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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Allmächtigen.«
    »Michael«, unterbrach Aaron, »dieser Geist ist nicht verpflichtet, Ihnen die Wahrheit zu sagen! Gehen Sie ihm nicht in diese Falle. Er spielt mit Worten. Er ist ein Lügner.«
    »Ich weiß, Aaron. Der Teufel lügt. Das weiß ich. Ich höre es, seit ich ein kleiner Junge war. Aber, mein Gott, worauf wartet er denn? Warum dürfen wir hier immer weitermachen, Tag für Tag, während er einfach abwartet? Das macht mich noch wahnsinnig.«
    Rowan griff nach seinem Handgelenk, aber als er merkte, daß sie ihm den Puls fühlen wollte, zog er die Hand weg. »Wenn ich einen Arzt brauche, sage ich’s dir, okay?«
    Niedergeschlagen lehnte sie sich zurück, ließ die Hände in den Schoß sinken und betrachtete sie. Und der Geist hatte gesagt: »Ich werde Heisch sein, wenn du tot bist.« Fast konnte sie Michaels Herzklopfen hören. Obwohl er den Kopf abgewandt hatte, wußte sie, daß ihm schwindlig, ja, übel war. Wenn du tot bist. Ihr sechster Sinn hatte ihr verraten, daß er gesund und stark war, so kräftig wie ein Mann, der halb so alt war wie er – aber da waren sie wieder, die unverkennbaren Symptome eines enormen Streß, der eine verheerende Wirkung auf ihn ausübte.
    Gott, was für ein schreckliches Ende hatte den Gang genommen. Die Geheimnisse der Vergangenheit hatte die Party auf grausige Weise vergiftet. Es war nicht das, was sie gewollt hatte – nein, es war das Gegenteil davon. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie überhaupt nichts gesagt hätten, wenn es nach Gifford gegangen wäre und sie ihren luftigen, sonnenhellen Traum weitergeträumt und über das Haus und die Hochzeit geplaudert hätten.
    »Michael«, sagte Aaron in seinem charakteristisch ruhigen Ton. »Er foppt uns, und er lügt. Mit welchem Recht gibt er Prophezeiungen ab? Und welchen Zweck könnte er verfolgen, wenn nicht den, mit seinen Lügen seine Prophezeiungen wahr werden zu lassen?«
    »Wo, zum Teufel, ist er?« wollte Michael wissen. »Aaron, vielleicht klammere ich mich an Strohhalme. Aber als ich am ersten Abend zum Haus kam, hätte er da wohl mit mir gesprochen, wenn Sie nicht dagewesen wären? Warum hat er sich gezeigt, wenn er sich doch gleich wieder in Rauch auflöste?«
    »Michael, ich könnte Ihnen mehrere Erklärungen für jede einzelne seiner Erscheinungen anbieten. Aber ich weiß nicht, ob ich recht habe. Das Wichtigste ist, einen klaren Verstand zu behalten und sich darüber klar zu sein, daß er ein Betrüger ist.«
    »Genau«, bekräftigte Rowan.
    »Gott, was ist das nur für ein Spiel?« flüsterte Michael. »Sie geben mir alles, was ich mir je gewünscht habe – die Frau, die ich liebe, meine Heimat, das Haus, von dem ich schon als kleiner Junge geträumt habe. Wir wollen sogar ein Kind haben, Rowan und ich! Was ist das für ein Spiel? Er redet, und die anderen, die mir erschienen sind, schweigen. Gott, wenn ich nur das Gefühl los werden könnte, daß alles geplant ist.«
    »Michael, du mußt dich zusammen nehmen«, sagte Rowan. »Alles läuft wunderbar, und wir sind diejenigen, die dafür gesorgt haben. Alles läuft wunderbar – seit dem Tag, als die alte Frau starb. Weißt du, manchmal denke ich, ich tue, was meine Mutter gern gewollt hätte. Klingt das verrückt? Ich glaube, ich tue, wovon Deirdre all die Jahre geträumt hat.«
    Keine Antwort.
    »Michael, hast du nicht gehört, was ich zu den ändern gesagt habe?« fragte sie. »Glaubst du nicht an mich?«
    »Versprich mir nur eins, Rowan«, sagte er, griff nach ihrer Hand und schob seine Finger zwischen ihre. »Versprich mir, daß du es nicht verheimlichen wirst, wenn du dieses Wesen siehst. Du wirst es mir erzählen. Du wirst es nicht für dich behalten.«
    »Mein Gott, Michael, du benimmst dich wie ein eifersüchtiger Ehemann.«
    »Weißt du, was dieser alte Mann gesagt hat? Als ich ihm in den Wagen half?«
    »Fielding?«
    »Ja. Er hat gesagt: ›Passen Sie bloß auf, junger Mann.‹ Was, zum Teufel, hat er gemeint?«
    »Zum Teufel mit ihm, wenn er das gesagt hat«, flüsterte sie; sie war plötzlich wütend und zog ihre Hand weg. »Für wen, zum Teufel, hält er sich eigentlich, der alte Dreckskerl? Wie kann er es wagen, so etwas zu dir zu sagen? Er kommt nicht auf die Hochzeit. Keinen Fuß wird er durch das Gartentor setzen…« Sie brach ab; die Worte blieben ihr im Halse stecken. Der Zorn war zu bitter. Ihr Vertrauen zur Familie war so absolut gewesen; sie hatte nicht genug bekommen können von all der Liebe – und jetzt war ihr, als habe

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