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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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glaubte, ihre Wirbelsäule knirschen zu hören.
    Ylva wehrte sich nicht mehr. Nicht gegen die Totenküsserin
und auch nicht gegen das Dunkle in der eigenen Brust.
    »Macht die anderen platt. Alle«, hörte sie das Mädchen sagen, bevor sie das Bewusstsein verlor und von dem sich aufbäumenden Ding aus ihrem Körper vollständig verdrängt wurde.

Kapitel 6
    150 Jahre Existenz, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Innehalten, ohne Rechtfertigung für das eigene Tun. Bis er angefangen hatte, nach den anderen seiner Art zu suchen. Bis die anderen sich um ihn geschart und jemand das Wörtchen »Clan« hatte fallen lassen.
    Clan!
    Warum mussten es immer so hochtrabende Bezeichnungen sein? Clan, Bruderschaft, Orden … Warum bedurfte es überhaupt irgendwelcher Bezeichnungen? Aber so funktionierte die Welt nun mal. Menschen brauchten für alles Etiketten, und die Nachzehrer unterschieden sich kaum von ihnen.
    Conrad blickte in die Gesichter seiner Mitstreiter und fragte sich, ob ihm wohl damals das Ausmaß der Verantwortung bewusst war. Vermutlich nicht. Denn er hatte sie nie als einen Clan betrachtet - eher als eine Alternative zu einem Stammtisch mit Freunden, der ihm in seinem untoten Zustand auf ewig versagt bleiben würde. Einmal von der Tatsache abgesehen, dass er gar keine Freunde hatte.
    Er hätte die Bürde liebend gern abgegeben, an den Nächstbesten, der zur passenden Zeit »Hier!« gerufen hätte. Nur, dass seine Leute nie auf den Nächstbesten
hören würden. Sie hörten auf ihn. Er war ihr Anführer. Er hatte das Ganze zu verantworten.
    »Conrad?« Eine Hand tauchte in seinem Blickfeld auf und verschwand. Er wich einen Schritt zurück. Hätte die Hand ihn angefasst, hätte er sie gebrochen - auch so war sie ihm viel zu nahe gekommen. Näher, als er es ertragen konnte.
    Er blinzelte und sah Rivas, der neben ihn getreten war. Sein dunkles Haar, das ihm bis zum Nacken reichte, war nach dem Kampf zerzauster als üblich, Kratzspuren zeichneten Wange und Stirn, die linke Hand blutete aus tiefen Bisswunden. Hoffentlich heilten die Verletzungen gut, denn auch noch die Beweglichkeit seiner Linken zu verlieren, konnte Rivas sich nicht leisten.
    Allerdings lagen die Prioritäten und Sorgen zurzeit ganz woanders. Was kümmerte ihn die Hand eines Mannes, wenn sie alle diesen Keller womöglich nie wieder verlassen würden? Seine Gefühlswelt spielte eindeutig verrückt. Seit … ja, seit er versucht hatte, diesem Metamorph-Mädchen die Lebensenergie zu nehmen. Immer noch rätselte er, was genau dabei vorgefallen war. Als hätte es ihm etwas geraubt, so dass sein Nachzehrer-Instinkt ihn von ihm abgestoßen, ihn gar gezwungen hatte, die Flucht zu ergreifen. Unwillkürlich schweifte sein Blick durch den Raum, suchte nach dem Mädchen. Und fand es nicht. Auf einmal zweifelte er, ob es überhaupt existierte oder ob es nicht vielleicht nur eine seltsame Manifestation seiner dunklen … Seele, oder was von ihr übrig geblieben war, darstellte.

    Conrad? Der Ruf lenkte seine schweifenden Gedanken zurück in die Realität. Diesmal versuchte Rivas, ihn mental zu erreichen. Die anderen brauchen eine Erklärung.
    Ja, richtig.
    Als Oberhaupt des Clans hatte er eine Pflicht zu erfüllen: Seinen Vertrauten zu sagen, warum sie heute vernichtet wurden. Und aus welchem Grund er das Ultimatum damals nicht ernst genommen hatte.
    »Vor kurzem hat mich Stella aufgesucht, um dem Clan ein Angebot zu unterbreiten«, begann er. Seine Mitstreiter rückten an ihn heran, und er hatte das Gefühl, sie würden ihm die Luft zum Atmen rauben. Schon seltsam - im Kampf vergaß er alles und jeden, kümmerte sich nicht darum, ob ihn jemand anfasste oder ob er selbst Hand an jemanden legte. Es ging nur ums Töten. Aber sobald Ruhe einkehrte, sobald er sich seiner selbst bewusst wurde, konnte er die Nähe der anderen nicht ertragen. »Wir sollten uns einem Auserwählten, einem Nachzehrer, den sie Messias nannte, anschließen. Dieser Messias verspricht den Untoten die Erlösung und eine neue Welt, in der die Nachzehrer an die Spitze der Hierarchie aller Lebensformen aufsteigen sollen.« Er machte eine Pause. Im Grunde hatte er mehr nicht zu sagen, denn Näheres war auch ihm unbekannt.
    »Und was haben Sie daraufhin gemacht?«, fragte Roland - ein Junge, der wie ein übergewichtiger Dreizehnjähriger aussah und seit mehreren Jahrzehnten sein Dasein als Untoter fristete.
    »Ich habe sie aus meinem Laden geworfen.«

    »Warum?«, hauchte der Bursche, und die anderen

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