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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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Sie befahl sich, nicht zu weinen, egal, wie die Antwort auf die Frage ausfiel, die sie stellen musste: »Was ist mit ihm passiert?«
    Alba schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre schwarzen Locken tanzten. »Ich kann nicht darüber reden. Nicht jetzt.«
    »Aber ich muss endlich die Wahrheit erfahren! Ich
habe versucht, etwas über meine Vergangenheit herauszufinden, doch egal, welchen Faden ich aufnehme, reißt dieser sofort ab. Ich habe nichts. Keine Erinnerungen, keine Identität …« Ylva brach ab, als sie Albas ausdruckslosen Blick bemerkte. Verdammt, was redete sie da? Was war schon ihr Kummer im Vergleich zu dem, den diese Frau empfand? Ein Drang überkam sie, sich an Alba anzuschmiegen und sie zum Trost zu kraulen, doch musste sie sich daran erinnern, dass sie kein Tier war und die Menschen einen solchen Ausdruck von Zuneigung eher selten tolerierten. »Entschuldige. Ich bin ein egoistisches Miststück. Seit ich in Linneas Käfig aufgewacht bin, rede ich nur über mich, dabei bin ich nicht die Einzige, die Hilfe braucht. Es ist nur … ich habe das Gefühl, von einer Lawine überrollt und mitgerissen zu werden. Ich hatte gehofft, Finn würde mir helfen. Auch wenn ich nicht weiß, warum.«
    Eine Stille trat zwischen ihnen ein, in der Ylva Stimmen von unten aus dem Laden vernahm. Aber die wenigen Sätze, aus dem Zusammenhang gerissen aufgeschnappt, lieferten keine Anhaltspunkte, was bei der Besprechung vor sich ging.
    Alba kauerte auf dem Sofa und zupfte geistesabwesend an ihrem Haar. »Finn hat sich um dich gekümmert«, begann sie, und Ylva hob überrascht den Kopf. »Und du - dich um ihn, als er das brauchte.« Ein trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen. »Hätte ich gewusst, wie hübsch du in Wirklichkeit bist, wäre ich sicherlich eifersüchtig geworden. Nur warst du damals …«

    »Geistesgestört?«
    »Das wollte ich nicht so direkt sagen, aber: Ja. Finn wollte die Metamorph-Gemeinde verlassen. Und dich mitnehmen, weil du in Gefahr warst.«
    »Warum war ich in Gefahr?«
    »Das weiß ich nicht genau. Nur, dass Linnea dich gefangen genommen hat und Finn dich retten wollte. Aber dafür blieb ihm keine Zeit.«
    Ylva schnaubte und zog die Augenbrauen zusammen. Sie hatte geahnt, dass Linnea sich die Wahrheit zurechtbog, wie es ihr passte. Das erklärte, wie sie in den Käfig gelangt war. Doch was hatte die Königin mit ihr vorgehabt? Wenn Finn und sie tatsächlich gegen die Gemeinde rebelliert hatten, dann müssten sie beide tot sein. Aber sie lebte. Er nicht. Und es gab noch einen Unterschied: den Dämon.
    Die Schlangenfrau steckte mit dieser Oya unter einer Decke - so viel war klar -, obwohl Ylva die tieferen Zusammenhänge noch verborgen blieben. Vielleicht sollte sie versuchen, einen anderen Faden zu verfolgen, um weiterzukommen. »Diese Juliane war Finns Oma, habe ich das richtig verstanden?«
    Alba verkrampfte die Hände in ihrem Schoß, bis sich die Knöchel weiß färbten. »Juliane war eine ehemalige Königin der Metamorphe. Als Linnea sie besiegt hatte, beschloss sie, ihre eigenen Metamorphe zu züchten, um wieder an die Macht zu gelangen. Finn war eines der Kinder, das sie zusammen mit ihrem Handlanger für diesen Zweck entführt hatte. Ich ebenfalls.«

    »Also bist du doch …« Ylva brachte ihre Frage nicht zu Ende.
    »Nein, Juliane kam nicht dazu, mir anzutun, was sie den anderen Kindern angetan hat. Sonst wäre ich vermutlich tot. Finn war der Einzige, der ihre Experimente überlebte, warum auch immer.«
    Wirklich der Einzige? In Ylvas Kopf stiegen die Bilder der Nacht empor, in der ihr Paps und sie von denen erwischt wurden. Unter der Decke rieb sie sich über die Oberarme, so real spürte sie den Griff des Mannes, der sie gehalten hatte. War Juliane damals vielleicht deswegen hinter ihr her gewesen? Um sie für ihre Experimente zu missbrauchen?
    Obwohl es Ylva davor graute, versuchte sie, tiefer in ihre Erinnerungen einzutauchen, und sie hörte Julianes Ruf, der ihr in den Ohren hallte: Oya, du Mächtige, wir rufen dich! Nun löse du dein Versprechen ein! Das Bellen eines Fuchses … den Schrei ihres Vaters … Danach schwand die Szene, und ganz andere Bilder flackerten durch ihr Hirn: Ihr Paps trommelt gegen eine Tür, während Ylva unter einem Busch kauert. Es wird geöffnet, kurz darauf entbrennt ein Streit, den Ylva nicht versteht: Was tust du hier? Nimm deine Göre und verschwinde, so schnell du kannst. Ich kann nichts für euch tun. Ihr gehört nicht zu der Gemeinde! War das die

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