Hexenstunde
wachsam und berechnend. Aber war das nicht normal? Er schien Michael mit diesen Salven von Informationen auf die Probe stellen zu wollen. Michael nickte nur und zuckte die Achseln. »Klingt prima«, sagte er.
Am Spätnachmittag waren Michael und Rowan wieder am Haus, sie standen am Pool und berieten sich mit den Arbeitern dort. Der Gestank des Modders, der auf dem Grund lag, war unerträglich. Mit nacktem Oberkörper und barfuß karrten die Männer ihn mit Schubkarren weg. Undichte Stellen fanden sich in dem alten Zement praktisch nicht. Der Vorarbeiter meinte, sie könnten das ganze Ding schon in einer Woche ausgebessert und neu verputzt haben.
»Machen Sie’s schneller, wenn Sie können«, sagte Rowan. »Ich habe nichts dagegen, Ihnen Überstunden zu zahlen, wenn Sie das Wochenende durcharbeiten. Richten Sie es so schnell wie möglich wieder her.
Sie waren froh über den zusätzlichen Verdienst. Tatsächlich waren fast alle Handwerker auf dem Grundstück mit Vergnügen bereit, am Wochenende zu arbeiten.
Michael telephonierte eine weitere Malerkolonne zusammen, die sich die Badehütte vornehmen sollte. Klar, sie würden auch samstags arbeiten, für anderthalbfachen Lohn. Würde nicht lange dauern, die Holztüren zu streichen und die Duschen und Toiletten und die kleinen Umkleidekabinen zu überholen.
»Und welche Farbe soll das Haus bekommen?« fragte Michael. »Sie werden mit dem Außenanstrich schneller anfangen können, als du glaubst. Und du willst die Badehütte und die Garçonniere in der gleichen Farbe gestrichen haben, nicht wahr?«
»Sag mir, was du möchtest.«
»Ich würde die violette Farbe beibehalten, die es immer gehabt hat. Die dunkelgrünen Blendläden passen prima dazu. Genauer gesagt, ich würde die ganze Farbzusammenstellung beibehalten: Blau für die Verandadächer, Grau für die Verandaböden, Schwarz für das Schmiedeeisen. Übrigens habe ich einen Mann gefunden, der die fehlenden Eisenteile ersetzen kann. Er fertigt bereits die Formen an.«
»Besorg dir so viele Kolonnen, wie du brauchst«, sagte sie. »Violett ist ausgezeichnet. Und wenn du eine Entscheidung ohne mich treffen mußt, dann triff sie. Laß alles so aussehen, wie du es für richtig hältst. Und gib soviel Geld aus, wie du für richtig hältst.«
»Du bist der Traum eines jeden Bauunternehmers, Darling«, sagte er. »Es läuft alles phantastisch. Aber ich muß gehen. Siehst du den Mann, der gerade zur Hintertür herausgekommen ist? Er wird mir jetzt erzählen, daß er bei den Wänden der Badezimmer im oberen Stock auf ein Problem gestoßen ist. Ich hab’s gewußt.«
»Arbeite nicht zu schwer«, flüsterte sie ihm ins Ohr, und ihre dunkle Samtstimme ließ ihm einen Schauer über den Rücken rieseln. Ein hübsches kleines Pochen der Erregung erwachte zwischen seinen Beinen, als sie ihre Brüste an seinen Arm drückte. Keine Zeit jetzt.
»Zu schwer? Ich fange gerade erst an. Und ich will dir noch was sagen, Rowan. Es gibt hier in der Stadt zwei beinahe unwiderstehliche Häuser, die ich mir gern vornehmen würde, wenn wir hier fertig sind. Ich könnte sie langsam und sorgfältig wieder instandsetzen, bis die schlechte Marktlage sich wieder gebessert hat. Dieses Haus ist nur der Anfang.«
»Wieviel brauchst du, um sie zu kaufen?«
»Honey, dafür habe ich selber genug Geld.« Er küßte sie rasch. »Ich habe reichlich Geld. Frag deinen Cousin Ryan, wenn du mir nicht glaubst. Es würde mich sehr wundern, wenn er mich nicht schon längst einer kompletten Bonitätsprüfung unterzogen hätte.«
»Michael, wenn er nur ein falsches Wort zu dir sagt…«
»Rowan, ich bin hier im Paradies. Beruhige dich!«
Samstag und Sonntag vergingen gleich schnell. Die Gärtner arbeiteten bis in die Dunkelheit, sie mähten das Unkraut und gruben die alten schmiedeeisernen Gartenmöbel aus dem Gestrüpp.
Rowan, Michael und Aaron stellten den alten Tisch und die Stühle mitten auf den Rasen und aßen dort zu Mittag.
Aaron arbeitete beharrlich Juliens Bücher durch, aber sie enthielten hauptsächlich Listen von Namen mit kurzen, rätselhaften Bemerkungen. Keine Spur von einer echten Autobiographie. »Bis jetzt ist meine unfreundlichste Vermutung die, daß es sich um eine Liste erforderlicher Rachefeldzüge handelt«, meinte Aaron und las ein paar Kostproben vor.
»›4. April 1889, Hendrickson ausbezahlt wie verdient.‹
›9. Mai 1889, Carlos in gleicher Münze zurückgezahlt.‹
›7. Juni 1889, wütend auf Wendell wegen seiner
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