Hexenstein
hastig.
»Er war schon tot.«
Dr. Müller ließ resigniert und wütend den Kopf sinken.
Lydia Naber fragte: »Wer war schon tot?«
»Der Kohn«, presste Haubacher hastig hervor.
»Wie haben Sie das feststellen können, dass er schon tot war?«
Haubacher lachte und warf den Kopf dabei nach hinten. Schweißtropfen flogen umher. »So viel Blut … und der Hals halb offen … Mensch … wer da nicht tot ist …«
Dr. Müller sprach zur Tischplatte. »Halten Sie doch einfach die Klappe, Sie … Sie reden sich um Kopf und Kragen!«
Dr. Müllers kontrollierter Ausbruch ging in Lydia Nabers Frage unter. »Wo lag er denn, der Herr Kohn?«
»Vor der Treppe, wo es hinaufgeht … nach oben …«
»Wie kamen Sie denn ins Haus?«
»Die Tür war offen.«
»Warum sind Sie ins Haus?«
»Die Tamara hat mich geholt.«
Dr. Müller schüttelte den Kopf. Er war fassungslos.
»Ihre Frau war also zuerst drüben im Kohnschen Haus«, stellte Lydia Naber fest.
Haubacher nickte.
»Wieso denn?«
»Wegen dem Paket.«
»Welches Paket?«
»Der Postbote hat ein Paket bei uns abgegeben, weil drüben niemand zu Hause war.«
»Welcher Postbote?«, fragte Schielin, der schließlich mit dem Postboten gesprochen hatte.
»So ein Paketdings halt.«
»Nicht von der richtigen Post, der gelben?«, fragte Schielin.
»Nein. Der war in Jeans und so. Was Amerikanisches.«
Lydia Naber merkte, dass es jetzt etwas schneller gehen musste. »Und das Geld?«
»Das lag da rum.«
»Wo genau?«
»In so einer Schale, einer weißen. War in einem Kuvert, aber die Scheine haben so rausgeschaut.«
»Und dann?«
»Nein, nein, nein, nein, nein …«, versuchte Dr. Müller abermals dazwischenzugehen, denn Lydia Nabers Frage war insofern gemein, als dass sie es Haubacher überließ zu formulieren und die Antwort nicht vorgab mit einer Frage wie: Und Sie haben die Scheine, die da herausgeschaut haben, dann einfach genommen.
»Ich habe das Kuvert halt genommen«, sagte Haubacher.
»Wieso hat Ihre Frau Sie denn gerufen?«
»Wegen dem Geld, und so.«
»Was und so?«
»Na ja, da lag der Kohn tot am Boden und das viele Geld in der Schale.«
»Ihre Frau hat Sie also wegen dem Geld geholt und sie wusste, dass es viel war?«
»Ja. Wieso sonst.«
Kurzzeitig war Lydia Naber von der naiv daherkommenden Skrupellosigkeit verblüfft.
»Was haben Sie dann gemacht?«
»Den Kohn in die Plastiktüte gerollt und hinten in das Treppenloch geschafft.«
»Woher wussten Sie von dem Verschlag?«
»Tamara hat ein paar Mal bei denen geputzt, so als Probe.«
»Sie kannte sich da also aus.«
»Ja.«
»Es ist aber bei der Probe geblieben.«
»Ja. Denen hat das wohl nicht gepasst.«
Schielin kam Lydia Naber zuvor und fragte: »Waren Sie deshalb auf Herrn und Frau Kohn sauer?«
Jürgen Haubacher nickte. Schielin schüttelte innerlich den Kopf vor so viel Ehrlichkeit, die ein zutiefst unehrlicher Mensch an völlig unpassender Stelle äußerte. Investmentbanker waren da eleganter. Die hatten Vertrauen zu ihren Anwälten.
Dr. Müller konnte sich nur mit Mühe beherrschen. »Ist es jetzt endlich genug. Mein Mandant ist sich definitiv nicht darüber im Klaren, dass er seine Ehefrau schwer belastet. Ich werde Ihre Methoden hier höchstrichterlich überprüfen lassen. Das Videoband spricht Bände.«
»Und nachdem Sie die Leiche in den Verschlag gepackt hatten?«, formulierte Lydia Naber hart.
»Da hat die Tamara geputzt.«
»Da hat die Tamara geputzt«, wiederholte Lydia und wusste aufgrund der unbefangenen Antwort gar nicht weiter. Die Bilder in ihrem Kopf waren zu skurril.
»Wieso hat sie geputzt?«, sprang Schielin ein.
»Sie verdammter Idiot halten jetzt endlich die Klappe«, schrie Dr. Müller und sprang von seinem Stuhl auf, »alles was Sie hier sagen, ist gelogen und entspricht nicht den Tatsachen. Wir werden dies beweisen.« Er drückte den Stuhl mit den Beinen nach hinten weg. »Ich sehe mich nicht länger in der Mandantschaft dieses … ich vertrete die Interessen von Frau Tamara Haubacher, geborene von Steinbach. Glauben Sie nur nicht, dieses Spielchen nochmals aufführen zu können. Frau von Steinbach wird sich nicht äußern, haben Sie verstanden.«
Sie hatten verstanden. Die Frage war nur, ob Jürgen Haubacher verstanden hatte. Er sah Dr. Müller fragend an, wie ein Kind, das wissen wollte, ob es etwas falsch gemacht hatte.
Sein Verhalten war ganz fatal, denn als Dr. Müller den Raum verlassen hatte, war er nicht mehr bereit auch nur einen
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