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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Kleinigkeiten. Gerne wäre er jetzt mit einem Hund, vielleicht auch mit einem Esel, spazieren gegangen.
    *
    Jasmin Gangbacher verließ gerade die A7 bei Wangen und folgte der Beschilderung in Richtung Amtzell. Die Landstraße folgte dem weichen Schwingen einer sich wohlig ausbreitenden Landschaft. An den Hängen weiter Hügel lagen Höfe und Weiler, umgeben von Streuobstwiesen, ausgedehnten Weideflächen und Mischwäldern. Der Wind trug auch hier noch einen Teil des Sees in sich, während die Menschen bereits Allgäuer waren.
    Jasmin Gangbacher hatte das Ziel ihrer Fahrt in das Navi ihres iPhones eingegeben und folgte den Hinweisen einer sonoren Männerstimme. Die standardmäßige Frauenstimme hatte sie abgestellt, als sie während einer Fahrt an einem freien Wochenende, bei einem unbedeutenden Blick nach links, festgestellt hatte, wie ihr Freund etwas zu selig gelächelt hatte, als diese digitale Frau den Satz sagte: Bei der nächsten Gelegenheit, bitte wenden.
    Sie hetzte nicht, ließ den Wagen dahingleiten, um für sich Zeit zum Nachdenken zu haben, was ihr zunehmend gut in der engen Zelle eines Fahrzeugs gelang, mit dem sie alleine durch die Landschaft steuerte.
    Einige Zeit zuvor, auf der Dienststelle, waren Conrad Schielin und Lydia Naber zu ihr gekommen und wollten wissen, was sie inzwischen über die Blutkreuze herausgefunden hatte. Es war das erste Mal, dass sie von ihren Ermittlungen in solcher Ausführlichkeit berichten konnte. Während der offiziellen Besprechungen hatte sie sich bisher zurückgehalten, weil sie die Vorbehalte Kimmels dieser ungewöhnlichen Thematik gegenüber deutlich spürte.
    Sie berichtete, dass am vergangenen Wochenende die Ermittler der Polizeiinspektion zwei der Feuerstellen ausfindig gemacht hätten. Es war eher Zufall gewesen. Die Frau eines Kollegen war beim Joggen im Motzacher Wald einem auf einmal in der Luft hängenden Brandgeruch nachgegangen und war auf eine der Feuerstellen gestoßen. Die andere Feuerstelle hatte ein Bauer auf seiner offen gelassenen Weide festgestellt – zwischen Hoyren und Heimesreutin, nur ein kurzes Stück von der Straße entfernt und doch gut geschützt. Sie war rausgefahren und hatte sich die Stelle selbst angesehen. Der Zaun war wild von Brombeeren überwuchert. Nicht weit von einem halb verfallenen Holzunterstand hatte eines der Feuer gebrannt, in dessen Asche sich Rattenschädel und Hufeisen fanden – genau wie an der Feuerstelle im Motzacher Wald.
    Sie hatte inzwischen herausbekommen, dass Hufeisen nicht gleich Hufeisen waren und dass die in der Asche aufgefundenen über ein besonderes Merkmal verfügten – eine individuelle Signatur. Ein alter Schmied aus Schlachters, an den sie über einen Kollegen der Wasserschutzpolizei vermittelt wurde, konnte ihr nach einigen Hustenanfällen, und einer jeden Gesunden zermürbenden Krankheitsgeschichte berichten, dass ihre Hufeisen von der Voglerschen Hammerschmiede aus Amtzell stammten.
    Genau hier war sie nun angekommen, parkte den Dienstwagen und stieg aus. Was erwartete sie eigentlich hier zu finden? Vor vielen Jahrzehnten waren hier Hufeisen entstanden, die man vor wenigen Tagen in der Asche absonderlicher Feuerstellen gefunden hatte. Schielin war es, der zu ihr gesagt hatte: »Fahr hin und schau es dir an! Rede mit den Leuten, stelle Fragen, mache dir einen Eindruck – was auch immer. Es bringt deine Gedanken sicher viel weiter, als wenn du hinter dem Computerbildschirm sitzen bleibst. Alleine da sind noch nie Fälle gelöst worden.«
    Sie hatte sich in den letzten Tagen intensiv, beinahe ausschließlich, und weit über ein rein dienstliches Interesse hinaus, mit dem beschäftigt, was hinter den Blutkreuzen stecken konnte. Dabei war sie auf eine Welt gestoßen, die sie so bisher nicht wahrgenommen hatte – und auf Menschen, die dieser Welt mit Haut und Haar verfallen waren. Es war die Welt derjenigen, die den Tag nur deshalb ertrugen, weil auf ihn die Nacht folgte. Ihre Sonne war ein milchiger Mond, und Glück und Zufriedenheit fanden sie nur umgeben von Dunkelheit.
    Anfangs hatte sie versucht über das Internet einen Kontakt herzustellen, doch der dort avisierte Hexenstammtisch in Kempten erwies sich nach einem ersten Kontakt als exakt das, was man in landläufiger Boshaftigkeit darüber gedacht und gesprochen hätte.
    Sie hatte nicht aufgegeben und war endlich an einen Händler für sogenanntes Ritualzubehör geraten. Schon das Wort hatte sie elektrisiert – Ritualzubehör. Es war ihr ganz

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