Hexenstunde
nur die Scheiben nicht so dunkel wären…
Wie konnte sie den beiden zu verstehen geben, daß alles gutgehen würde, daß sie wußte, am Ende würde sie siegreich sein, daß es keine Versuchung geben konnte, die sie von ihrer Liebe und ihren Träumen und ihren Plänen weglocken könnte?
Der Geist würde kommen, und der Geist würde seinen Zauber wirken lassen – wie der Teufel bei den alten Frauen im Dorf. Von ihr würde erwartet werden, daß sie davor kapitulierte, aber das würde sie nicht tun, und die Macht in ihr, genährt von zwölf Hexen, würde ausreichen, um ihn zu vernichten. Die Dreizehn ist eine Unglückszahl, du Teufel. Und die Tür ist die Tür zur Hölle.
Aber erst wenn es vorüber wäre, würde Michael ihr glauben.
Die Rosen in der Vase auf dem Tisch in der Diele fielen ihr ein. Grauenhafte Blumen – und dann diese Iris mit dem dunklen, schwarzen, zitternden Schlund. Schrecklich. Und schlimmer als alles andere: der Smaragd an ihrem Hals im Dunkeln, kalt und schwer auf ihrer nackten Haut. Nein, das darfst du ihm niemals erzählen. Sprich nicht mehr davon.
Er war so tapfer und so gut wie noch keiner, den sie gekannt hatte. Aber jetzt mußte sie ihn beschützen, denn er konnte sie nicht beschützen; soviel war klar. Und zum erstenmal erkannte sie: Wenn es wirklich losginge, würde sie wahrscheinlich mutterseelenallein dastehen. Aber war das nicht von Anfang an unausweichlich gewesen?
Vierter Teil
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Des
Teufels Braut
40
Würde dieser Tag später, fragte sie sich, in ihrer Erinnerung wohl der glücklichste Tag ihres Lebens sein? Der Zauber einer Hochzeit mußte ja auf jedermann wirken. Aber sie war noch empfänglicher dafür als die meisten, dachte sie, weil alles so exotisch war, weil es die Alte Welt war, weil es altmodisch und anheimelnd war, und weil sie aus der Welt der Kälte und des Alleinseins kam, wünschte sie sich so etwas so sehr!
Am Abend zuvor war sie hierher in die Kirche gekommen, um allein zu beten. Michael war überrascht gewesen. Betete sie wirklich zu jemandem?
»Ich weiß nicht«, sagte sie. Sie hatte in der dunklen Kirche sitzen wollen, die mit weißen Bändern und Schleifen und einem roten Teppich im Mittelgang für die Hochzeit vorbereitet wurde, und mit Ellie reden; sie wollte Ellie erklären, warum sie ihr Versprechen gebrochen hatte, warum sie das alles tat, und daß es ein gutes Ende nehmen würde. Sie hatte erklärt und erklärt. Sie erzählte sogar von dem Smaragd. »Sei bei mir, Ellie«, bat sie. »Gewähre mir deine Vergebung. Ich wünsche es mir so sehr.«
Dann hatte sie mit ihrer Mutter gesprochen. Sie hatte es einfach und ohne Worte getan und sich ihrer Mutter nur nah gefühlt; und sie hatte versucht, jede Erinnerung an die alte Frau aus ihrem Kopf zu verbannen.
Schließlich hatte sie ihre Gebete auf merkwürdige Art beendet. Sie hatte Kerzen für ihre beiden Mütter angezündet. Und eine Kerze für Antha. Und sogar eine für Stella. Es war ein so beruhigendes Ritual gewesen, zu sehen, wie die kleinen Dochte Feuer fingen und wie die Flammen vor der Statue der Heiligen Jungfrau tanzten. Kein Wunder, daß sie so etwas taten, diese weisen alten Katholiken. Man konnte diese anmutigen Flämmchen fast für lebendig halten.
Dann war sie hinausgegangen, um Michael zu suchen, der sich unterdessen in der Sakristei anregend mit dem freundlichen alten Priester unterhielt und in Erinnerungen an die Pfarrgemeinde schwelgte.
Und jetzt, um ein Uhr, sollte die Hochzeit endlich beginnen.
Steif und still stand sie da in ihrem weißen Kleid und wartete träumend. Der Smaragd lag auf der Spitze, die ihre Brust bedeckte, und sein brennend funkelndes Grün war der einzige Farbtupfer an ihr. Selbst ihr aschblondes Haar und ihre grauen Augen hatten im Spiegel fahl ausgesehen. Und der Edelstein erinnerte sie merkwürdigerweise an die katholischen Standbilder von Jesus und Maria mit den entblößten Herzen, Statuen wie die, die sie im Schlafzimmer ihrer Mutter so erbost zerschmettert hatte.
Aber all diese Gedanken waren jetzt sehr weit weg. Das gewaltige Kirchenschiff von St. Maria Himmelfahrt war gedrängt voll. Mayfairs aus New York und Los Angeles, aus Atlanta und Dallas waren gekommen. Es waren über zweitausend. Und zu den wuchtigen Klängen der Orgel schritten nacheinander die Brautjungfern den Gang herauf. Beatrice sah noch prächtiger aus als die jüngeren unter ihnen. Und ihre männlichen Begleiter –
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