O. N. D … Noch ein E. Und ein R.«
    »Heigonder oder Helgonder … und weiter? Straße? Weg? Was?«
    »Ich … ich weiß es nicht.«
    »Hausnummer?«
    »Es gibt kein Haus. Es war … etwas unter einem Hügel. Räume und Flure, aber ich konnte das alles nicht deutlich sehen.«
    »Okay. Das finden wir schon heraus, keine Bange«,

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