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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zierte, insgesamt dreizehn Pforten bildeten, war sein alter Freund Jerry Lonigan mit ein paar sehr blassen Mayfairs erschienen, und ein Sarg auf Rädern, der nur Carlottas sein konnte, war nach einer sehr kurzen Zeremonie des anwesenden Priesters in die leere Kammer geschoben worden.
    Zwölf Kammern, die Schlüssellochtür, der Sarg glitt hinein, bamm! Und sein Blick wanderte wieder zu dieser Schlüssellochtür hinauf, die genauso aussah wie die Türen im Hause, aber warum? Und dann gingen alle; sie wechselten noch rasch ein paar Artigkeiten, weil die Mayfairs annahmen, er und Aaron seien der Beerdigung wegen gekommen, und sie so ihrer Dankbarkeit Ausdruck geben wollten, bevor sie verschwanden.
    Summende, schwindelerregende Stille hatte sich dann über den Friedhof gesenkt. Nichts von dem, was er seit Beginn dieser Odyssee gesehen hatte, nicht einmal die Bilder, die die Gläser ihm offenbart hatten, hatte ihn mit so viel Grauen erfüllt wie der Anblick dieser Gruft. »Da ist die Dreizehn«, hatte er zu Aaron gesagt.
    »Aber es gibt viele solcher Grabkammern«, hatte Aaron erwidert. »Das wissen Sie doch.«
    »Es ist ein Muster«, hatte er halbherzig gemurmelt, und dabei hatte er gespürt, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. »Sehen Sie doch, zwölf Kammern und eine Tür. Es ist ein Muster, ich sag’s Ihnen. Ich wußte, daß die Zahl und die Tür miteinander zusammenhängen. Ich weiß bloß noch nicht, was es bedeutet.«
    Es war ihm zuwider, auch nur darüber nachzudenken. Nicht einmal dieses Ding, das versucht hatte, menschlich zu sein, hatte ihm solche Angst eingejagt.
    Aber beim Abendessen auf der Terrasse in Oak Haven, wo das aschfahle Zwielicht sie umgab und die Kerzen in gläsernen Schalen flackerten, hatten sie noch einmal beschlossen, nicht länger über Deutungen zu brüten. Sie würden jetzt nach vorn blicken, hatten sie gesagt. Er und Rowan hatten die Nacht im vorderen Schlafzimmer der Pflanzervilla verbracht – eine hübsche Abwechslung vom Hotel -, und als er am nächsten Morgen um sechs erwachte, saß Rowan bereits auf dem Balkon bei ihrer zweiten Kanne Kaffee und brannte darauf, anzufangen.
    Um neun war er in New Orleans, und sofort ging er ans Werk.
    Noch nie hatte etwas so viel Spaß gemacht.
    Er mietete einen Wagen und fuhr durch die Stadt; er notierte sich die Namen der Baufirmen, die an den prächtigsten Vorstadtvillen und bei den Nobelrenovierungen im Quarter tätig waren. Er stieg aus und sprach mit Chefs und Mitarbeitern. Mit gesprächigeren Leuten, die bereit waren, ihn einen Blick auf die gerade im Bau befindlichen Arbeiten werfen zu lassen, ging er manchmal hinein und erörterte das ortsübliche Lohnniveau und die Erwartungen der Handwerker. Er erkundigte sich nach Schreiner- und Malerfirmen, die Aufträge gebrauchen konnten.
    Er rief die einheimischen Architekten an, die für ihre Arbeit an den Prachtvillen bekannt waren, und ließ sich diverse Empfehlungen geben. Die unverblümte Freundlichkeit der Leute erstaunte ihn. Die bloße Erwähnung des Mayfairschen Hauses weckte Erregung. Die Leute brannten geradezu darauf, ihm Rat zu geben.
    Um ein Uhr hatte er drei exzellente Malerkolonnen und ein Team der besten Stukkateure der Stadt engagiert – Nachkommen der farbigen Familien, die schon lange vor dem Bürgerkrieg freigelassen worden waren; seit sieben oder acht Generationen verputzten diese Familien die Wände und Decken der Häuser von New Orleans.
    Überdies hatte er zwei Installateurfirmen, ein ausgezeichnetes Dachdeckerunternehmen und einen bekannten Landschaftsarchitekten, der mit dem Aufräumen und Restaurieren des Gartens beginnen sollte, unter Vertrag. Um zwei spazierte Michael mit ihm eine halbe Stunde lang auf dem Grundstück herum und deutete auf riesige Kamelien und Azaleen, auf verschlungene Ranken und uralte Rosenstöcke, die allesamt noch zu retten waren.
    Ein Spezialistenteam sollte am Freitag morgen kommen; sie würden den Pool ablassen und feststellen, was geschehen mußte, um ihn wiederherzurichten, und sie würden auch die antiquierten Installationen auf Vordermann bringen. Ein Küchenexperte war ebenfalls für Freitag angesagt. Bauingenieure sollten Fundamente und Veranden begutachten. Ein erstklassiger Zimmermann und wahres Universalgenie namens Dart Henley übernahm mit großem Eifer die stellvertretende Leitung des Ganzen.
    Unterdessen ging Ryan Mayfair durch das Haus und nahm eine offizielle, rechtskräftige Bestandsaufnahme der Hinterlassenschaft Deirdres und

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