Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
Vom Netzwerk:
war sie doch sicher einige Jahre aus der Schule. Hat sie denn einen Beruf erlernt?«
    »Oh je. Das waren schlimme Zeiten. Zuerst Friseurin. Soweit ich mich erinnere, ging das ein halbes Jahr gut. Danach kamen dann verschiedene andere Versuche – keiner mit Erfolg. Zum Schluss aber, da haben wir sie in der Nähe von Warendorf auf einem Pferdegestüt untergebracht, als Pferdepflegerin sozusagen. Ich denke, da war sie dann recht glücklich und es hat dort auch nie wieder Probleme gegeben, keine Klagen. In der Natur sein und mit Tieren … das hat ihr eben gelegen. Deshalb waren wir ja so verwundert, als sie plötzlich verschwunden war.«
    Schielin malte Ausrufezeichen und Fragezeichen in die Kästchen. »Hatte sie Freundinnen, oder so was wie eine beste Freundin ? Einen Freund vielleicht?«
    »Einen Freund hatte sie sicher. Sie müssen wissen, sie war ein wunderschönes Mädchen und hat das auch gewusst. Was ich Ihnen bisher von ihr erzählt habe, klang sehr negativ. Aber der Mensch Carmen Lasalle …«, er schwieg kurz, »… sie war wild und störrisch, aber sie hatte doch eine wunderbare Ausstrahlung und sie war kein schlechter Mensch, wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will.«
    »Ich denke, ich verstehe es, Herr Kurz. Dann hatte sie sicher eine Freundin.«
    »Ja. Ich erinnere mich schon an ein Mädchen aus Beelen. Ihr Name fällt mir leider nicht ein. Wir haben ja damals vermutet, dass es mit diesem schrecklichen Unfall zusammenhängt …«
    Schielin hatte aufgehört zu krakeln. Er wartete eine Weile, um seinem Gesprächspartner Zeit zu geben, in der Erinnerung zu suchen. Als ihm die Suche zu lange dauerte, fragte er: »Welcher schreckliche Unfall?«
    »Ach ja«, kam es entschuldigend, als wäre Wilhelm Kurz aufgewacht, »diese Freundin von Carmen, dieses Mädchen aus Beelen. Da gab es einen schlimmen Unfall, von dem die Leute bis heute erzählen. Ein Auto in der Nacht, es hatte geregnet, junge Leute, Alkohol, Wochenende. Jedenfalls war das Fahrzeug ins Schleudern geraten, quer gegen einen Baum geprallt und ausgebrannt.«
    »Diese Freundin von Carmen Lasalle hat in diesem Fahrzeug gesessen?«
    »Ja. Und zwei andere junge Leute. Zwei junge Männer, einer aus Oelde und der andere aus Beelen.«
    »Zwei junge Burschen und ein Mädchen«, wiederholte Schielin und versank seinerseits in Gedanken.
    Wilhelm Kurz riss ihn wieder zurück ins Gespräch. »Helen, so hieß sie, jetzt fällt es mir wieder ein. Helen Sander, so hieß die Freundin.«
    »Die beiden kannten sich aus der Schule?«
    »Nein. Soweit ich mich erinnere, war diese Helen auf das Gymnasium gegangen und hatte das dann abgebrochen … auch so eine Sache …«
    »Welche Sache?«
    »Na ja. Sie hat das Gymnasium wegen dem Kind verlassen. Sie war mit siebzehn schwanger. Dumme Geschichte, das. Ihr Vater war schon tot und es gab da ihre Mutter. Eine schwierige Frau, die einige Male auch in psychiatrische Behandlung musste. Wissen Sie, die Mutter glaubte an so Hexenkram und in der Gegend erzählte man sich, sie können gutsprechen und die andere Variante auch … also verzaubern, bösreden oder wie immer man das nennen will. Schlimme Verhältnisse für das Mädchen. Man muss sich wundern, wie sie das alles so geschafft hat mit der Schule. Und dann kam dieses arme Kindchen auch noch dazu.«
    »Und bei diesem Unfall kam sie ums Leben.«
    »Ja.«
    »Und ihr Kind?«
    »Ja, das blieb zunächst bei der Großmutter. Aber das hatte ja gar keinen Sinn. Der Bürgermeister, ein ganz gerader Christenmensch, war in der Angelegenheit auch bei uns gewesen, ich erinnere mich genau daran. Eine ganz vertrackte Sache. Unser Haus wurde damals in diese Stiftung integriert und wir konnten erweitern – jedenfalls ist sie bei uns im Heim aufgewachsen. Ein Mädchen … Judith hieß sie, Judith Sander. Ganz ein intelligentes Kind.«
    »Mhm«, mehr konnte Schielin im Moment gar nicht sagen. Er musste seine Gedanken erst ordnen. In Stichworten fertigte er Notizen.
    »Herr Kurz … also ich weiß nicht so recht. Diese Carmen Lasalle, die wir suchen, war eine fleißige, zurückgezogen lebende Frau mit guter Bildung. Sie hat einen wunderschönen Garten angelegt, Bücher geschrieben – alles sehr perfekt. Das passt nun so gar nicht zu dem, was Sie mir von der jugendlichen Carmen Lasalle schildern.«
    »Bücher geschrieben …? Tja, das passt nun wirklich nicht, überhaupt nicht. Mit dem Schreiben, ach du lieber Gott, da hatte sie es nie, ausgerechnet Schreiben!? Aber Sie dürfen nicht

Weitere Kostenlose Bücher