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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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vergessen, dass inzwischen dreißig Jahre vergangen sind. Eine lange Zeit, in der viel geschehen ist und Menschen können sich verändern, ihre Chancen nutzen, oder sie vergeben. Ich würde mir wünschen, Sie fänden sie wohlbehalten und ich hoffe, sie hat sich bei dem, was geschehen ist, nicht schuldig gemacht.«
    Schielin nickte. Im Grunde hoffte er ja Gleiches. »Wir haben von Carmen Lasalle im Grunde genommen nichts weiter als ein paar Fotografien und ihren Ausweis. Für die …«, Schielin unterbrach und suchte ein anderes Wort für Fahndung, das ihm der Situation wegen zu harsch klang, »… für die Suche nach ihr benötigen wir möglichst eindeutige Beschreibungen. Erinnern Sie sich an ein unveränderliches Merkmal, vielleicht eine Narbe, einen markanten Leberfleck oder etwas Vergleichbares, vielleicht eine Tätowierung?«
    »Nun ja. Tätowierungen waren damals noch nicht so modern wie heutzutage. Da sieht man ja schreckliche Dinge.
    Aber Narbe. Am Bein hat sie eine lange Narbe. Als sie wieder mal abhauen wollte, sechzehn muss sie da gewesen sein, da ist sie aus dem Fenster gesprungen und hat sich das Waden- und Schienbein gebrochen, offener Bruch. Das rechte Bein, glaube ich. Weiß noch, wie sie jammernd im Garten lag und ich mich sogar ein wenig gefreut habe, dass es so gekommen ist. So ist man halt manchmal, im ersten Zorn. Danach tut es einem leid. Sie werden das kennen.«
    »Ja, das kenne ich«, sagte Schielin und notierte Narbe am rechten Bein.
    Nach dem überraschend ergiebigen Telefonat mit Wilhelm Kurz rief er nochmals den Kollegen auf der Polizeiwache an und formulierte seine Bitte. Völlig ohne Murren, Gegenrede oder weitere Erklärungen zu fordern, kam er Schielins Bitte nach.
    *
    Lydia Naber richtete sich auf und nahm den Stalzers gegenüber eine frontale Position ein. Sie wollte sehen, wie lange er die Wogen von Missmut und Lebenszorn bändigen konnte. Immer dann, wenn sie den Blick auf ihn richtete, hob Lydia Naber ihr Kinn ein wenig an, um den Druck zu erhöhen. Er würde es fühlen, aber nicht ergründen können, woher dieses Gefühl der Bedrohung käme. Eine weitere Provokation bestand darin, dass sie sich ganz seiner Frau zuwendete. Er würde nichts weiter von ihr erhalten, als die sachlichen kühlen Blicke mit angehobenem Kinn – und keine Zuwendung.
    »Wie war denn Ihr Verhältnis zu Frau Kohn, Frau Stalzer?«, fragte sie betont ruhig und sachlich.
    Er ging in die Falle und antwortete statt seiner Frau: »Wir hatten mit denen nichts zu tun.«
    »Sie dürfen die Fragen beantworten, die ich Ihnen stelle, Herr Stalzer. Wenn das nicht funktioniert, schicke ich Sie raus.«
    Er glotzte sie an. Leicht schoben sich die Schultern nach vorne, sie fixierte ihn für den Bruchteil einer Sekunde mit einem Blick aus Schraubzwingen und als sie den Schluckreflex seines Kehlkopfes sah, wusste sie, dass er verstanden hatte.
    Arthus würde es büßen müssen.
    »Wie mein Mann schon sagte, wir hatte keinen Kontakt zum Ehepaar Kohn«, antwortete nun Frau Stalzer.
    »Aber Sie hatten einen Streit miteinander und da hat man doch zwangsläufig miteinander zu schaffen. Wie war denn das Ehepaar Kohn so?«
    »Sie war sehr zurückhaltend, sehr sparsam darin Begegnungen zuzulassen.«
    Lydia hatte ihr in die Augen geblickt, als sie die Worte sprach, und war überrascht, denn es hatte traurig geklungen und so wie sie es gesagt hatte, war deutlich, dass ihr an einem Kontakt durchaus gelegen hätte. Zudem hatte Lydia nach dem Ehepaar Kohn gefragt, die Antwort bezog sich nur auf Frau Kohn. Lydia Naber ließ eine Pause entstehen. Sie musste hier anders vorgehen. Sie sah Frau Stalzer an und dachte, in welchem Gefängnis sie wohl saß, die auf so feine Art formulieren konnte. Wie hielt sie es mit dem bebenden Unmut des bulligen Kerls neben ihr aus? Was machte ihn so zornig und seine Frau so duldsam?
    »Sie haben sich unterhalten?«, fragte Lydia Naber.
    »Ja. Vor einiger Zeit. Kurz nachdem wir hierhergezogen waren.«
    »Und?«
    »Ich war mit dem Hund spazieren und bin am Garten stehen geblieben. Er ist so gut gelungen, sieht wie verwunschen aus und doch ist nichts zufällig.«
    »Das ist er in der Tat, wie verwunschen.«
    »Wir haben einige Sätze gewechselt. Allgemeines eben, nichts von Bedeutung.«
    »Und dabei blieb es?«
    »Ja.«
    »Aber es klang doch so, als würden Sie sich mit ihr gut verstanden haben, jedenfalls so auf eine erste Begegnung. Das merkt man ja sehr schnell.«
    Über das Gesicht von Frau Stalzer huschte

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