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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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für neue Vorhänge.
    Hab’ die alten Fliegengitter vergessen, dachte Michael und machte sich eine Notiz in seinem Buch. Sein Blick fiel auf den alten Schaukel-Stuhl. Er war saubergewischt, und die Veranda war gefegt worden.
    Er atmete tief durch und starrte über den Rasen hinweg zu der Myrte.
    »Noch keine Leitern umgeschmissen, wie, Lasher?« Sein Flüstern schien in der Luft zu ersterben.
    Nichts als das Summen der Bienen und das lärmende Durcheinander der Handwerker – das dunkle Mahlen eines Rasenmähers, der gerade angelassen wurde, und der Dieselton des Laubsaugers, der auf den Wegen entlangnavigierte. Michael sah auf die Uhr. Die Leute für die Klimaanlage mußten jeden Augenblick aufkreuzen. Er hatte ein System mit acht verschiedenen Wärmepumpen entworfen, die für Kühlung wie für Heizung sorgen würden; das Hauptproblem würde die Unterbringung der Anlage sein, weil der ganze Dachboden mit Kisten, Möbeln und anderen Dingen vollgestellt war.
    Dann waren da die Fußböden. Ja, sie mußten sofort ein Gutachten über die Fußböden anfertigen lassen. Das Parkett im Salon war immer noch wunderschön versiegelt, anscheinend noch seit der Zeit, da Stella es als Tanzboden benutzt hatte. Aber die anderen Böden waren tiefverschmutzt und stumpf. Natürlich würde kein Mensch sich an den Innenanstrich oder die Fußbodenversiegelung wagen, solange die Stukkateure noch am Werk waren. Sie machten zuviel Staub. Und die Maler – er mußte nach sehen, wie sie außen zurechtkamen. Sie mußten ja warten, bis die Dachdecker die Mauerkrone versiegelt hatten, aber sie hatten genug Arbeit mit dem Abschleifen und Vorstreichen der Fensterrahmen und -läden…
    Ah, das machte Spaß. Aber wieso ging alles so glatt voran? Das war die Frage. Wer ließ sich da Zeit, und womit?
    Er wollte Rowan gegenüber nicht eingestehen, daß er eine unterschwellige Bangigkeit einfach nicht loswurde – die Gewißheit, daß sie beobachtet wurden. Daß das Haus selbst lebendig war. Vielleicht war es nur der Nachklang der Bilder auf dem Dachboden – all der Röcke, die er um sich herum gespürt hatte, all dieser Seelen, die an die Erde gefesselt und hier waren. Die Erinnerung an sie. Er glaubte eigentlich nicht an Geister in diesem Sinne. Aber das Haus schien die Persönlichkeiten aller Mayfairs förmlich in sich aufgesogen zu haben, wie das alte Häuser angeblich so tun. Und jedesmal, wenn er sich umdrehte, war ihm, als müsse er gleich jemanden oder etwas sehen, wo in Wirklichkeit nichts war.
    »Wollten Sie was, Mr. Mike?« fragte die junge Putzfrau. Er schüttelte den Kopf.
    Er drehte sich um, und sein Blick fiel auf den leeren Schaukelstuhl. Hatte er sich bewegt? Aber das war albern. Er forderte es ja geradezu heraus, daß so etwas passierte. Er klappte sein Notizbuch zu und ging wieder an die Arbeit.
    Joseph, der Dekorateur, erwartete ihn im Speisezimmer.
    Und Eugenia war da. Eugenia wollte arbeiten. Es mußte doch irgend etwas zu tun geben. Niemand kannte dieses Haus so gut wie sie; fünf Jahre hatte sie hier gearbeitet, wahrhaftig. Noch heute morgen hatte sie ihrem Sohn gesagt, sie sei nicht zu alt zum Arbeiten, und sie werde arbeiten, bis sie tot umfalle.
    Ob Dr. Mayfair denn wirklich Seide für die Vorhänge haben wollte? fragte der Dekorateur. Ganz bestimmt? Er könne ihr nämlich eine Unzahl von Damast und Samtstoffen zeigen, die nicht mal die Hälfte kosten würden.
     
    Als Michael sich mit Rowan zum Mittagessen bei Mayfair und Mayfair traf, war sie immer noch beim Unterschreiben. Er war überrascht, wie gelassen und vertrauensvoll Ryan Mayfair ihn begrüßte und gleich anfing, alles zu erläutern.
    »Vor Antha und Deirdre war es immer Brauch, bei einer solchen Gelegenheit bestimmte Verfügungen zu treffen«, sagte er, »und Rowan möchte diesen Brauch wiederbeleben. Wir machen jetzt eine Liste derjenigen Mayfairs, die ein Erbteil annehmen würden, und Beatrice hängt bereits am Telephon und redet mit der ganzen Familie. Sie müssen wissen, die Sache ist nicht so verrückt, wie sie klingt. Die meisten Mayfairs haben Geld auf der Bank, und das hatten sie schon immer. Gleichwohl haben wir Verwandte, die zum College gehen, zwei studieren Medizin, und andere sparen für ihr erstes Haus. Sie wissen schon – Sachen dieser Art. Ich finde es lobenswert, daß Rowan diese Sitte wiederbeleben will. Und wenn man natürlich den Umfang des Vermögens bedenkt…«
    Nichtsdestoweniger hatte Ryan etwas Verschlagenes an sich; er war irgend wie

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